Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Mai/Juni'20 - Hochrhein-Bodensee

53 5+6 | 2020 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten STeUern PraxISWISSen Um daneben auch anreize zur Fortführung des Un- ternehmens zu schaffen, sieht das Gesetz die haf- tungsrechtliche Privilegierung neuer Kredite sowie die einschränkung der anfechtung innerhalb von Ge- schäftsbeziehungen vor. Gerade diese regelungen sollten nicht außer acht gelassen werden. Denn sie erlauben, dass ein betroffenes Unternehmen weiterhin Kredite erhält, Vertragspartner die Geschäftsbezie- hungen aufrechterhalten und das Unternehmen damit letztlich weiterhin am Markt tätig sein kann. D a nach dem geltenden Mietrecht ein Zahlungsrückstand des Mie- ters schnell ein Kündigungsrecht des Vermieters begründet, zugleich die Coronakrise aber zu außerordentlichen wirtschaftlichen Verwerfungen führt, hat der Gesetzgeber mit dem Covid-19-Gesetz auch einen befristeten Kündigungsaus- schluss zum Schutz von Mietern statuiert. Dem- nach berechtigen Zahlungsrückstände aus dem Zeitraum von 1. april bis 30. Juni 2020 den Vermieter – für die Dauer von 24 Monaten – dann nicht zur Kün- digung, wenn die nichtleistung auf den auswirkun- gen der Pandemie beruht. erst wenn der Mieter oder Pächter die pandemiebedingten Zahlungsrückstände auch nach dem 30. Juni 2022 noch nicht beglichen hat, kann ihm aus diesem Grund wieder gekündigt werden. Mit diesen regelungen soll verhindert wer- den, dass infolge vorübergehender einnahmeausfäl- le durch die Covid-19-Pandemie Wohnraummieter ihr Zuhause und Mieter oder Pächter gewerblicher räume und von Grundstücken die Grundlage ihrer erwerbstätigkeit verlieren. allerdings hat der Gesetzgeber Mietern und Pächtern damit kein Leistungsverweigerungsrecht eingeräumt. Mieter bleiben grundsätzlich auch während der Krise zur fristgerechten Mietzahlung verpflichtet. In der Folge geraten Mieter bei nicht fristgerechter Leistung in Verzug, und es können Verzugszinsen fällig wer- den. auch andere Kündigungsrechte des Vermieters werden durch die regelung nicht beschränkt. Mieter sollten sich also bewusst sein, dass sie bei pandemiebedingtem Verzug ihrer Mietzinsverbind- lichkeiten vorerst zwar nicht ihr Pachtverhältnis riskieren, diese Zahlungen aber nur aufgeschoben werden. Das vermittelnde Gespräch mit dem Vermie- ter und die Verhandlung über eine echte Stundung oder gar den (Teil-)erlass der Mietzinsen ist deshalb dem unangekündigten Säumigwerden einzelner Zah- lungen unbedingt vorzuziehen. Stefan Lammel/ Barbara Mayer /Till Böttcher Friedrich Graf von Westphalen & Partner Pauschaler Verlustrücktrag Mehr Liquidität U nternehmen können Verluste, die sie in einem Wirt- schaftsjahr erleiden, steuerlich durch Verrechnung mit Gewinnen verwerten und somit fällige Steuern auf Gewinne im Gewinnjahr reduzieren oder vermeiden. Dabei ist ein Verlustrücktrag nur in das Vorjahr, ein Verlustvortrag zeitlich unbeschränkt möglich. Bei der Gewerbesteuer gibt es keinen Verlustrück-, sondern nur einen Verlustvortrag. Um bislang die Verluste eines Jahres in das Vorjahr zurücktragen zu können und damit Steuern erstattet zu bekommen, musste der Verlust zunächst durch das zuständige Finanzamt festgestellt wer- den. Die durch dieses Verfahren verursachte zeitliche Verzögerung zwischen steuerlicher Verlustentstehung zum Beispiel im Jahr 2020 und abgabe der Steuer- erklärung sowie Veranlagung 2021 und der danach möglichen Verlustverwertung rückwirkend in 2019, soll für die von der Coronakrise betroffenen Unter- nehmen und Vermieter durch einen pauschalen vorläufigen Verlustrücktrag verkürzt werden: Sie können auf antrag ihre voraussichtlich 2020 anfallen- den Corona-bedingten Verluste bereits im laufenden Jahr mit Gewinnen aus 2019 verrechnen, auf die schon Vorauszahlungen geleistet wurden. Das führt letztlich zu einer vorzeitigen rückerstattung von Vorauszahlungen und damit zu zusätzlicher Liquidität, ohne „echte“ Steuererklärungen für 2019 und 2020 abgeben zu müssen. Details regelt ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 24. april 2020: Der antragsteller muss von der Coronakrise un- mittelbar und nicht unerheblich negativ betroffen sein. Hiervon kann regelmäßig ausgegangen werden, wenn die Vorauszahlun- gen für 2020 auf null euro herabgesetzt wurden und der Steu- erpflichtige versichert, dass er für das Veranlagungsjahr 2020 aufgrund der Pandemie eine nicht unerhebliche negative Summe der einkünfte erwartet. Konkret können diese Unternehmen und Vermieter dann ihre bereits getätigten Steuervorauszah- lungen für 2019 zumindest teilweise zurückerhalten. Faktisch handelt es sich daher um eine nachträgliche anpassung der Vorauszahlungen 2019, deren Minderung sich wie folgt ermittelt: Der pauschal ermittelte Verlustrücktrag aus 2020 beträgt 15 Prozent des Saldos der maßgeblichen Gewinneinkünfte und/ oder der einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, welche der Festsetzung der Vorauszahlungen für 2019 zugrunde ge- legt wurden. er ist bis zu einem Betrag von einer Million euro beziehungsweise bei Zusammenveranlagung von zwei Millionen euro (§10d abs. 1 S. 1 eStG) abzuziehen. auf Grundlage des so pauschal ermittelten Verlustrücktrags berechnet das zuständige Finanzamt die Steuervorauszahlungen für 2019 neu und erstattet bislang zu viel gezahlte Vorauszahlungen vorläufig. Sollte sich nach abgabe der Steuererklärung für 2020 im Jahr 2021 oder gar erst 2022 herausstellen, dass 2020 ein geringerer Verlust entstanden ist oder gar Gewinne erwirtschaftet werden konnten, ist diese „Liquiditätshilfe“ ganz oder teilweise wieder zurückzu- zahlen. Falls sich die Verlusthöhe durch die Veranlagung 2020 bestätigt oder gar höher als ursprünglich erwartet darstellt, wird die endgültige Steuererstattung für 2019 neu berechnet und festgesetzt. Hanns-Georg Schell, Bansbach GmbH Bild: Graphikbuero GeBHarD | UHL

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