Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Juli/August '21 - Hochrhein-Bodensee

18 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 7+8 | 2021 REGIO REPORT IHK Hochrhein-Bodensee 17 Gespräch zu Klimaschutz Konsens beim Ziel, Dissens beim Weg? 20 Klimaschutz im Unternehmen Effizienzpotenziale umsetzen 22 Schwerpunktthema Endlich wieder loslegen! 24 Seminar Arbeitsrecht intensiv 2 25 Südbaden qualifiziert Fachkräfteallianz startet Kampagne 26 Der Berufsbildungsausschuss Interview mit Jens Kröger und Hans-Peter Menger 29 Jeden Freitag frei Agentur Naturblau berichtet 30 Gespräch zur Ausbildung Basis für vielseitigen Bildungsweg 31 Auszubildende zum Floristen Prüfungsstücke werden ausgestellt 32 Lehrgänge und Seminare der IHK INHALT Frida: Die Gesellschaft möchte mit überwältigender Mehrheit den Klimaschutz, das zeigen die Umfragen bei Wahlen. Claudius: Solange es nicht ans eigene Portemonnaie geht, alle- mal. Wenn alle nur noch E-Autos kaufen, wird sich die Wirtschaft umgehend darauf einstellen, versprochen. Unternehmen handeln an dieser Stelle nicht ethisch oder unethisch, sie bedienen schlicht eine Nachfrage. Nur: Wenn es um Verantwortung geht, sollten wir nicht mit dem Finger aufeinander zeigen – der Verbraucher auf die Industrie, die Industrie auf den Verbraucher. Das führt nirgendwohin. Wenn jeder bei sich selbst anfängt, sieht das schon besser aus. Manuel: Deswegen muss die Politik Rahmenbedingungen schaffen, etwa durch einen realistischen CO 2 -Preis von 195 Euro pro Tonne, der sowohl für Verbraucher als auch für Produzenten klimaneutrale Entscheidungen nahelegt. Was mir aber tatsächlich Mut macht: In der Vergangenheit fanden große Umbrüche immer in extrem kurzer Zeit statt. Wenn der Wille bei allen da ist, dann kriegen wir auch einen schnellen Umbruch hin zur Klimaneutralität. Claudius: Das würde ich unterschreiben. Unsere Vorstellung von Fortschritt ist eher linear, während sich technologische Umbrüche exponentiell durchsetzen. Erst läuft es langsam an, am Ende geht es ganz schnell. Auch unser Thema wird Fahrt aufnehmen, wenn die Menschen erkennen, dass ein Leben ohne CO 2 -Emissionen Spaß machen kann. Es geht gar nicht um Verzicht, wir müssen dieselben Dinge nur anders machen, smarter, effizienter, besser. Frida: Dass wir unseren Energieverbrauch senken müssen, um aus den fossilen Energien auszusteigen und Verkehr und Heizungen mit Strom zu betreiben, muss ja nicht schlimm sein. Wir brauchen einen Diskurs über Lebensqualität. Ein klimaneutrales Leben wird anders sein, aber nicht schlechter. Ist es Lebensqualität, zweimal im Jahr irgendwohin zu fliegen, oder eher, in einer ruhigen Stadt mit sauberer Luft zu leben? Claudius: Nimm die Stadt Konstanz als Beispiel. Wenn die Altstadt autofrei wird, dürfen wir nicht darüber reden, auf was wir verzichten, sondern darüber, was daran Freude macht. Wir gewinnen wertvolle Flächen, die wir heute für den ruhenden und den fahrenden Verkehr brauchen, wir gewinnen an Aufenthaltsqualität. Und das ist genau das, was der Einzelhandel, die Gastronomie, die Kulturschaffenden in Konstanz brauchen, wenn sie bestehen wollen gegen Amazon, Lieferando und Netflix. Manuel: Das klingt doch gut, dann ist eine linksrheinisch autofreie Stadt Konsens. Damit müssen wir auch bald loslegen, weniger Park- plätze, besserer ÖPNV. Claudius: Ja, aber … Zu jedem Verbot muss ein Angebot dazu. Die Autos, die dann nicht mehr in die Altstadt fahren dürfen, sind ja nicht weg, sie sind nur woanders. Und die, die drinsitzen, möchte ich ja als Gäste empfangen und von der neuen Qualität überzeugen, nicht vergraulen. Das Verbotsschild ist schnell aufgestellt. Aber erst, wenn die Menschen ihr Auto in einem digital gesteuerten Parkhaus abge- stellt haben, wenn sie leicht und smart in die Innenstadt kommen und wieder zurück, erst dann haben wir unseren Job getan. Meine Vision ist, dass in zehn Jahren Besuchergruppen nach Konstanz kommen, um sich anzuschauen, wie wir das gemacht haben. hw Claudius Marx Frida Mühlhoff Manuel Oestringer Miteinander diskutiert haben Claudius Marx: 62 Jahre alt, hat Jura studiert und ist seit 2006 Hauptgeschäftsführer der IHK in Konstanz. Frida Mühlhoff: 17 Jahre alt, geht auf ein sozialwis- senschaftliches Gymnasium und ist seit zwei Jahren bei Fridays for Future (FFF) aktiv. Manuel Oestringer: 25 Jahre alt, studiert Chemie an der Uni Konstanz und ist seit zwei Jahren bei FFF aktiv. Politisch engagiert er sich aber schon länger.

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