Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe März'19 - Südlicher Oberrhein

Wirtschaft im Südwesten 3 | 2019 48 PRAXISWISSEN STEUERN E in Arbeitnehmer, der in Deutschland an- sässig ist, in der Schweiz arbeitet und nicht Vorstandsmitglied, Direktor, Geschäfts- führer oder Prokurist ist, gilt grundsätzlich als Grenzgänger (Art. 15a Doppelbesteue- rungsabkommen Deutschland-Schweiz). Das heißt: Die in der Schweiz erzielten Einkünfte werden generell in Deutschland besteuert. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer an mehr als 60 Kalendertagen aufgrund der Ar- beitsausübung nicht an den Wohnort zurück- kehrt („Nichtrückkehrtage“). Daher besteht beim Arbeitnehmer aufgrund des deutlich niedrigeren Steuerniveaus in der Schweiz das Interesse, die sogenannte Grenzgän- ger-Regelung durch das Erreichen der erfor- derlichen Anzahl von Nichtrückkehrtagen außer Kraft zu setzen mit der Folge, dass die Einkünfte in der Schweiz besteuert und in Deutschland unter Progressionsvorbehalt freigestellt werden. Eine Nichtrückkehr aufgrund der Arbeitsaus- übung liegt insbesondere dann vor, wenn die Rückkehr an den Wohnsitz aus beruflichen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Dies ist – gemäß Konsultationsvereinba- rung vom 12.10.2018 und BMF-Schreiben vom 25.10.2018 – bei Benutzung eines Kraft- fahrzeugs bei einfacher Wegstrecke von über 100 Kilometern und bei Nutzung öffentlicher Frankreich: Geänderte Einkommensteuer Gilt auch für Mitarbeiter deutscher Firmen M it Jahresbeginn hat Frankreich die Erhebung der Einkom- mensteuer grundle- gend reformiert und das auch in Deutsch- land praktizierte Mo- dell der Quellensteuer eingeführt. Die Einkom- mensteuer wird künftig nicht mehr für die Einkünfte aus dem vorangegangenen Kalen- derjahr erhoben, sondern entsprechend dem monatlichen Einkommen direkt an der Quelle einbehalten. Bislang waren die steuerpflichtigen Arbeitnehmer selbst dafür verantwortlich, ihre Einkünfte aus nicht- selbstständiger Arbeit bis Mitte Mai des Folgejahres zu erklären und zu versteuern. Die Umstellung hat auch Folgen für deutsche Un- ternehmen, sofern sie Mitarbeiter beschäfti- gen, die nach franzö- sischem Recht als in Frankreich steuerlich an- sässig gelten – etwa im Fall der Entsendung von Deutsch- land nach Frankreich. Die betroffenen Unternehmen müssen fortan monatlich die Gehaltsbestandteile und Sozialabgaben über eine zentralisierte Internetplattform an den französischen Staat melden und Steuern abführen. Hierzu muss zunächst eine „SIRET“-Nummer beantragt werden. Anschließend sind die betreffenden Arbeit- nehmer über das System „DSN“ der fran- zösischen Steuerbehörde mitzuteilen. Seit dem Stichtag 5. Februar müssen die Gehäl- ter gemeldet und seit 8. Februar muss die ermittelte Lohnsteuer abgeführt werden. Bei Nichtbeachtung droht eine Geldbuße von bis zu zehn Prozent der verspätet ge- zahlten Steuern. In der Einführungsphase ist jedoch davon auszugehen, dass die fran- zösische Steuerbehörde zunächst noch von Strafen absieht. Gerade Unternehmen in der grenznahen Region sollten zur Vermei- dung von Bußgeldern überprüfen, ob sie von der französischen Einkommenssteuer- reform betroffene Mitarbeiter beschäftigen. Stefan Lammel Friedrich Graf von Westphalen & Partner Schweiz: Besteuerung von Berufspendlern Wie „Nichtrückkehrtage“ ermittelt werden Verkehrsmittel bei einer Fahrtzeit von über 1,5 Stunden für den einfachen Weg gegeben. Ein Nichtrückkehrtag ist im Übrigen dann an- zunehmen, wenn der Arbeitnehmer glaub- haft macht, dass er tatsächlich nicht an den Wohnort zurückgekehrt ist. Darüber hinaus sind nach einem Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg Tage, an denen der Betroffene von Geschäftsreisen aus einem Drittstaat tatsächlich an seinen inländischen Wohnsitz zurückkehrt, keine Nichtrückkehr- tage (6.4.2017, AZ 3 K 3729/16, Revision anhängig beim Bundesfinanzhof unter AZ I R 37/17). Das Gleiche gilt für Wochenenden, an denen ein Arbeitnehmer im Zusammen- hang mit einer Geschäftsreise in Drittstaaten tatsächlich nicht an seinen Inlandswohnsitz zurückkehrt. Damit hat das Finanzgericht die abweichenden Bestimmungen der bestehen- den Konsultationsvereinbarungen zwischen Deutschland und der Schweiz als unwirksam und daher unbeachtlich eingestuft. Neben offenen Rechtsfragen bestehen noch viele weitere Detailregelungen und ungeklär- te Fragestellungen im Bereich „Nichtrück- kehrtage“. Daher sollten sich Berufspendler in die Schweiz mit „Nichtrückkehrtagen“ über aktuelle Entwicklungen auf dem Lau- fenden halten. Claudio Schmitt, Bansbach GmbH Geschäftsreisen sind laut Finanz- gericht keine Nichtrückkehrtage Bild: canbedone - Fotolia Bild: Tobias Arhelger - Fotolia

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