Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Mai'21 -Südlicher Oberrhein

7 5 | 2021 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten tIteL Ausbildung während der Coronakrise Kreativität gefragt E inen schönen guten Morgen. Das Bora Hotspa- resort in Radolfzell, Sie sprechen mit Felix Leh- mann. Wie darf ich Ihnen behilflich sein?“ - Wer in diesen Wochen im Hotel Bora in Radolfzell anruft, hat häufig den 27-Jährigen am telefon. Felix Lehmann ab- solviert dort seit November 2019 eine Ausbildung zum Hotelfachmann. Nach viereinhalb Monaten Normalität, die er erst im Frühstücks- und dann im Abendservice verbrachte, kam der erste Lockdown. Hotel und Be- rufsschule mussten schließen, und an eine normale Ausbildung ist seitdem nicht mehr zu denken. Nach ei- nem anstrengenden Sommer mit voll besetztem Haus, vielen Gästen und Hygienevorschriften ist das Hotel seit November wieder geschlossen. Die meisten der rund 100 Mitarbeiter sind in Kurzarbeit. eine Handvoll hält mit den Azubis die Stellung. Und Felix Lehmann ist inzwischen Profi im Stornieren sowie Umbuchen – aber vermisst den Normalbetrieb. „Natürlich habe ich mir das so nicht vorgestellt“, sagt Felix Lehmann. „Aber wir machen das Beste daraus.“ (Mehr zur Ausbildung im Bora im Kasten auf Seite 8) Fernlernen und extra Aufwand So wie Lehmann geht es seit über einem Jahr vielen Azubis und Ausbildern quer durch alle Branchen, die wegen des Lockdowns nicht oder nur eingeschränkt arbeiten können. Während die einen Betriebe komplett geschlossen haben, versuchen andere, den Azubis auch unter erschwerten Bedingungen eine ordentliche Ausbildung zu ermöglichen. Und sie bemühen sich, aufzufangen, was in den Berufsschulen angesichts des Fernunterrichts nicht oder nur schwer vermittelt werden kann. Dazu zählt beispielsweise der praktische Unterricht bei den künftigen Köchen. Die bereiten zwar von zu Hause aus unter Videoanleitung der Berufsschullehrer Risotto zu oder braten ein Steak. „Aber eine Forelle filetieren oder am tisch flambieren ist übers tablet schwierig“, sagt Lukas May, Restaurantleiter, Ausbilder Im Frühjahr lernen Unternehmensvertreter normalerweise junge Leute in Schulen oder auf Ausbildungsmessen kennen, laden sie zum Probearbeiten ein und schließen Ausbildungs- verträge ab. Das ist in diesem Jahr coronabedingt häufig anders. Dennoch bilden viele Unternehmen weiter aus. Wie läuft Ausbildung in Coronazeiten ab? Wir haben mit den IHKs und mit Betrieben aus der Region gesprochen. im Bora Hotsparesort und Mitglied im Prüfungsaus- schuss der IHK Hochrhein-Bodensee. Der theoretische Unterricht laufe zumindest in den Hauptfächern recht gut. Allerdings verfügen nicht alle Azubis über tablets - und sechs Stunden Onlineunterricht per Handy seien sehr anstrengend. „Da ist es nicht so einfach, sich zu motivieren und dranzubleiben.“ es sei wichtig, dass der Betrieb die jungen Leute unterstütze, sonst werde es für viele schwierig, die Ausbildung gut zu ende zu bringen, sagt May. „Viele Unternehmen geben sich große Mühe und kriegen das hin“, beobachtet Simon Kaiser, Geschäftsführer Aus - und Weiterbildung bei der IHK Südlicher Oberrhein. Anderen, zum teil auch solchen, die wegen der Lockdowns komplett geschlos- sen haben, würde dies weniger gut gelingen oder sei es schlicht nicht möglich. Für alle Regionen und Branchen gilt: Die Schwächeren, darunter vor allem auch Geflüchtete und Migranten mit Sprachproblemen, haben es schwerer dem Online- unterricht zu folgen als andere. Und die Hemmschwel- le, die Lehrer um Hilfe zu bitten, ist virtuell größer. Die Stärkeren, das sind häufig künftige Bank- oder Industriekaufleute, kriegen auch das Fernlernen besser hin. Nachdem es beim virtuellen Lernen im Frühjahr 2020 zum teil große Probleme gab, läuft es in den Berufsschulen seit Herbst meist besser und routinier- ter – zumindest was die theorie angeht. Das gilt auch für die Betriebe selbst: Vergangenes Frühjahr mussten wohl die meisten ihr gesamtes Unternehmen umorganisieren – und damit auch die Simon Kaiser Geschäftsführer Aus - und Weiterbildung IHK Südlicher Oberrhein „ Bild: IHK Südlicher Oberrhein (Klaus Polkowski) IHK Schwarzwald- Baar-Heuberg IHK Südlicher Oberrhein IHK Hochrhein- Bodensee -9,6 -23 -12,8 -16,7 -15,8 -12,6 Kartenquelle: IHK, Grafik: Falkenstein Stichtag 31. Dezember 2020 Stichtag 31. März 2021 Ausbildungsplätze Bei der IHK neu eingetragene Ausbildungsverhältnisse im Vergleich zum Vorjahreszeitpunkt Angaben in Prozent

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