Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Januar '20 - Hochrhein-Bodensee

60 IHK Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 1 | 2020 PRAXISWISSEN RECHT M it Jahresbeginn ist die nächste Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns erfolgt; er wurde von 9,19 Euro pro Stunde auf 9,35 Euro an- gehoben. Diese moderate Erhöhung kann erhebliche Konsequenzen haben: Konnte ein 450-Euro-Jobber bis- lang 49 Stunden in einem Monat sozialversicherungsfrei arbeiten, bleiben jetzt nur noch 48 Stunden. Bei Ver- trägen, die die Grenze von 450 Euro voll ausschöpfen, sollte also der Beschäftigungsumfang angepasst wer- den. Anderenfalls droht die Sozialversicherungspflicht. Mit den Incoterms 2020 werden die von der Interna- tionalen Handelskammer herausgegebenen typischen Vertragsklauseln im Warenhandel nach zehn Jahren auf den neuesten Stand gebracht. Neben kleineren Anpassungen enthalten die Incoterms 2020 mit „DPU“ (Delivered at Place unloaded) auch eine neue Klausel, die die bisherige Klausel „DAT“ (Delivered at Terminal“) ablöst. Beide Klauseln beinhalten die Entladepflicht am Lieferort (siehe auch Seite 54). Im Berufsbildungsgesetz wird seit 1. Januar eine Un- tergrenze für die Vergütung von Auszubildenden fest- gelegt (siehe auch Seite 53). Im ersten Lehrjahr muss ein Auszubildender künftig mindestens 550 Euro pro Monat erhalten; in den folgenden Lehrjahren erhöht sich das Salär jeweils um 18 Prozent, 35 Prozent und 40 Prozent. Die Untergrenze wird außerdem in den kommenden drei Jahre schrittweise auf 620 Euro mo- natlich angehoben. Von der Neuregelung profitieren allerdings nur Auszubildende, die ihre Berufsausbildung nach dem Jahreswechsel beginnen; für die anderen gibt es Bestandsschutz. Ab März gelten in Deutschland neue Regeln für die Einwanderung von Fachkräften. Zu den zentralen Neuregelungen des Fachkräfteeinwanderungsge- setzes gehört die Vereinheitlichung des Fachkräfte- begriffs: Hochschulabsolventen und Beschäftigte mit qualifizierter Berufsausbildung sind für Zwecke der Einwanderung künftig gleichgestellt. Weiter entfallen mit der Novelle die sogenannte Vorrangprüfung sowie die Begrenzung auf Mangelberufe. Künftig wird also nicht mehr überprüft, ob eine freie Stelle vorrangig mit einem deutschen oder EU-Bewerber besetzt werden könnte, oder ob die Fachkraft sich auf eine Stelle in einem besonders vom Fachkräftemangel betroffenen Berufszweig bewirbt. Ein zentraler Baustein des dritten Bürokratieentlas- tungsgesetzes ist die Abschaffung der „gelben Zettel“ bei Krankmeldungen. Künftig kann der Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen gesetzlich versicherter Arbeitnehmer elektronisch bei den Kran- kenversicherern abrufen. Das Verfahren ist ab Anfang 2021 verpflichtend. Unter- nehmen sollten also im Laufe des Jahres ihre Systeme und Abläu- fe entsprechend überprüfen und umstellen. Eigentlich sollte das Jahressteuer- gesetz 2019 eine Reform des Grund- erwerbssteuergeset- zes enthalten; diese ist jedoch einstweilen ver- schoben. Nach wie vor ist ge- plant, die Grunderwerbssteuer häufiger als bislang auch dann zu erheben, wenn nicht ein Grundstück, sondern eine ein Grundstück haltende Gesellschaft übertragen wird. Derzeit wird die Steuer nur fällig, wenn innerhalb von fünf Jahren 95 Prozent der Anteile einer solchen Ge- sellschaft übertragen werden; künftig sollen 90 Prozent der Anteile innerhalb von zehn Jahren genügen. Strom wird 2020 teurer. Stromkunden in Deutschland müssen sich auf höhere Energiekosten einstellen. Die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) soll 2020 um 5,5 Prozent auf 6,756 Cent je Ki- lowattstunde steigen. Für einen durchschnittlichen Haushalt mit vier Personen und 3.500 Kilowattstunden Jahresverbrauch dürften die Stromkosten damit um knapp 13 Euro im Jahr steigen. Seit 1. Januar müssen sämtliche elektronischen Kas- sensysteme über eine zertifizierte technische Sicher- heitseinrichtung verfügen, die gewährleistet, dass die digitalen Grundaufzeichnungen eines Kassensystems vollständig und unverändert sind; bestehende Kassen müssen binnen drei Jahren nachgerüstet werden. Bei Verstößen drohen künftig Bußgelder von bis zu 25.000 Euro. Die technische Nachrüstung kann im Einzelfall schwierig sein. Daher hat das Bundesfinanzministerium entschieden, dass bis zum 30. September 2020 Ver- stöße nicht beanstandet werden, sofern dem Betreiber des Kassensystems eine etwaige Verzögerung bei der Nachrüstung oder Umstellung nicht vorzuwerfen ist. In jedem Fall sind Unternehmen, die ein elektronisches Kassensystem verwenden, verpflichtet, dies der zustän- digen Finanzbehörde bis zum 31. Januar zu melden. Flan- kiert werden die Neuerungen von der Befugnis zu einer sogenannten Kassennachschau. Die Finanzbehörden können künftig auch außerhalb einer Außenprüfung die Ordnungsmäßigkeit der Aufzeichnungen sowie Buchun- gen von Kasseneinnahmen und -ausgaben überprüfen. Überblick über die rechtlichen Neuerungen Mehr Mindestlohn, Ab März gelten neue Regeln für die Einwan- derung von Fachkräften

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