Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Juli/August '21 - Hochrhein-Bodensee

7+8 | 2021 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 17 REGIO REPORT IHK Hochrhein-Bodensee IHK meets Fridays for Future – Gespräch zu Klimaschutz in Konstanz Konsens beim Ziel, Dissens beim Weg? Claudius: Zum Aufwärmen – was ist unser größtes gegenseitiges Vorurteil? Frida: Die Wirtschaft interessiert sich nur für Profit, die Zukunft junger Menschen und soziale Gerechtigkeit sind ihr egal. Und deins? Claudius: Fridays for Future sind privilegierte Kinder aus gutem Haus, die Maximalforderungen stellen, ohne sich groß mit den Fol- gen und Kosten auseinanderzusetzen. Frida: Es stimmt, viele von uns kommen aus einem privilegierten Umfeld, aber nicht alle, und man kann nicht alle Unternehmen über einen Kamm scheren. Außerdem fordern wir sozial gerechten Kli- maschutz, unser Ziel ist eine klimaneutrale Welt, in der es allen gut geht. Unser Anliegen bleibt richtig: Eine Zukunft zu wollen, ist keine Maximalforderung. Claudius: Absolut. Und wie die gesamte Menschheit haben auch viele Unternehmen das Thema Klimawandel lange unterschätzt. Wir wissen mittlerweile, dass es sich beim Klimaschutz um das Zukunftsthema überhaupt handelt. Ich glaube, wir werden beim Ziel ganz wenig Dissens haben, dafür viel Diskussion über den richtigen Weg. Frida: Wenn das Ziel ist, dass die Menschheit noch eine Zukunft hat, dass wir die 1,5-Grad-Grenze einhalten und zwischen 2030 und 2040 weltweit klimaneutral werden, dann sind wir uns einig. Das Ziel alleine reicht aber nicht. Um es einzuhalten, braucht es eine sofortige radikale Reduktion von CO 2 . Claudius: Das Ziel darf radikal sein, der Weg darf es nicht. Ob Kohleausstieg, Abschied vom Verbrennungsmotor oder klimage- rechter Wohnungsbau, es ist immer dasselbe: Eine Vollbremsung oder eine 180-Grad-Wende würde für viele Unternehmen das Aus bedeuten und Menschen um ihre Arbeit bringen. Damit wäre erst einmal gar nichts gewonnen, aber viel verloren. Das geht besser. Am Ende ist es wie bei Olympia - es gewinnt nicht der, der sich die Latte am höchsten legt, sondern der, der am höchsten springt. Manuel: Keiner von uns sagt, dass Menschen ihre Arbeit verlieren sollen. Aber wir können auch nicht Branchen stützen, die unseren Planeten zerstören. Es gibt unglaublich viel zu tun, wenn wir in 14 Jahren klimaneutral werden wollen, da wird es viele neue Jobs geben. Aber eben andere. Wir kennen heute schon viele Lösungen, jetzt müssen wir sie anwenden. Claudius: Diese neuen, anderen Jobs brauchen auch neue, andere Ausbildungen. Das geht nicht über Nacht. Die Wirtschaft entwickelt ständig Lösungen. Damit es für die guten auch einen Markt gibt, braucht es ein komplementäres Regelwerk. Da ist die Politik gefragt. Und der dritte Baustein ist dann die Akzeptanz beim Verbraucher. Erst wenn alle drei Dimensionen zusammenpassen – die wirtschaft- liche, die rechtliche und die soziale –, fliegt das Ding. Wenn eine fehlt, hebt es nicht ab. Wo sind sie sich einig, wo überwiegen die Diffe- renzen? IHK-Hauptgeschäftsführer Claudius Marx spricht mit Frida Mühlhoff und Manuel Oestrin- ger von Fridays for Future über Klimaschutz in Konstanz. Bild: Achim Mende

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