Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe September '21 - Hochrhein-Bodensee

10 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 9 | 2021 TITEL sieren dazu jedes Jahr eine Veranstaltung zum Thema – diesmal am 29. September (siehe Kasten Seite 11). B ei der Elma Schmidbauer GmbH in Singen steht am 1. Oktober ein großer Schritt bei der Nachfolge an: Dann wird die 35-jährige Mirja Schmidbauer geschäftsführende Gesellschafterin. Das Unternehmen führt sie zunächst gemeinsam mit ihrer Mutter Cornelia Schmidbauer und Fritz Bachhuber. Dass Mirja Schmidbauer einmal das von ihrem Großvater Hans Schmidbauer 1948 gegründete und von ihrem Vater Manfred H. Schmidbauer 1973 übernommene Unter- nehmen weiterführen wird, stand schon viele Jahre fest. „Ich habe nie Druck verspürt. Für mich war aber schon immer klar, dass ich einmal die Elma leiten werde“, sagt Mirja Schmidbauer. Ihr Vater hatte die Älteste seiner vier Kinder schon während ihrer Studienzeit immer wieder in wichtige Entscheidungen einbezogen. So war Mirja Schmidbauer dabei, wenn es galt, führende Mitarbeiter einzustellen oder über die Architektur des neuen Ver- waltungsgebäudes zu entscheiden. Die Familie hatte vor etwa zehn Jahren begonnen, einen Nachfolgeplan aufzustellen, in dem sowohl Mirja als auch ihr sechs Jahre jüngerer Bruder Jannik eine wichtige Rolle spielen. Dann war plötzlich alles anders. Manfred Schmidbauer kam im Frühjahr 2014 im Alter von 65 Jahren bei einem Autounfall ums Leben. Cornelia Schmidbauer und ihre Kinder standen von einem Tag auf den anderen ohne Ehemann und Vater da, das Un- ternehmen ohne Chef. „Wir sind alle gemeinsam vor die Mitarbeiter getreten und haben es ihnen erzählt“, erinnert sich Mirja Schmidbauer. Und sie versprachen ihnen, dass es weitergeht. „Die Elma und die Mitarbeiter haben uns aufgefangen“, sagt sie. „Verkaufen kam für uns nicht infrage.“ Den Nachfolgeplan mussten sie nun schneller und etwas anders als geplant umsetzen. Statt ihrer Tochter stieg Cornelia Schmidbauer, da- mals 50 Jahre alt, als geschäftsführende Gesell- schafterin ins Unternehmen ein – davor hatte sie die ebenfalls der Familie gehörende Hegau Graviertechnik GmbH geleitet, die sie nun verkaufte. „Mein Mann hat immer viel Wert darauf gelegt, dass ich bei Entscheidungen oder verzwickten Situationen dabei war“, berichtet sie. „Daher bin ich nicht ins kalte Wasser gesprungen, auch wenn es nach außen hin so aussah.“ Zudem holte sie zwei leitende Angestellte mit in die Geschäftsführung. Darunter den ehemaligen kauf- männischen Leiter Fritz Bachhuber (63), der nach wie vor an der Firmenspitze steht, ein langjähriger Wegbegleiter für die Schmidbauers geworden ist und Ende November 2022 in den Ruhestand gehen wird. In diesem Zuge steigt Mirja Schmidbauer nun in den Kreis der Geschäftsführer auf: Rund ein Jahr lang soll Zeit sein, um den Übergang zu gewährleisten. Denn nach dem Tod des Vaters hatte Mirja Schmidbauer zwar ihr Promotionsstudium in England, wo sie bereits ein Bache- lor- und Masterstudium in Wirtschaft absolviert hatte, abgebrochen. Da sie aber noch keine Berufserfahrung gesammelt hatte, wie es im Nachfolgeplan vorgesehen war, kehrte sie nicht direkt ins Familienunternehmen nach Singen zurück. Dafür baute sie in der Schweiz die Vertriebs- und Service- niederlassung der Elma auf. „So habe ich vor allem gelernt, wie ein erfolgreicher Firmenorganismus funktioniert und aufgebaut werden muss“, sagt Mirja Schmidbauer. Elma (der Name steht für El ektrische Ma schinen) entwickelt und produziert Reinigungsanlagen und -geräte, die mit Dampf- und Ul- traschalltechnik arbeiten. In der Medizintechnik ist Elma in Deutschland Marktführer für Reinigungsanlagen. Diese sind auch in der Photonik oder der Energie- und Antriebstechnik im Einsatz. Die Reinigungsgeräte werden vor allem im Bereich Health Care, in Laboren oder für Uhren und Schmuck verwen- det. Das Unternehmen exportiert in über 80 Länder und setzt durchschnittlich 40 Millionen Euro im Jahr um, zuletzt waren es coronabedingt etwas weniger. 260 Mitarbeiter sind in der Region beschäftigt. 2019 trat Mirja Schmidbauer zunächst in die Geschäftsleitung ein. Gemeinsam mit ihrer Mutter und Fritz Bachhuber struktu- rierte sie das Unternehmen nach und nach um. Sie teilten es in vier Geschäftsbereiche auf, schufen eine weitere Führungs- ebene und entwarfen eine Vision – stets im Geiste von Manfred Schmidbauer. „Wir kannten ja seine Elma-Vision. Das hat uns geholfen“, sagt seine Tochter. Über die Gesellschafterversammlung waren stets auch ihre Geschwister eingebunden. Raina (34) und Dana (33) arbeiten als Ärztin beziehungsweise in der Modebranche, Jannik (29) absolviert zurzeit ein Masterstudium und ist als Projektmanager im Anlagenbau des Familienunternehmens beschäftigt. Weitere Kar- riereschritte sollen später folgen. Mirja und Cornelia Schmidbauer reden viel miteinander und lassen sich beim Übergabeprozess von einem Coach begleiten. Ihre jeweili- gen Aufgaben haben sie in einer Verantwortungsmatrix festgehalten, die ihnen immer wieder hilft, wenn sie sich nicht einig sind. Berufliches und Privates zu trennen, ist für sie häufig eine Herausforderung. Dazu zählt, im Unternehmen nicht in die Mutter-Tochter-Rolle zu fallen. Das passiert immer mal wieder, berichtet Cornelia Schmidbauer. Mehrere Jahre, so haben sie es vereinbart, wollen Mirja und Cornelia Schmidbauer die Geschicke der Elma gemeinsam lenken. Sie sind froh, dass sie sich ergänzen. „Ich stehe für die Erfahrung und Mirja für die Moderne“, sagt die 58-Jährige. Für sie sei es ein Riesenglück, „dass Mirja die Elma nicht nur übernehmen will, sondern dass sie es auch kann“. Susanne Maerz Die künftige Geschäftsführung der Elma Schmidbauer GmbH: Mirja und Cornelia Schmidbauer sowie Fritz Bachhuber (von rechts). »Ich musste seit dem Einstieg meiner Tochter ins Unternehmen lernen, die Rollen als Mutter und Geschäftsführe- rin zu trennen« Cornelia Schmidbauer Bild: Elma/Manuel Paul Fotografie

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