Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Februar'19 - Hochrhein-Bodensee

Wirtschaft im Südwesten 2 | 2019 52 Praxiswissen RECHT Die Form der Unterschrift Elektronische oder eigenhändige Signatur – wann welche Version möglich ist E in Großteil aller Verträge wird seit jeher formfrei abgeschlossen: per Handschlag unter Kaufleuten, durch Barzahlung im Einzelhandel oder per telefoni- scher Bestellung. In Zeiten elektronischer Kommuni- kation gelten grundsätzlich dieselben Regeln wie bei allen anderen Verträgen auch. Für die wirksame Abga- be von Willenserklärungen genügt im elektronischen Rechtsverkehr eine einfache E-Mail, eine Nachricht per Whatsapp oder der „Klick“ auf den Button „zahlungs- pflichtig bestellen“. Eine Schriftform ist gesetzlich nur für bestimmte Erklä- rungen vorgesehen, etwa eine Bürgschaft, die Kündi- gung eines Arbeitsvertrags oder ein Aufhebungsvertrag im Arbeitsrecht. Häufig wird eine Schriftform bei wich- tigen, eigentlich formfreien Verträgen auch freiwillig vereinbart. In diesem Fall müssen beide Parteien auf der Vertragsurkunde eigenhändig unterschreiben. Bei mehreren gleichlautenden Ausführungen genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet. Nicht ausreichend als „Schrift- form“ sind der Ausdruck einer gescannten Unterschrift oder die Übermittlung eines unterschriebenen Telefa- xes. Die per E-Mail als PDF-Datei oder Fax übermittelte Unterschrift ist nur eine Kopie und keine eigenhändige Unterschrift, sodass die Erklärung unwirksam ist – vo- rausgesetzt, es gilt eine gesetzliche oder vertraglich vereinbarte Schriftform. Die Schriftform kann grundsätzlich durch die soge- nannte elektronische Form nach Paragraf 126a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ersetzt werden. Hierfür müssen die Parteien bei einem Vertrag jeweils ein gleichlautendes Dokument mit einer sogenannten qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Wer ein Dokument mithilfe einer solchen Signatur unter- zeichnen möchte, muss vorher allerdings bei einem von der Bundesnetzagentur akkreditierten Zertifizierungs- dienstanbieter ein Signaturzertifikat erwerben sowie eine spezielle Signatursoftware und ein Kartenlesege- rät anschaffen. Nicht nur dieser technische Aufwand, sondern vor allem der beschränkte Anwendungsbe- reich hat dazu geführt, dass die elektronische Form in der Unternehmenspraxis weiter ein Schattendasein fristet. Barbara Mayer, Friedrich Graf von Westphalen & Partner GmbH-Gesellschafterversammlung Auch eine formell ordnungsgemäße Ladung kann unwirksam sein G esellschafter einer GmbH müssen stets zu Ge- sellschaftsversammlungen geladen werden. Die Ladung muss gewisse formelle Anforderungen erfüllen, soweit die Gesellschafter nicht ausnahmsweise ein- stimmig auf die Ladung und/oder die Einhaltung der formellen Voraussetzungen verzichten. Unter anderem sind in der Ladung die Tagesordnungspunkte anzuge- ben. Die Ladungsfrist beträgt eine Woche, wenn nicht in der Satzung eine längere Frist geregelt ist. Selbst wenn alle im Gesetz und der Satzung enthaltenen Voraussetzungen eingehalten sind, kann die Ladung nach einem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Düs- seldorf vom April 2018 (Az.: 6 W 2/18) unwirksam sein. Im konkreten Fall war die Art und Weise der Ladung nach Auffassung des Gerichts rechtsmissbräuchlich. Der Kläger war Gesellschafter der beklagten GmbH und für mehrere Monate auf einem Segeltörn. Obwohl die anderen Gesellschafter dies wussten, versendeten sie eine Ladung zur Gesellschafterversammlung an sei- nen Wohnsitz. Bei der Versammlung, zu der der Kläger mangels Kenntnis der Einladung nicht kam, wurde die Einziehung seiner Anteile beschlossen. Dieses Vorgehen sah das Gericht als treuwidrig an, da der Kläger unpro- blematisch per E-Mail hätte erreicht werden können. Fazit: Gesellschafter (nicht nur von GmbHs) müssen solche Umstände aus Gründen der Rücksichtnahme- pflicht beachten. Haben sie Kenntnis davon, dass ein Gesellschafter die Einladung nicht erhalten wird oder an der Versammlung nicht teilnehmen kann, muss alles Zumutbare unternommen werden, um ihm die Teilnah- me zu ermöglichen. Jan Henning Martens, Friedrich Graf von Westphalen & Partner Allen Gesellschaf- tern muss die Teilnahme ermöglicht werden Für elektronische Signaturen gibt es technische Vorschriften Bild: Antonioguillem - Fotolia

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ2MDE5