Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe März'22 -Südlicher Oberrhein

9 3 | 2022 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten dauerhaft verändern. Auch der Nachwuchs- mangel in allen Bereichen hat durch Corona einen weiteren Schub bekommen. Jetzt für die Zukunft rüsten 66 Tage braucht es laut einer britischen Stu- die im Schnitt, bis sich eine neue Gewohnheit etabliert. Komplexe Gewohnheiten brauchen etwas länger, aber zwei Jahre dürften gereicht haben, um coronainduzierte Veränderungen zu verankern. „Sie werden nicht in diesem Tem- po weitergehen“, schätzt Alexander Graf, Leiter Standortpolitik bei der IHK Hochrhein-Bodensee, „aber der Anfang ist gemacht und die Richtung vorgegeben.“ Die Krise sei zu lang und zu umfassend gewesen, als das alles wieder zurück an seinen alten Platz fiele. Wie groß der Paradigmenwechsel in den einzelnen Bereichen ausfallen wird, muss sich zeigen und ist auch eine Frage von Investitionen und In- novationen, die aktuell noch Nach- holbedarf haben. So fallen etwa die Digitalisierungsanstrengungen der Unternehmen momentan noch nicht groß genug aus, um die im Laufe der Jahre entstandene Lücke zu den digitalen Vorreitern zu schließen, stellt die jüngst veröffentliche „DIHK-Umfrage zur Digitalisierung“ fest. Die Unternehmen geben sich darin selbst nur eine maue 2,9 als Schulnote für ihren Digitalisie- rungsstand. Immerhin wollen zwei von drei Unternehmen verstärkt am digitalen Mindset der Belegschaft arbeiten. Eine Studie des ZEW ergab darüber hinaus, dass nur ein kleinerer Teil der Unternehmen als Reaktion auf Corona seine Innovationsak- tivitäten in Prozesse oder Produkte gesteigert Commacross GmbH, Binzen Per Achterbahn zum virtuellen Showroom „Covid wird Deutschland nicht betreffen.“ Den Ausbruch des Coronavirus nahm Eberhard Freiensehner locker. Kurze Zeit später waren alle Veranstaltungen abgesagt und seine Auftragsbücher leer. Kapitulieren war für den Geschäftsführer von Commacross, einer Agentur für Begegnungskommunikati- on, keine Option: „Obwohl wir virtuelle Showrooms und digitale Messen noch nie gemacht hatten, vereinte unser Team alle hierfür notwendigen Kompetenzen. Von 3-D-Animation über Motion Design bis zur Programmierung interaktiver Produktpräsentatio- nen.“ Um diese Potenziale zu heben, musste sich die Agentur intern neu aufstellen. Das hieß für Frei- ensehner und sein Team: Arbeitsprozesse umgestal- ten, IT-Strukturen optimieren und die Homepage zum digitalen Schaufenster und Vertriebskanal entwickeln. Im August 2020 erhielt Commacross die erste kleinere Anfrage für einen digitalen Messestand. Größere Projekte folgten und lasteten das Team teilweise voll aus. „Mit unseren neuen Angeboten konnten wir Branchengrößen wie Playmobil und Dräger, ein Unternehmen aus der Medizin- und Sicherheitstechnik, für uns gewinnen“, sagt der 52-jährige Agentur- chef, der die vergangenen zwei Jahre eine Achterbahnfahrt nennt. Aufbruchstim- mung inklusive Start-up-Gefühl auf der einen, Kurzarbeitergeld auf der anderen Seite. „Obwohl die Welt in Binzen nicht Sturm klingelt und der Wettbewerb hart ist, gehen wir gestärkt in das dritte Pandemiejahr. Durch die neuen Projekte und unseren internen Wandel haben wir uns fachlich weiterentwickelt und wissen jetzt umso besser, was in uns steckt“, erklärt Eberhard Freiensehner. ks CORONA-NEWS FÜR BETRIEBE Informationen von aktuellen Regeln bis zu Finanzhilfen finden Sie hier: www.konstanz.ihk.de/ servicemarken/corona www.schwarzwald-baar-heuberg. ihk.de/unternehmer/corona-virus- aktuelle-hinweise2 www.suedlicher-oberrhein.ihk.de/ recht/coronavirus DieSignAgentur, Offenburg Die eigene Angst anerkennen Einzel- und Kleinunternehmer müssen ja vieles mit sich selbst ausma- chen. Wie haben Sie sich den neuen Herausforderungen genähert? Monika Schäfer, DieSignAgentur-Chefin und Mitglied im Einpersonen- und Kleinunternehmensausschuss der IHK Südlicher Oberrhein: Zu Be- ginn war ganz wichtig, dass auch ich erst einmal gespürt habe, dass ich Angst habe. Angst, was diese neue, unbekannte Situation für mich und meine Unternehmen bedeuten könnte. Das zu erkennen und sich selbst ein- zugestehen, ist nicht einfach, aber sehr wichtig. Ich bin dann Pro und Contra für mich durchgegangen – Welchen Kunden könnte ich verlieren? Welche Auswirkungen hätte das? Wie kann ich neue Kunden gewinnen? Mit den Kunden, die durch den Lock- down besonders betroffen waren, habe ich gesonderte Verein- barungen getroffen und sie in dieser Situation unterstützt. Wie sieht Ihre Bilanz nach zwei Jahren Corona aus? Die beruflichen Konsequenzen sind bis dato erfreulicherweise ab- solut positiv. Es gab die üblichen Schwankungen der Auftragslage, da meine Aufträge zeitlich begrenzte Projekte sind. 2020 haben einige Kunden Projekte gestoppt und andere haben die freie Zeit genutzt, um zum Beispiel in eine neue Webseite zu investieren. Tatsächlich habe ich 2020 einige tolle neue Kunden mit größeren Projekten gewinnen können und am Ende das beste Jahresergebnis seit Gründung erzielt.Aus unternehmerischer Sicht war es also ein absolut erfolgreiches Jahr. uh 2,9 – diese Schulnote geben sich die deutschen Unternehmen für ihren Digitalisie- rungsstand Quelle: DIHK

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