Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe September '21 - Hochrhein-Bodensee

52 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 9 | 2021 THEMEN & TRENDS U m die Bedeutung und die Tragweite des neuen IHK-Gesetzes zu verstehen, hilft der Blick zurück auf einen Rechtsstreit, der seinen Anfang im Jahr 2007 nahm, 2016 erstmalig das Bundesverwaltungs- gericht beschäftigte und dort am 14. Oktober 2020 in ein abschließendes Urteil mündete (Az. 8 C 23.19). In diesem Rechtsstreit ging es um die Frage, in wel- chem Umfang sich der DIHK als Dachverband – dessen Kompetenzen nur so weit reichen können, wie die sei- ner 79 regionalen Mitgliedskammern – zu wirtschafts- relevanten Fragen äußern darf. Das Bundesverwal- tungsgericht beantwortete die Frage ausgesprochen restriktiv und bewertete eine Vielzahl von Äußerungen des DIHK, etwa zu Themen wie der Bedeutung einer Bundestagswahl, dem Brexit oder dem Klimaschutz als unzulässige, allgemeinpolitische Stellungnahmen ohne hinreichenden Wirtschaftsbezug. Auf die Klage eines Münsteraner Mitgliedsunternehmens wurde dessen IHK Nord Westfalen deshalb zum Austritt aus dem DIHK verurteilt – wegen „fortgesetzter Kompe- tenzüberschreitungen und „fehlender Einsicht“ des Dachverbandes. Die möglichen Folgen dieses Urteils waren offensicht- lich: Da weitere Gerichtsverfahren zu demselben The- ma anhängig waren und damit Zwangsaustritte anderer IHKs aus dem DIHK im Raum standen, bestand die Gefahr, dass der DIHK seine Aufgaben als Dachverband nicht mehr würde erfüllen können, insbesondere als einheitlicher Ansprechpartner und zugleich Sprachrohr für die gesamte gewerbliche Wirtschaft auf Bundes- ebene zu agieren. Um eben das zu verhindern, reagierte der Gesetzgeber entschieden und in kürzester Zeit mit einer substan- ziellen Änderung des IHK-Gesetzes: Am 10. Juni 2021 beschloss der Bundestag über den Gesetzesentwurf, der Bundesrat befasste sich abschließend am 25. Juni 2021. „Der DIHK“ wird zu „die DIHK“ Kern des geänderten IHK-Gesetzes ist ein Rechtsform- wechsel des DIHK von einem eingetragenen Verein in eine Körperschaft des öffentlichen Rechts mit einer gesetzlichen Mitgliedschaft aller 79 Industrie- und Handelskammern: Der DIHK e.V. wird zur Deutschen Industrie- und Handelskammer, zur „IHK der IHKs“. Im Verhältnis zwischen den regionalen Kammern und ihrem Dachverband ändert sich nichts Wesentliches. Der Aufgabenkreis auf regionaler Ebene wird durch die neue Bundeskammer nicht beschränkt, und auch der Aufgabenkreis der Bundeskammer ist gesetzlich klar definiert, wobei neue Aufgaben nur durch den Bund zugewiesen werden können. Der Rechtsformwechsel erfolgt am 1. Januar 2023, bis dahin nimmt der DIHK e.V. noch übergangsweise die Aufgaben als Dachver- band wahr. Die zukünftige Organisation des DIHK entspricht dabei in weiten Teilen jener einer Industrie- und Handelskammer. Das oberste Organ der Bundeskammer ist die Vollver- sammlung, die von allen Mitglieds-IHKs gebildet wird und über die wesentlichen Angelegenheiten beschließt. Die Vertretung erfolgt durch den Präsidenten und den Hauptgeschäftsführer der DIHK. Details werden noch in der durch die Vollversammlung zu beschließenden Satzung geregelt. Zudem kann ein Schiedsgericht auf Bundesebene errichtet werden. Die zukünftige Körper- schaft wird ihren Sitz, wie bisher auch, in Berlin haben und der Rechtsaufsicht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie unterstellt. Alle relevanten Themen sind erlaubt Auslöser des ursprünglichen Rechtsstreites war die Frage gewesen, zu welchen Themen der DIHK (und die IHKs) überhaupt Stellung nehmen dürfen. Diese Neues IHK-Gesetz Freiheiten wiedergewonnen Das Bundesverwaltungsgericht hat in den vergangenen Jahren wich- tige Entscheidungen rund um die Industrie- und Handelskammern getroffen. Eine davon hat der Gesetzgeber zum Anlass genommen, die Strukturen des Deutschen Industrie- und Handelskammertag e.V. (DIHK) neu zu ordnen. Was im neuen IHK-Gesetz steht und was die IHKs und ihre Mitgliedsunternehmen davon haben.

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