Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe April'22 -Schwarzwald-Baar-Heuberg

52 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 4 | 2022 Herr Nüßlein, was genau verbirgt sich hinter dem Wortungetüm Corporate Sus- tainability Reporting Directive (CSRD)? Philipp Nüßlein: Im Kern geht es um einen Richtlinienentwurf der EU-Kommission, der die Nachhaltigkeitsberichterstattung standar- disieren will: Seit 2017 müssen bereits große kapitalmarktorientierte Unternehmen über bestimmte nicht-finanzielle Informationen berichten. Aus Sicht der Kommission ist die Berichterstattung aber nicht umfassend und die Qualität nicht einheitlich genug. Mangels Vergleichbarkeit werde es den Finanzmarkt- teilnehmern erschwert, in Unternehmen mit positivem Effekt auf Mensch und Umwelt zu investieren. Um die Vision des klimaneutra- len Europas zu verwirklichen, bedarf es nach Logik der Kommission einer EU-weit harmo- nisierten Berichterstattung, die Investoren und Konsumenten einen besseren Zugang zu vergleichbaren, relevanten und zuverlässigen Nachhaltigkeitsinformationen von mehr Un- ternehmen ermöglicht. Hierfür werden aktuell Berichterstattungsstandards erstellt. Bisher sind nur große Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten betroffen. Wer würde zukünftig berichtspflichtig werden? Eine der gravierendsten Änderungen stellt die Ausweitung des Anwendungsbereichs dar: Gut 30 Mal mehr Unternehmen in Deutschland müssten über Nachhaltigkeits- informationen berichten, wenn sich der Vor- schlag der Kommission durchsetzt. Dies liegt zum einen daran, dass ab 2024 alle großen Unternehmen per se, unabhängig vom Kri- terium der Kapitalmarktorientierung, einen entsprechenden Bericht nach Kernstandards veröffentlichen sollen. Gemäß EU-Definition betrifft dies Unternehmen, die mindestens zwei der drei Merkmale erfüllen: 250 Mit- arbeiter, ein Nettoumsatz von 40 Millionen Euro beziehungsweise eine Bilanzsumme von 20 Millionen Euro. In einem weiteren Schritt würden die berichtspflichtigen Unternehmen über die Kernstandards hinaus auch bran- chenspezifische Standards einhalten müs- sen, die ab Oktober 2023 vorliegen sollen. Zudem ist geplant, auch Unternehmen ab zehn Mitarbeitern einzubeziehen, sofern sie an EU-regulierten Märkten notiert sind. Weil die Kommission jedoch die begrenzten Ka- pazitäten und Ressourcen der direkt betrof- fenen KMU erkennt, sieht der Entwurf einen gesonderten KMU-Standard vor, der erst ab 2026 anzuwenden ist. Der Richtlinienentwurf berücksichtigt hin- gegen nicht die Auswirkungen auf mittelbar betroffene Unternehmen: Berichtspflichtige Unternehmen benötigen für ihren Nachhaltig- keitsbericht Informationen, die sie von ihren Geschäftspartnern und Zulieferbetrieben Bislang müssen nur große Un- ternehmen zu nicht-finanziellen Informationen berichten, etwa zu Umweltfragen oder zur Korrup- tionsbekämpfung. Geht es nach der EU-Kommission, dann sollen künftig auch kleinere Unter- nehmen in die (Berichts-)Pflicht genommen werden. DIHK-Exper- te Philipp Nüßlein schätzt das geplante Vorhaben „CSRD“ und seine Folgen für die Unterneh- merschaft ein. Die neue Nachhaltigkeitsberichterstattung » Besser schon jetzt vorbereiten «

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