Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Februar'20 - Extra: 900 Jahre Freiburg

900 Jahre Freiburg 12 Beilage | IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 2 | 2020 das wirtschaftliche Leben Freiburgs prägten (siehe auch Artikel zur Geschichte der IHK ab Seite 18), die genossenschaftlich organisierte Bürgerliche Beurba- rungsgesellschaft. Die gibt es heute zwar nicht mehr. Aus ihr ging aber, wie der stadtgeschichtliche Experte Peter Kalchthaler berichtet, im Laufe der Zeit zum einen die Sparkasse hervor. Sie wurde 1826 gegründet und hatte, so wie auch die 1866 eröffnete Volksbank, einen stark sozialen Charakter, so Kalchthaler. „Nachfolger“ der Beurbarungsgesellschaft sind laut dem Museums- chef zum anderen die gemeinnützige Siedlungsgesell- schaft (1919 gegründet, später Kommunal- und heute Stadtbau) sowie die Gas- und Wasserwerke, die im 19. Jahrhundert für die Kanalanbindung und Wasser- versorgung aller Freiburger Haushalte zuständig waren. 1850 entstand das erste Freiburger Gaswerk, 1899 das E-Werk. 1972 wurden beide zur Freiburger Ener- gie und Wasserversorgung (FEW) zusammengelegt. Seit 2001 ist diese gemeinsam mit fünf anderen kom- munalen Versorgungsunternehmen in der Badenova aufgegangen. Wachstum im 19. Jahrhundert Im 19. Jahrhundert wurden nicht nur Banken, Energie- und Wasserversorger gegründet. In dieser Zeit wurden insgesamt die Voraussetzungen für das wirtschaftliche und auch sonstige Wachstum der Stadt geschaffen: 1806 wurde Freiburg badisch und blieb es auch nach dem Wiener Kongress in den Jahren 1814/15, der auf die Niederlage Napoleons in den sogenannten Koali- tionskriegen folgte und bei dem Europa neu geordnet wurde. Danach machten sich die badischen Großher- zöge daran, Freiburg als dritte badische Hauptstadt nach Karlsruhe und Mannheim zu etablieren. Dass das Zunftwesen abgeschafft und es erleichtert wurde, Han- del zu treiben, half dabei. Die Eröffnung des Freiburger Bahnhofs im Jahr 1845 war ein Meilenstein auf diesem Weg. Freiburg war von da an besser erreichbar, dies erleichterte den Handel. Die Stadt gewann zudem an Attraktivität, die Zahl der Einwohner und die Wirtschaft wuchsen. „Freiburg erlebt in den folgenden Jahrzehn- ten einen steilen Aufstieg“, schreibt der Journalist Alexander Huber in dem 2008 in der Edition-Käflein erschienenen Band „Freiburg“. Familiengeführte Verlage Zwei bedeutende und zugleich familiengeführte Frei- burger Verlage stammen aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: 1808 zog Bartholomä Herder mit seinem Verlag hierher - der Konstanzer Bischof hatte ihn 1801 zum „Fürstbischoflichen Hofbuchhändler und -buchdrucker“ berufen, wie Hans R. Kricheldorf in seiner „Freiburger Warenwelt um 1900“ (Rom- bach 2018) schreibt. Der Bischofssitz wurde eben- falls von Konstanz nach Freiburg verlegt. Die Nähe zur Kirche hat das von Ma- nuel Herder in sechster Generation geführte Unter- nehmen auch heute noch, es verlegt beispielsweise die Bücher des inzwischen emeritierten Papstes Be- nedikt XVI. Die Verlegerfamilie Poppen ist seit 1826 in Freiburg ansässig. Damals kam Hermann Meinhard Pop- pen mit seiner Familie in die Stadt, übernahm erst die Geschäftsführung der Universitäts-Buchdrucke- rei und kaufte sie 20 Jahre später. 1863 pachtete er gemeinsam mit seinem Sohn Eduard Daniel Pop- pen die „Freiburger Zeitung“, die der Junior 1866, zwei Jahre nach dem Tod des Vaters, von der Stadt erwarb. Dies schreibt Ingrid Kühbacher in dem 2009 im ebenfalls traditionsreichen und familiengeführten Freiburger Rombach Verlag erschienenen Band „In Freiburg bekannt“ im Kapitel über die Verlegerfami- lie Poppen. Diese wurde 1950 zusammen mit der Familie Ortmann Mitgesellschafterin des Badischen Verlages, der die Badische Zeitung, Nachfolgerin der Freiburger Zeitung, verlegt. Als familiengeführtes, regionales Medienhaus mit Wolfgang Poppen und seiner Tochter Nadja an der Spitze stellt der Verlag Der Stammsitz des Herder-Verlags in Freiburg-Herdern. Bild: Verlag Herder

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