Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Januar'21 -Schwarzwald-Baar-Heuberg

Regionale Brauereien in der Coronapandemie Viel weniger Fassbier D ie Pandemie hat uns alle vor große Herausforderungen ge- stellt und beschäftigt uns immer noch“, sagt Georg Schwen- de, Geschäftsführer der Fürstlich Fürstenbergischen Brau- erei aus Donaueschingen. Erstmalig in ihrer Geschichte habe die Brauerei phasenweise Kurzarbeit einführen müssen. „Durch die erneute Schließung der Gastronomie im November und Dezember haben wir mit starken Umsatzeinbußen zu kämpfen, schließlich ist die Gastronomie für uns seit vielen Jahren ein bedeutender Ab- satzkanal“, so Schwende. Fürstenberg hat einen Fassbieranteil von rund 30 Prozent. Das Bier wird normalerweise nicht nur in Kneipen und Restaurants, sondern auch auf Festivals und anderen Events ausgeschenkt. „Die komplette Absage von Veranstaltungen 2020 und die Absagen, die weit ins Jahr 2021 hineinreichen, wie Fasnetveranstaltungen, treffen uns hart, da wir uns in diesem Bereich besonders stark engagieren“, sagt der Fürstenberg-Geschäftsführer. Die Nachfrage im Handel sei zwar erfreulich stabil (gewesen), könne jedoch die Verluste nicht ausgleichen. Welche Um- satzentwicklung Schwende erwartet, sagte er nicht. 2019 konnte die Brauerei, die zur Paulaner-Brauerei- Gruppe gehört, ihren Nettoumsatz um 2,2 Prozent und ihren Gesamtausstoß um fünf Prozent steigern. Mit ihren rund 200 Mitarbeitern ist sie die zweitgrößte Brauerei der Region. Die größte Brauerei der Region, die Staatsbrauerei Rothaus aus Grafenhausen-Rothaus, lehnte ein Interview zum Thema ab. „Da wir die weitere Entwicklung abwarten möchten, können wir uns zur aktuellen Lage nicht äußern“, hieß es vom Unternehmen. Detlef Frankenberger, Geschäftsführer der Freiburger Brauerei Gan- ter , berichtet von „schwierigen Zeiten“ für ihn und die anderen Un- ternehmen der Branche. Im Braujahr 2019/20 (bis 30. September) verzeichnete Ganter einen Umsatzrückgang von 30 Prozent auf 13,5 Millionen Euro. Ganter hat einen Fassbieranteil von 65 Prozent und wurde beziehungsweise wird von den Lockdowns entsprechend hart getroffen. Obwohl es im Sommer in der Gastronomie mit Außenbe- stuhlung gut gelaufen sei, habe der Umsatz von Juni bis August rund 20 Prozent unter dem Vorjahr gelegen. Beim Flaschenbierabsatz im Lebensmitteleinzelhandel verzeichnete Ganter hingegen ein Wachs- tum von 25 Prozent von Mai bis September. „Das ist ein Trost“, so Frankenberger, gleiche aber den Rückgang beim Fassbier nicht aus. Nach dem Schock im Frühjahr habe man erst alle möglichen Hilfsprogramme von Kurzarbeit bis zur Stundung der Biersteuer genutzt und dann das Unternehmen entsprechend umstrukturiert. Sechs Mitarbeiter mussten gehen, nun sind 37 in der Brauerei und 25 in der Logistik beschäftigt. Ein Teil von ihnen wurde im November allerdings wieder in Kurzarbeit geschickt. Frankenberger geht davon aus, dass es noch zwei bis drei Jahre dauert, bis sich die Nachfrage in der Gastronomie wieder auf dem Vorkrisenniveau befindet und rechnet solange mit Umsatzrückgängen von 25 bis 30 Prozent. „Wenn es dabei bleibt, können wir als Brauerei weiterbestehen und kommen gestärkt aus der Krise“, sagt er. Der Trend zu regionalen Produkten käme Ganter zugute. Auch die Konstanzer Ruppaner-Brauerei , die 28 Mitarbeiter be- schäftigt, musste im November, als Restaurants und Kneipen co- ronabedingt schlossen, erneut Kurzarbeit anmelden. Wie schon im Frühjahr ist das Unternehmen vom Lockdown hart ge- troffen. 60 Prozent des Umsatzes macht es normaler- weise mit der Gastronomie. Auch die fehlenden Feste wie die verschobene Landesgartenschau in Überlingen machten dem Unternehmen trotz eines „sehr zufrie- denstellenden“ Sommers 2020 zu schaffen. Zahlen nennt Inhaber Karl-Bernhard Ruppaner nicht. Er sorgt sich um die Gastronomie, vor allem um Neueinsteiger in der Branche, und hofft, dass es 2021 wieder aufwärts geht und die Landesgartenschau nachgeholt werden kann. Dieter Schmid, Geschäftsführer der Privatbrauerei Waldhaus, hofft, „dass die Schließung der Gastronomie nicht mehr von langer Dauer sein wird beziehungsweise diese von weiteren Schließungen verschont bleibt“. Waldhaus erwirtschaftet mit der Gastronomie etwa 25 Prozent seines Umsatzes und verbuchte hier 2020 vor- aussichtlich ein Minus von rund 50 Prozent. Dazu kamen starte Rückgänge bei Brauereibesichtigungen und Pachteinnahmen. Im Handel, mit dem Waldhaus etwa 75 Prozent seines Umsatzes macht, legte Waldhaus zwar zu, konnte damit die anderen Rück- gänge laut Schmid „nur etwas“ kompensieren. „Wir hoffen auf ein gutes Weihnachtsgeschäft – aber trotzdem werden wir im Jahr 2020, wenn es jetzt noch gut läuft, eine für uns ungewöhnliche Nullrunde machen“, so Schmid Mitte Dezember. In den vergange- nen 15 Jahren legte Waldhaus im Schnitt stets um zehn Prozent zu. 2019 betrug der Ausstoß 101.000 Hektoliter und der Umsatz 12,7 Millionen Euro. 60 Mitarbeiter sind nach wie vor beschäftigt, die während der Gastronomieschließungen ebenfalls zum Teil in Kurzarbeit waren beziehungsweise sind. mae Geschlossene Gaststätten und Restaurants, abgesagte Festivals und private Feiern sowie die verscho- bene Fußball-Europameisterschaft – all diese Folgen der Coronapandemie hatten und haben auch Auswirkungen auf den Bierabsatz und damit auf die Brauereien. Ein Blick in die Region zeigt: Je höher der Fassbieranteil, desto stärker ist die jeweilige Brauerei von den Folgen der Pandemie betroffen. Bild: Igor Klimov „ THEMEN & TRENDS IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 1 | 2021 46 Kurzarbeit während der Gastronomie- schließungen

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