Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe März'20 -Hochrhein-Bodensee

41 3 | 2020 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten Aus Knotz wurde Waldkraft Wiederbelebung einer Bürstenproduktion TODTNAU. David Muschelknautz ist wieder in seiner Heimat angekommen. Und zwar in doppelter Hinsicht: in dem Ort, in dem er aufgewachsen ist und in den Räumen, in denen er seine Ausbildung zum Industrie- kaufmann absolviert hat. Zum Jahresbeginn hat der 40-jährige Industriefach- und Betriebswirt den Sitz seiner Waldkraft GmbH nach Aftersteg verlegt, wo er die ehemaligen Dietsche-Gebäude mietet. Damit kehrt auch die Bürstenproduktion in den Todtnauer Ortsteil zurück. Die hatte die Roman Dietsche GmbH in den 1980er-Jahren zugunsten ihrer Sanitärartikel einge- stellt und 2015 den Standort dann ganz aufgegeben. „Mein Ziel ist es, die Gebäude hier wieder mit Leben zu füllen“, sagt David Muschelknautz. Gemeinsam mit seiner Frau Nina, einer Wirtschaftsinformatikerin, ar- beitet er eifrig daran. Die beiden haben vor zweieinhalb Jahren den mehr als 60 Jahre alten Bürstenhersteller Knotz in Todtnau- Brandenberg mitsamt seinen zwölf Mitarbeitern (in- klusive des ehemaligen Eigentümers) übernommen, in Waldkraft umbenannt und ordentlich aufgepäppelt. Knapp zweieinhalb Millionen Bürsten wurden vergan- genes Jahr hergestellt. Umsatz und Mitarbeiterzahl haben sich seit der Übernahme verdoppelt, für 2020 planen David und Nina Muschelknautz ein weiteres Umsatzplus von 70 Prozent. Das 700 Quadratmeter große Produktionsgebäude in Brandenberg war auf- grund dieses Wachstums zu klein geworden. Deshalb hat Waldkraft seinen Sitz nach Aftersteg verlegt und dort zunächst eine 1.400 Quadratmeter große Halle bezogen. Rund eine Million Euro flossen seit der Über- nahme ins Unternehmen. Aktuell sind zehn Spritzguss- und zwölf Beborstungsanlagen im Einsatz. Waldkraft hat sich auf innovative Nischenprodukte wie die Wanderschuhbürste (siehe Bild oben) und auf hoch- wertige Haushaltsbürsten spezialisiert. David und Nina Muschelknautz setzen dabei auf Nachhaltigkeit. Ihre Spül-, Gemüse-, Nagel- und vielen anderen Bürsten bestehen vorwiegend aus FSC-zertifiziertem Holz, das aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern stammt, oder aus Biokunststoffen und natürlichem Besatz – etwa Schweineborsten, Rosshaar oder Pflanzenfasern. Ein britischer Onlineshop ordert beispielsweise vegane Zahnbürsten in Aftersteg, für deren Plastikborsten Ri- zinus- statt Erdöl verwendet wird. Waldkraft verkauft seine Bürsten sowohl unter der eigenen Marke als auch unter anderen Namen und bietet zudem Son- der- sowie Lohnfertigung an. Zu den Kunden zählen Online-, Versand- und Großhändler sowie Drogerien oder „Unverpackt“-Läden. Etwa die Hälfte des Umsat- zes erzielt Waldkraft derzeit außerhalb Deutschlands, vor allem in Österreich, Skandi- navien, den Beneluxländern und Frankreich. Einen Direktvertrieb gibt es nicht – abgesehen vom Werksverkauf, der erst noch von Brandenberg nach Aftersteg um- ziehen muss. Ein Grund für den bisherigen Erfolg ist sicherlich das Thema Nachhaltigkeit. Mit dem Fokus da- rauf liegt Waldkraft voll im Trend. David und Nina Muschelknautz gehen davon aus, dass sich ihr Unternehmen weiter gut entwi- ckelt, zumal sie derzeit in Ge- sprächen mit großen deutschen Einzelhändlern sind, die Interesse an ihren Produkten haben. Wenn eine bedeutende Drogeriekette ihre Bürsten ins Sortiment neh- men sollte, würden sie in zusätz- liche Maschinen investieren. Für weiteres Wachstum gibt es auf dem alten Dietsche-Areal noch viel Platz. kat Nachhaltiges Material, innovatives Nischenprodukt: die Wanderschuhbürste von Waldkraft. Die jungen Firmen- chefs David und Nina Muschelknautz in ihrer Fertigung.

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