Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Juni'19 - Hochrhein-Bodensee

6 | 2019 Wirtschaft im Südwesten 17 REGIO REPORT IHK Hochrhein-Bodensee D er sogenannte Einkaufstourismus hat die Region zwischen Bodensee und Markgräflerland in vielerlei Hinsicht geprägt. Weil zum Einkaufen in der Grenzregion meist nur eine Brü- cke über den Rhein zu queren ist – in Konstanz noch nicht einmal das – ist die Region Hochrhein-Bodensee zum Nahversorger für die Schweizer Nachbarn geworden. Die „Umsatzsteuerrückerstattung bei Ausfuhren im nichtkommerziellen Reiseverkehr“, als „Ausfuhrkassen- zettel“ bekannt, ist – neben dem Wechselkurs und den Unterschieden bei Einkommen und Preisniveau in den beiden Ländern – einer der wichtigsten Treiber dieser Entwicklung. Diese Rückerstattung wird jedoch nicht von allen Seiten positiv gesehen. Zum einen macht das zugehörige Verwaltungsverfahren negativ auf sich aufmerksam: Die händische Bearbeitung der hohen Zahlen an Rückerstattungen – 2018 wurden circa 15 Millionen Vorgänge bearbeitet – führt zu einer hohen Belastung des Zolls. Der werde dadurch nicht nur an einer effektiven Kontrolle gehindert, sondern auch vom Erfüllen anderer wichtiger Aufgaben abgehalten. Zum anderen käme es durch die Rückerstattung der Umsatzsteuer zu einem permanenten Steuerausfall, so die Kritiker. Die an das Bundesfinanzministerium gerichtete Forderung nach einer Wertgrenze für die Rückerstattung im Rahmen von europarechtlich zulässigen 175 Euro erklärt sich vor diesem Hintergrund. Aus Sicht der IHK greift der Blick auf die Umsatzsteuer jedoch bei weitem zu kurz. Und zur Entlastung des Zolls hat sie eine ganz andere Agenda. Der durch die Umsatzsteuerrückerstattung geförderte Ein- kaufstourismus, so ihre Position, hat gleich eine ganze Reihe positiver Auswirkungen auf das Kammergebiet, die nicht außer Acht gelassen werden dürfen: Einzelhandelsumsatz: Der Anteil der Kundschaft aus der Schweiz liegt im Einzelhandel bei durchschnittlich 30 Prozent. Das Umsatz- volumen, das so generiert wird, liegt in der Region bei circa 1,5 Milliarden Euro pro Jahr. Gastronomie, Hotellerie und sonstige Dienstleistungen: Sie pro- fitieren maßgeblich von der steigenden Anzahl an Gästen. Die kommen nicht nur, um einzukaufen, sie bleiben auch gerne zum Essen, besuchen die Thermalbäder, gehen ins Kino, zum Friseur oder bleiben über Nacht. Beschäftigungssituation: Im Bereich Gastronomie etwa konnte in den Jahren 2012 bis 2018 ein bemerkenswerter Beschäftigungs- zuwachs von 78 Prozent verzeichnet werden, im Einzelhandel von 23 Prozent. Stadtentwicklung: Der anhaltende Einkaufstourismus hat zu einer sicht- und fühlbaren positiven Entwicklung der Innenstädte geführt. Die Markenvielfalt des Angebots ist ein messbarer Indikator dafür. Ländlicher Raum: Die grenzüberschreitende Konsumnachfrage hat die Region entlang des Hochrheines zum Nahversorger der Nord- Die IHK-Vollversammlung hat sich Ende April gegen Überlegungen des Bundesfinanzministe- riums ausgesprochen, eine Bagatellgrenze für die Umsatzsteuerrückerstattung für Schweizer Kunden, die in Deutschland einkaufen, einzufüh- ren. Stattdessen fordert sie die beschleunigte Entwicklung und Implementierung eines digita- lisierten Verfahrens bei der Ausfuhr. Warum ist der Einkaufstourismus für die Region so wichtig und welche Folgen hätte eine Bagatellgrenze? Einkaufstourismus: IHK erklärt Hintergründe zur Resolution gegen Wertgrenze „Bagatellgrenze wäre grobes Eigentor“

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