Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Mai/Juni'20 - Hochrhein-Bodensee

54 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 5+6 | 2020 PRAXISWISSEN STEUERN Befristete Senkung der Umsatzsteuer in der Gastronomie Sieben Prozent auf Speisen Z ur Unterstützung von Unternehmen aus Gastrono- mie und Hotellerie in der Coronakrise hat der Koa- litionsausschuss am 22. April eine befristete Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Speisen beschlossen. Vom 1. Juli 2020 bis zum 30. Juni 2021 unterliegt die Abgabe von Speisen für den Verzehr vor Ort dem ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent statt dem Regelsatz von 19 Pro- zent. Für Speisen zum Mitnehmen galt diese Ermäßigung bereits bisher. Damit wird für den vorgesehenen Zeitraum die Differenzierung zwischen dem Verzehr vor Ort und der Mitnahme hinfällig, was bei Betrieben mit „To go“-Angebot zu einer praktischen Vereinfachung führen dürfte. Bei unterstellt gleichen Preisen verbleiben durch die Steuer- satzreduzierung beim Unternehmer – bezogen auf das tat- sächlich verkaufte Essen – deutlich mehr Einnahmen. Von einem Bruttoumsatz für Speisen von 100 Euro musste der Gastwirt bisher 15,97 Euro Umsatzsteuer ans Finanzamt abführen. Künftig sind es nur noch 6,54 Euro. Umsatzsteuer, die auf eingekaufte Waren und Dienstleistungen bezahlt wird, mindert aber weiterhin als Vorsteuer in vollem Umfang die abzuführende Steuerschuld. Neben der zeitlichen Befristung stößt in der Branche der Umstand auf Kritik, dass die Steuersatzermäßigung nur für Speisen gilt, wäh- rend auf Getränke weiterhin der Regelsteuersatz von 19 Prozent abzuführen ist. Dies hat den Hintergrund, dass der Verkauf von Getränken auch im Handel dem vollen Steuersatz unterliegt. Die beschlossene Regelung macht es erforderlich, elektronische Kas- sensysteme zum 1. Juli 2020 entsprechend anzupassen. Bereits jetzt sollte mit den Vorbereitungen der Systemänderungen begonnen wer- den. Sofern keine temporäre oder, wie von den Verbänden gefordert, gar dauerhafte Verlängerung der Regelung über den 30. Juni 2021 hinaus erfolgt, muss diese Umstellung dann zum 1. Juli 2021 wieder rückgängig gemacht werden. Eine Sonderfrage stellt sich bei Übernachtungen mit Frühstück. Hier wird bisher differenziert zwischen der Übernachtung, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegt, und dem Frühstück, das zum Satz von 19 Prozent abgerechnet wird. Da ein Frühstück in der Regel aus Speisen und Getränken besteht, wird man für Umsatzsteuerzwecke ab 1. Juli prüfen müssen, welcher Bestandteil der einheitlichen Leis- tung „Frühstück“ das Gepräge gibt. Dies dürfte – auch im Interesse des verfolgten Förderziels – der Anteil der Speisen sein, sodass zwischen dem 1. Juli 2020 und dem 30. Juni 2021 das Frühstück zusammen mit der Übernachtung insgesamt dem ermäßigten Steu- ersatz unterliegen sollte. Elke Fischer, Bansbach GmbH Ab 2022 nur noch elektronische Rechnungen bei öffentlichen Aufträgen Weg vom Papier I m Jahr 2014 hat die Europäische Union eine Verordnung zur Nut- zung von elektronischen Rechnungen erlassen, die in Deutschland in nationales Recht umgesetzt werden muss. Dies ist auf Bundesebe- ne in Form der E-Rechnungsverordnung erfolgt. Auf Landesebene liegt ein ähnlicher Entwurf vom 29. Oktober 2019 (ERechVOBW) vor. Die neuen Vorgaben betreffen alle Rechnungen, mit denen Unter- nehmen Lieferungen oder Leistungen auf der Basis von öffentlichen Aufträgen sowie zu Konzessionen abrechnen. Ausnahmen bestehen nur für wenige Fälle (zum Beispiel Angelegenheiten des Auswärtigen Dienstes). Eine Geringfügigkeitsgrenze gilt noch für Rechnungen, die auf der Basis eines Direktauftrags bis zu einem Betrag von 1.000 Euro (netto) erstellt wurden. Im Kern bedeutet dies: • Seit 27. November 2019 sind alle öffentlichen Auftraggeber (Bund) beziehungsweise seit dem 18. April 2020 (Land) verpflichtet, elektronische Rechnungen anzunehmen und • ab 27. November 2020 (Bund) beziehungsweise 1. Januar 2022 (Land) müssen im Gegenzug alle Rechnungssteller elektronische Rechnungen übermitteln. Eine elektronische Rechnung liegt dann vor, wenn sie • in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, über- mittelt und empfangen wird und • das Format die automatische und elektronische Verarbeitung des Dokuments ermöglicht. Dies bedeutet, dass reine Bildformate wie pdf-, jpg- oder tif-Dateien nicht akzeptiert werden, da diese nicht durchgängig elektronisch verarbeitet werden können. Akzeptiert werden hingegen struktu- rierte Dateiformate wie die XRechnung, EDI- oder XML-Formate. Ebenso zulässig sind sogenannte hybride Datenformate, also zum Beispiel PDF/A3-Dateien oder Rechnungen im ZUGFeRD-Format, die sowohl eine für Menschen lesbare pdf-Datei als auch eine für Maschinen lesbare XML-Datei enthalten. Der Entwurf der ERechVOBW sieht für die Übermittlung von Rech- nungen die Bereitstellung eines Dienstleistungsportals vor. Dort können Rechnungen in den genannten Formaten hochgeladen oder per E-Mail eingeliefert werden. Des Weiteren soll ein Webservice bereitgestellt werden, über den die Rechnungsdaten eingegeben werden können. Was sich im ersten Schritt als eine erneute Belastung verstehen lässt, bietet auf der anderen Seite deutliche Chancen und Vorteile: Die Nutzung von elektronischen Rechnungen ist nicht nur sicher und schnell, sondern auch deutlich kostengünstiger als herkömmliche Papierrechnungen. Jens Pfeifer, Bansbach GmbH Bild: graja - Adobe Stock

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