Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Juli/August '19 - Hochrhein-Bodensee

Wirtschaft im Südwesten 7+8 | 2019 50 Praxiswissen RECHT Haftungsrisiko als GmbH-Geschäftsführer bei interner Aufgabenverteilung Handeln der Mitgeschäftsführer kontrollieren A b einer gewissen Größe oder Komplexität eines Unternehmens ist eine Aufgabenverteilung inner- halb der Geschäftsführung unabdingbar. Ganz typisch ist bei mehreren Geschäftsführern die Trennung zwi- schen der kaufmännischen und der technischen Lei- tung. Eine solche Aufgabenverteilung ist nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) auch dann wirk- sam, wenn sie nur mündlich, nicht schriftlich getroffen wird (BGH-Urteil vom 6.11.2018 – II ZR 11/17). Jedoch entbindet eine Ressortaufteilung die Geschäftsführer nicht davon, das Handeln der Mitgeschäftsführer re- gelmäßig zu kontrollieren. Dies gilt umso mehr, je be- deutender die jeweilige Geschäftsführungsaufgabe für die Gesellschaft ist. So kann beispielsweise die Verant- wortung für die Einhaltung von Gesetzen (Compliance) oder die Insolvenzantragspflicht nie vollständig durch Ressortaufteilung delegiert und beseitigt werden. Gerade in einer Krise des Unternehmens sind die Sorg- falts- und Überwachungspflichten besonders streng. So hat es der BGH in dem entschiedenen Fall nicht ausreichen lassen, dass der für die Technik zuständi- ge Geschäftsführer sich wöchentlich mit dem für den kaufmännischen Bereich zuständigen Geschäftsführer ausgetauscht und regelmäßig die Kontostände geprüft hatte. Vielmehr hätte der Geschäftsführer gezielt Nach- fragen und die Auskünfte seines Mitgeschäftsführers anhand der wesentlichen wirtschaftlichen Kennzahlen – beispielsweise in Form einer betriebswirtschaftlichen Auswertung (BWA) – auf ihre Plausibilität überprüfen müssen. Dabei hätte ihm auffallen müssen, dass die Gesellschaft zahlungsunfähig war und bestimmte Zah- lungen nicht mehr hätten geleistet werden dürfen. Fazit: Sämtliche Geschäftsführer einer GmbH haben sich auch bei einer Ressortaufteilung regelmäßig ein Bild von der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens zu machen. Sie müssen für eine Organisation der Geschäftsabläufe sorgen, die ihnen jederzeit den er- forderlichen Überblick ermöglicht. Die Prüfungshand- lungen sollten schriftlich dokumentiert werden, um im Streitfall den Entlastungsbeweis führen zu können. Barbara Mayer Friedrich Graf von Westphalen & Partner Neues Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen Unternehmen müssen selbst Maßnahmen ergreifen M it dem am 26. April in Kraft getretenen Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen liegt erstmals eine umfassende Spezialregelung vor, die Un- ternehmen vor dem rechtswidrigen Erlangen, Nutzen und Offenlegen ihrer Geschäftsgeheimnisse schützen soll. Zentrale Neuerung des Gesetzes ist die Definition des Geschäftsgeheimnisses als Schutzgegenstand. Geschäftsgeheimnisse sind danach solche Informati- onen, die erstens geheim, zweitens deshalb von wirt- schaftlichem Wert und drittens Gegenstand angemes- sener Geheimhaltungsmaßnahmen ihres rechtmäßigen Inhabers sind. Inhaltlich werden – wie gehabt - zum Beispiel Herstellungsverfahren und Prototypen, aber auch Kunden- und Lieferantenlisten sowie Unterneh- mensdaten aller Art erfasst. Dreh- und Angelpunkt wird in der Praxis die dritte Voraussetzung sein: Der Unternehmer selbst muss „angemessene Geheimhaltungs- maßnahmen“ ergreifen, um in den Genuss der Regelungen zu kommen. Welche Maßnahmen konkret getrof- fen werden müssen, hängt vom Ein- zelfall ab. In einem ersten Schritt sollten Unternehmen zunächst die Informationen identifizieren, die ge- heimhaltungsbedürftig sind. Darauf aufbauend muss ein Schutzkonzept erarbeitet werden. Die Schutz- maßnahmen umfassen physische, also technische, Zugriffsbeschränkungen und vertragliche Sicherungs- maßnahmen wie Geheimhaltungsvereinbarungen mit Kooperationspartnern und Mitarbeitern sowie organi- satorische Maßnahmen, beispielsweise interne Schu- lungen für den Umgang mit Geschäftsgeheimnissen. Schließlich ist in einem dritten Schritt die Kontrolle der Schutzmaßnahmen erforderlich. Wurden oder werden solche Maßnahmen nicht getroffen, scheidet ein Schutz als Geschäftsgeheimnis aus. Der Unternehmer ist in diesen Fällen, sofern nicht ausnahmsweise spezielle Schutzrechte wie das Design- oder Urheberrecht grei- fen, schutzlos. Anne Bongers-Gehlert Friedrich Graf von Westphalen & Partner Verantwortung kann durch Ressortauftei- lung nie voll- ständig dele- giert werden Technische, vertragliche und organi- satorische Schutzmaß- nahmen sind zu treffen Bild: thodonal - Fotolia

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