Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Dezember '19 - Hochrhein-Bodensee

Wirtschaft im Südwesten 12 | 2019 54 PRAXISWISSEN STEUERN Grunderwerbsteuerreform Doch nicht ab 1. Januar Z u der geplanten Grunderwerbsteuerreform (siehe WiS 11/2019, Seite 57) fand am 14. Oktober eine Expertenanhörung im Finanzausschuss des Bundes- tags statt. Im Anschluss hieran haben die Fraktionen der Großen Koalition am 24. Oktober mitgeteilt, dass der Gesetzentwurf noch der Prüfung bedarf. Die Änderungen können daher nicht – wie bislang geplant – zum 1. Januar 2020 in Kraft treten. Das Gesetz soll jedoch im ersten Halbjahr 2020 verabschiedet werden. Es kann nur gehofft werden, dass die Prüfung des Gesetzentwurfs zu relevanten Verbesserungen führt. Diese sollten über die Implementierung einer Börsenklausel und damit die Herausnahme von börsennotierten Gesellschaften aus dem geplanten Ergänzungstatbestand für Kapital- gesellschaften hinausgehen. Denn auch im Übrigen schießt der Gesetzesentwurf weit über ein angemes- senes Ziel hinaus. Es steht jedoch zu befürchten, dass nur sehr punktu- ell Änderungen an dem Gesetzentwurf vorgenommen werden. Dabei wären generelle Änderungen bei der Grunderwerbsteuer zum Beispiel bei „Konzernsach- verhalten“ angezeigt, um sinnvolle Umstrukturierungen nicht zu behindern und Doppelbesteuerungen zu ver- meiden. Denn Übertragungen von Grundstücken zwi- schen Gruppengesell- schaften oder Gesellschaften und ihren Gesellschaftern führen im Regelfall zur Grunder- werbsteuerpflicht. Selbst die bestehenden Ausnahmen in den Paragrafen 6 ff des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) sind an Bedingungen geknüpft, die häufig nicht erfüllt werden (können). So sind zum Beispiel auch hier Haltefristen von bislang fünf Jahren zu beach- ten, damit die Befreiung von der Grunderwerbsteuer greift. Stefan Lammel, Friedrich Graf von Westphalen & Partner Ergebnisabführungsverträge Handlungsbedarf bis 31. Dezember V oraussetzung für das Vorliegen einer körper- schaftsteuerlichen Organschaft sind neben be- stimmten Anforderungen an Organgesellschaft und Organträger eine finanzielle Eingliederung sowie das Vorliegen eines Ergebnisabführungsvertrages. Darin ist unter anderem typischerweise folgende Regelung enthalten: „Die Organträgerin ist zur Verlustübernahme entsprechend § 302 Aktiengesetz (AktG) in der jeweils gültigen Fassung verpflichtet.“ Bei Ergebnisabführungs- verträgen, die diesen Satz nicht enthalten, ist Vorsicht geboten. Mit Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 3. April dieses Jahres reagiert die Finanzverwal- tung auf ein Urteil des Bundesfinanzhofes vom 10. Mai 2017 und äußert sich zur notwendigen Verlustübernah- meregelung in Ergebnisabführungsverträgen. Betrof- fen sind solche Verträge, die vor dem 1. Januar 2006 geschlossen worden sind und bislang keinen Verweis auf die entsprechende Anwendung oder die wörtliche Wiedergabe von Verjährungsfristen bei der Verlustüber- nahme beinhalten (§ 302 Abs. 4 AktG). Erst mit Wirkung zum 15. Dezember 2004 wurde der Paragraf zur Ver- lustübernahme um diese Verjährungsregelung erwei- tert. Dadurch verweisen die vor diesem Zeitpunkt ab- geschlossenen Ergebnisabführungsverträge nicht mehr vollständig auf den für die Organschaft erforderlichen Regelungsinhalt des § 302 AktG, es sei denn in den Verträgen ist ein dynamischer Verweis, das heißt auf die jeweils geltende Fassung, integriert. Aufgrund ei- ner Nichtbeanstandungsregelung (BMF-Schreiben vom 16. Dezember 2005) war dies bisher unschädlich. Zum 31. Dezember 2019 entfällt diese jahrelange Vertrau- ensschutzregelung; Altverträge müssen bis zum Jahres- ende angepasst und die Anpassung muss zivilrechtlich wirksam im Handelsregister eingetragen werden. Dies wird nicht als Neuabschluss gewertet und löst daher keine erneute fünfjährige Mindestlaufzeit aus. Unternehmen sollten daher insbesondere Gewinn- abführungsverträge älteren Datums überprüfen, um gegebenenfalls eine rückwirkende Versagung der Or- ganschaft seitens des Finanzamtes zu vermeiden. Für künftige Änderungen des § 302 AktG ist ein dynami- scher Verweis für Verträge, die nach dem 1. Januar 2006 geschlossen wurden, dennoch zu empfehlen. Bei Neuabschlüssen nach dem 26. Februar 2013 ist der Verweis zwingend gesetzlich in den Ergebnisab- führungsverträgen verankert. Claudio Schmitt, Bansbach GmbH Für Steuer- befreiung gelten Fristen Altverträge müssen ange- passt werden Bild: Erwin Wodicka

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ2MDE5