Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Februar'21 -Südlicher Oberrhein

41 2 | 2021 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten Andocksysteme wächst mit Produkten für Pharma- und Chemieindustrie Anbau für die Kunststofftechnik BADENWEILER. Wenn bei der Herstellung von Me- dikamenten oder Chemikalien pulverförmige Substan- zen verarbeitet werden, muss das in einem geschlos- senen, geschützten System passieren. Weder dürfen die Mitarbeiter mit den mitunter giftigen Stoffen in Be- rührungen kommen, noch die Substanzen verunreinigt werden. Kurzum: Es darf nichts rein und nichts raus aus dem System. Doch genau diese Gefahr besteht bei jedem Transfer im Herstellungsprozess, und davon gibt es in der Chemie- und Pharmaindustrie viele – von der Produktion über Transport und Lagerung, das Wiegen, Mischen, Sieben, Granulieren und Tablettieren bis zur Verpackung. Für all diese sensiblen Schnittstel- len bietet die Badenweiler Andocksysteme GmbH ein Halbklappensystem, das einen kontaminationsfreien Materialtransfer ermöglicht. Entwickelt hat es Gründer und Firmenchef Günther Untch gemeinsam mit dem Ingenieur Martin Koch. Die beiden kennen sich von ihrem vorherigen Arbeitgeber, der damaligen Firma Buck in Neuenburg, für deren In- dustriesparte sie arbeiteten. Bei einem Projekt mit dem Freiburger Arzneimittelwerk Gödecke (seit 2000 Pfizer) „schnupperten sie Pharmaluft“, wie Untch erzählt. Sie erkannten die oben geschilderte Problematik, tüftelten an einer Lösung und bauten einen Prototyp, der laut Untch den Stand der Technik deutlich verbesserte. Der neue Eigentümer dieser innovativen Technologie, der GEA Konzern, richtete seinen Fokus nahezu ausschließ- lich auf den Pharmamarkt, weshalb sich Untch im Jahr 2000 für die Selbstständigkeit entschied. Er erhielt eine Lizenz für den Nicht-Pharma-Markt, während GEA selbst Pharmafirmen bediente. Eine klare Abgrenzung der Märkte erwies sich jedoch nicht immer als umsetzbar, woraufhin Untch seine eigene Halbklappe entwickelte, mit der er auch den Pharmamarkt bedienen konnte. Anfangs machte Untch alles selbst, Akquise, Projektlei- tung, Einkauf, Montage, Service. Er ging mit Krawatte auf Messen und zog für Serviceeinsätze den Blaumann an. Eigentlich wollte er seine Firma nicht wachsen las- sen, doch nach drei Jahren waren die Auftragsbücher so voll, dass er die ersten Mitarbeiter einstellte. Heu- te sind es mehr als 20, darunter auch seine beiden Söhne. Seit 2010 hat die Andock- systeme GmbH ein eigenes, 1.600 Quadratmeter großes Gebäude in Badenweiler. Hier sind Entwicklung, Montage, Vertrieb und Service untergebracht. Die Teile lässt die Firma nach ihren Zeichnungen bei Metall- und Kunststoffspezialisten in der Region fertigen. Die GEA-Division, aus der Untchs Firma hervorging, hat das Kompo- nentengeschäft mittlerweile nahe- zu eingestellt und auch sonst kaum Mitbewerber. Keine andere Firma biete ein vergleichbares Portfolio, betont der Unternehmer: „Wir ha- ben Know-how, das kein zweiter hat. Alle Pharmahersteller, die ihre Produkte schützen müssen, brauchen unsere Syste- me.“ Entsprechend sieht die Referenzliste von Andock- systeme aus. Darauf finden sich namhafte Pharmafir- men weltweit, von A wie Actelion bis Z wie ZSW Ulm. Etwa die Hälfte des Umsatzes (2019: gut zehn Millionen Euro) erzielt das Unternehmen im Export. Bislang machen Halbklappensysteme aus Edelstahl mit rund 90 Prozent das Gros des Umsatzes aus. Doch der Trend geht in der Pharma- und Chemieindustrie zu sogenannten „Single-Use“-, also Einwegtechnologien aus Kunststoff. Denn diese beschleunigen nicht nur die Produktionsprozesse, weil die aufwendige Reinigung entfällt. Sie weisen in Studien auch – anders als etwa Einwegverpackungen – eine bessere Umweltbilanz auf, weil ihre Entsorgung weniger Energie erfordert als die Reinigung der Metallsysteme. Gerade bei kleinen Pro- duktionsmengen rechnet sich das. Untch sieht großes Potenzial in der Kunststofftechno- logie – „wir wachsen – ob wir wollen oder nicht“ – und will deshalb Platz schaffen. Für mehr als zwei Millionen Euro soll ein zweites Produktions- und Lagergebäude neben dem bisherigen entstehen. Der Förderantrag für das Programm „Spitze auf dem Land“ ist Ende 2020 bewilligt worden. kat Günther Untchs Andocksys- teme GmbH stellt Halbklap- pensysteme her, die einen kontaminationsfreien Materi- altransfer in der Pharma- und Chemieindustrie ermögli- chen. Das Unternehmen wächst und will deshalb den Firmensitz in Badenweiler vergrößern.

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