Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe April'21 -Südlicher Oberrhein
4 | 2021 iHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten »Führung ist eine Dienst- leistung« Petra Zieboll Business Vita Balance, Bahlingen von ihren Mitarbeitern sind“, erklärt Modler. „es genügt nicht, formale Anordnungen zu geben. Dann gibt man den Untergebenen keinen Grund mitzumachen.“ Wie Führung auf Gesundheit wirkt Führung und Führungskultur sind auch die zentralen themen beim betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM), sozusagen das Fundament, weiß Petra Zieboll. „erst wenn BGM als Managementthema und als teil der Unternehmensphilosophie verstanden wird, kann es strategisch und gewinnbringend implementiert wer- den", sagt die inhaberin der Unternehmensberatung Business Vita Balance (Bahlingen am Kaiserstuhl) Denn es gibt nachweislich einen Zusammenhang zwischen Führungsverhalten und Mitarbeitergesundheit. Schon vor 20 Jahren hat die sogenannte VW-Studie gezeigt: Wenn eine Führungskraft, die in ihrer Abteilung einen hohen Krankenstand zu beklagen hatte, die Führung einer gesünderen Abteilung übernimmt, wird sich dort in absehbarer Zeit der gleiche Krankenstand einstellen. Zieboll beobachtet bei ihren Kunden, inhabergeführte Familienunternehmen gleichermaßen wie Konzerntöch- ter, große Unterschiede und zwar unabhängig von der Organisation oder Struktur des Unternehmens. Bei den einen stehen – oft kurzfristige – Zahlen im Vordergrund. Bei den anderen der Mensch. „ich merke schnell, wenn einer zahlengetrieben ist, dann konter ich mit Zahlen“, sagt Zieboll. „Wenn ich die Zahl der Krankentage mit den dabei entstehenden Kosten multipliziere, so schnell kann ich gar nicht gucken, bis der schon bei der Million ist.“ Aufgrund von Hüftoperationen, Unfällen, Krebs oder anderen Krankheiten bedingte Fehltage ließen sich nicht reduzieren. Aber die Montags- und Freitagsfehler, die könne man schon erreichen. „Da fehlt’s an der Führung, am Gesehenwerden“, sagt Zie- boll. ein Problem: Viele teamleiter betrachteten sich als teil des teams, seien nicht gewillt, von ihrer Macht abzugeben und nehmen sich keine Zeit fürs eigentli- che Führen. Dabei sei eine gute Führungskraft nicht höhergestellt. Sie sollte sich nicht in die Prozesse ein- mischen, sondern dafür sorgen, dass sie funktionieren. „Führung ist eine Dienstleistung“, betont Zieboll. „Sie muss Mitarbeiter fördern und for- dern.“ Dabei sieht sie Frauen im Vor- teil: „Sie sind die empathischeren Führungskräfte“, sagt die expertin. Sie versuchten mehr zu fördern und zu fordern, auch weil sie 9 Frau Grießhaber, welches Ziel verfolgen Sie als Firmenchefin? Profitables und ge- sundes Wachstum für die nächsten Jahre hier am Standort. Mit guten Fachkräften, die wir weiterentwickeln. Als hochpräziser Dienst- leister wollen wir bestehende Kunden pflegen und neue gewinnen. Unser Geschäft ist sehr marktdominiert. Wie kommunizieren Sie Ihre Ziele, wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter? Wir haben seit Jahren ein Wertschöpfungssystem, das wir auf der Homepage publizieren. Es ist die Leitplanke, der allgemeine Rahmen für Weisser +Griesshaber und zeigt, wo wir uns bewegen, auf welchen Märkten, mit welchen Technologien. Mit den Führungskräften, vor al- lem aus Vertrieb und Technik, überarbeiten wir aktuell die Strategien, überprüfen die Leitplan- ken und besprechen das mit den Mitarbeitern. Nutzen Sie Führungstechniken oder -model- le wie Lean Management oder Kanban? Ja, wir betreiben Lean Management, und es gibt einen regelmäßigen Austausch mit den Füh- rungskräften, jetzt über Videokonferenzen, um über Aufgaben zu sprechen, die wir uns vorge- nommen haben, und über weitere Themen, die anstehen. Jede Führungskraft erhält bei uns eine achttägige Schulung von einem Externen. Das hat sich in den letzten Jahren bewährt und hilft im Verständnis vom Thema Führung im Haus. Beschreiben Sie Ihren Führungsstil. Er lässt zu, dass alle Mitarbeiter zu uns Kontakt auf- nehmen können. Wir pflegen die Nähe zu den Bereichen und sind ansprechbar. Ich suche das Gespräch zu den Mitarbeitern, versuche zu verstehen, was sie bewegt. Zuerst schaut man auf die Fakten, dann darauf, was dahinter liegt. Gibt es Themen, die unter der Tischplat- te bleiben? Gerade jetzt achte ich darauf, dass man nicht nur Meetings abhandelt mit Zahlen, Daten, Fakten, sondern auch über Persönli- ches spricht. Die Bindung der Mitarbeiter im Homeoffice halte ich auf Dauer für schwierig. Wo parken Sie? Ich habe keinen Parkplatz mit Geschäftsführerschild, sondern eine Aus- wahl. Es gibt ein paar Plätze für uns, für Gäste und Kurzparker. Mit welchen Mitarbeitern duzen Sie sich? Mit allen in meiner nächsten Umgebung und mit denen, die ich schon lange kenne. Oder bei denen mir der Nachname zu kompliziert ist. Ich fänd‘s schön, wenn man alle duzt. Ich habe kein Problem, dann auch ernsthafte The- men anzusprechen, das macht für mich keinen Unterschied. kat UTE GRIESSHABER (60) leitet seit 2001 die Weisser+Grießhaber GmbH in Mönchweiler bei Villingen-Schwen- ningen in zweiter Generation. Das Familien- unternehmen ist auf präzise technische Kunst- stoffteile spezialisiert und beliefert damit vor allem die Automobilindustrie, Hersteller von Haushaltsgeräten oder die Sanitärindustrie. Weisser+Grießhaber ist vergleichsweise gut durch das Coronajahr 2020 gekommen: Der Umsatz sank um sechs Prozent auf rund 50 Millionen Euro. Die Zahl der Beschäftigten in den mittlerweile vier Werken in Mönchweiler blieb stabil bei etwa 300.
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