Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Oktober '19 - Hochrhein-Bodensee

10 | 2019 Wirtschaft im Südwesten 41 Die Produktion eines Kugelhahns für eine Gaspipeline bei RMA im Werk in Kehl. RMA Rheinau feiert 50. Jubiläum Armaturen für Gasleitungen und -pipelines RHEINAU/KEHL. Wer mit Gas kocht oder heizt, hat höchstwahr- scheinlich Produkte der RMA Rheinau GmbH & Co. KG in seinem Keller. Das Unternehmen, das dieses Jahr sein 50. Jubiläum feiert, ist seit den 1980er-Jahren in Deutschland Marktführer bei Gasar- maturen für Hausanschlüsse und gehört außerdem zu den weltweit führenden Herstellern von Armaturen für Gaspipelines. Von all dem war bei der Unternehmensgründung noch keine Rede: Siegfried Truttenbach – Vater des heutigen Geschäftsführers Andreas Truttenbach – und Gerhard Faulhaber machten sich im Jahr 1969 selbstständig, um Spulmaschinen für Tonbänder für das damalige BASF-Werk in Willstätt herzustellen. Die wurden dort für die Produktion von Musikkassetten benötigt. Und die findigen Industriemeister, beide ehemalige BASF-Mitarbeiter, waren über- zeugt, diese besser und günstiger herstellen zu können als ihre Wettbewerber. Das gelang ihnen auch. Ein zweiter Auftraggeber kam schnell hinzu und damit eines der heutigen Geschäftsfelder: die Firma Ziefle in Kehl, für die Siegfried Truttenbach vor seiner Zeit bei der BASF gearbeitet hatte und die auf Ausrüstungen für Gastransport und -verteilung spezialisiert war. Erdgas für den Hausgebrauch war in den 1970er-Jahren ein neuer Markt, und RMA wurde mit der Entwicklung und Produktion von Armaturen aktiv. Seitdem produziert das Unternehmen Kugelhähne, Mauerdurchführungen und verschiedene Anschlüsse, die für die sogenannten Hauseinführungen benötigt werden, also die Verbin- dungen von der Gasleitung in der Straße mit der im Wohngebäude. Produziert werden sie im Werk am Stammsitz in Rheinau. Zu den Kunden zählen deutschlandweit Gasversorger wie Badenova und die Stadtwerke München. Die Produkte des zweiten Standbeins von RMA, Armaturen für Gas- pipelines weltweit, haben ganz andere Dimensionen: Kugelhähne dafür verfügen über einen Durchmesser von bis zu 1,40 Metern und sind bis zu 30 Tonnen schwer. Diese werden im Werk in Kehl produ- ziert, das im Zuge der Übernahme der insolventen Firma Ziefle im Jahr 1980 an RMA ging und das den Rheinauern fehlenden Platz für die Produktion großer Armaturen bot. Dies wiederum ermöglichte RMA große, internationale Projekte für Gastransportgesellschaften wie Open Grid Europe (ehemals Ruhrgas), Gaz de France und Gaz- prom zu realisieren. Das wohl bekannteste ist die 2011 eröffnete Gaspipeline Nord Stream 1, die von den russischen Gasanlagen in Sibirien nach Westeuropa führt, und für die RMA Molchschleusen, Isolierkupplungen und sogenannte T-Stücke geliefert hat. Diese tragen allesamt zur langjährigen, sicheren Funktionstüchtigkeit der Pipeline bei, erklärt Andreas Truttenbach, der 1997 ins Unter- nehmen eingetreten und seit 2002 Geschäftsführer ist (damals ist zudem die Familie Faulhaber als Gesellschafter ausgeschieden). Mit den großen Kugelhähnen macht RMA heute etwa die Hälfte des Umsatzes von 110 Millionen Euro (2018). Deren Entwicklung im Jahr 1997 „war ein Meilenstein, der unseren heutigen Erfolg gesichert hat“, sagt Andreas Truttenbach. Die Größe der Pipeline-Armaturen ist auch ein Grund dafür, warum Truttenbach, der die Internationalisierung von RMA vorangetrieben hat, 2011 ein für den mittleren Osten zuständiges Werk in Bahrain (heute 35 Mitarbeiter) und eines in der Nähe von Kazan in Russ- land (heute 50 Mitarbeiter) eröffnete. Letzteres produziert für den russischen und den zentralasiatischen Markt. Denn die Armaturen sind für Container zu groß und zu schwer und müssten einzeln als Stückgut transportiert werden, was langwierig und teuer ist. Für den Standort in Russland sprachen zudem politische Gründe. Nur wer dort produziert, bekommt vor Ort auch Aufträge, berichtet Truttenbach. Insgesamt beschäftigt RMA 560 Mitarbeiter – davon 260 in Rheinau, 140 in Kehl und 15 in Laufenburg –, und betreibt sechs Produkti- onsstandorte in Deutschland, Polen, Bahrain und Russland. Der wichtigste Einzelmarkt ist Deutschland mit einem Umsatzanteil von 30 Prozent, gefolgt von – je nach aktuellen Projekten – Frankreich, Holland, dem mittleren Osten oder Osteuropa. Für die Ausbildung der derzeit 32 Lehrlinge sowie die Weiterbil- dung der übrigen Mitarbeiter wurde 2008 die Firma RMA Training gegründet. Im selben Jahr entstand RMA Mess- und Regeltechnik, deren Mitarbeiter beispielsweise neuartige Ultraschallgaszähler entwickeln. Das Gebiet der Mess- und Regeltechnik wurde zuletzt am stärksten weiterentwickelt. Ziel ist es laut Truttenbach, kom- plette Gaststationen selbst zu bauen. „Wir wollen Systemanbieter für Gasversorger zu werden“, sagt er. mae

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