Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Juli/August'20 - Hochrhein-Bodensee

18 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 7+8 | 2020 REGIO REPORT   IHK Hochrhein-Bodensee 17 Gespräch mit Andreas Schwab „EU zu lange in Schockstarre“ 20 Coronavirus IHK-Hotline weiter geschaltet 21 Tipp topp! Ehrenurkunden für Mitarbeiter 22 Seminare und Weiterbildung 24 IHK-Region Ein Wimmelbild zum Erkunden 26 Projekt für mehr Energieeffizienz Azubis als Energiescouts 27 Interview mit Alexandra Thoss „Großer Schwung an Ausbildungs- verträgen könnte später kommen“ 28 Tradition mit Abstand Wirtschaftsjunioren treffen IHK- Geschäftsführung 29 Bildungspartnerschaften Eine Firma, neun Schulen 30 Lehrgänge und Seminare der IHK INHALT auf Angst, auf der Furcht vor einem noch schlimmeren Ausbruch, als auf nüchternen Tatsachen. Aber ich will das nicht kritisieren, im Nachhinein ist man immer schlauer. Ich glaube, dass wir die Maßnahmen der vergangenen Monate jetzt ohne Vorwurf ge- nau analysieren müssen. Mit Grenzschließungen kann man nicht gegen die Pandemie vorgehen. Richtig wären vielmehr regio- nale Schutzzonen um die In- fektionsherde herum gewesen. Eine Grenzschließung für das ganze Land mag sich vielleicht für Malta oder Zypern eignen, aber nicht für Frankreich oder Deutschland. Marx: War es gut, dass die Na- tionalstaaten hier selbst und autonom entschieden haben? Schwab: Eine nationale Grenz- schließung kann kurzfristig eine Schutzmaßnahme sein, aber nicht in einem Land wie Deutschland mit so vie- len Nachbarn. Weder mit der Grenzschließung zu Dänemark noch zur Schweiz hätte man den Ausbruch in Heinsberg verhindern können. Auch die pauschale Grenzschließung zu Frankreich war zu viel. Man hätte mit den Franzosen über eine Isolierungszone rund um das Südelsass sprechen müssen. Das Europäische Parlament hat deswegen die Europäische Kommission aufgefordert zu überprüfen, ob wir den Schengener Rahmen anpassen müssen, um bei einer Pandemie oder einer Naturkatastrophe nicht mit nationalen Grenzschlie- ßungen zu agieren, sondern mit lokalen, gegebenenfalls auch grenzüberschreitenden Lösungen.   Marx: In der Schengen-Verordnung heißt es, dass Grenzkontrollen wieder eingeführt werden können, wenn eine Gefahr für die innere Sicherheit oder die öffentliche Ordnung besteht. Das war bei der Schweiz zuletzt nicht mehr der Fall. Hier wie dort war die Situation vergleichbar. Der wirtschaftliche Schaden, der in unserer Region entstand, war aber immens. Den Unternehmen fehlte über Wo- chen und Monate die Hälfte ihres Geschäftsgebietes, die Hälfte ihrer Kunden. Nun sind alle erleichtert, dass die Grenzen wieder öffnen – aber auch besorgt, dass sich das wiederholen könnte. Ist eine erneute Grenzschließung möglich? Schwab: Eine erneute Grenzschließung darf nicht passieren. Allen muss klar sein, dass man sich in einer Pandemie nicht mit dem Reisepass verteidigen kann. Aber es könnte passieren, und das hätte langfristige Folgen. Wenn es hier auf Dauer keine Rechtssi- cherheit gibt, werden sich Grenzgebiete leeren, weil Investoren sie meiden. Marx: Für die exportorientierte deutsche Wirtschaft ist die Lage aktuell besonders hart. Der Export ist im April gegenüber dem Vorjahresmonat um 30 Prozent eingebrochen, der größte Einbruch seit Beginn der Handelsstatistik. In Frankreich sind es sogar 48,3 Prozent, dramatisch ist auch die Lage in Italien und Spanien. Frau Merkel und Herr Macron haben ein ambitioniertes Paket über 500 Milliarden Euro zur Unterstützung der Mitgliedstaaten geschnürt, Frau von der Leyen hat es mit 750 Milliarden noch getoppt. Der Claudius Marx

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