Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Januar'19 - Südlicher Oberrhein

7 TITEL E s hat einfach alles gepasst 2018: Auf einen nas- sen Winter und ein feuchtes Frühjahr folgte ein warmer, langer und sehr trockener Sommer. An- ders als 2017 störte kein später Frost die Blüte, und es gab so gut wie keine Hagelschäden. Mit der Trockenheit kamen die Reben im Gegensatz zu vielen anderen Pflan- zen sehr gut zurecht. Selbst zur Lesezeit, die mehrere Wochen früher als üblich begann, hielt das warme tro- ckene Wetter an, und die Trauben konnten stressfrei geerntet werden. Ein Vorteil: Die Keller waren nach dem mickrigen Jahrgang 2017 leer. Die gute Ernte füllte die Lücken des Vorjahres – auch weil das Land das Mengen- limit pro Hektar von 90 auf 100 Hektoliter angehoben hatte. Der Ertrag der badischen Winzer lag 2018 etwa 25 Prozent über dem langjährigen Mittel. Verglichen mit dem Vorjahr stieg die Erntemenge sogar um 35 Prozent. Und die Güte des Weins, der jetzt in den Fässern liegt, bringt manch einen erfahrenen Winzer ins Schwärmen. „Diese Konstellation steht so in keinem Lehrbuch“, sagt Peter Wohlfahrt beim Gespräch in seinem holzvertäfel- ten Büro im Verbandsgebäude am Fuße des Schlier- bergs in Freiburg. Der Geschäftsführer des Badischen Weinbauverbands ist kein Mensch der lauten Worte. Er drückt seine Begeisterung ruhig aus. „So einen Jahr- gang gibt es eigentlich nicht“, sagt der großgewachsene Mann. Wohlfahrt weiß, wovon er spricht. Er hat selbst Winzer gelernt, Weinbau studiert und viele Jahre das Staatsweingut Blankenhornsberg geleitet. Auch im Jahrhundertsom- mer 2003, an den jetzt viele wie- der gedacht haben. Der Jahrgang damals war viel kleiner, die Quali- tät der Trauben aber vergleichbar. Man habe seinerzeit erst gelernt, wie mit solchen Mosten – geringe Säure, hoher Zucker – umzugehen ist und dieses Wissen jetzt in den 2018er einfließen lassen können. Dessen tatsächliche Qualität wird sich erst zeigen. Aber die Voraussetzungen für einen „gro- ßen bis sehr großen Jahrgang“ sieht Wohlfahrt gegeben. Mehr Solidarität Dass seine Euphorie sich gleichwohl in Grenzen hält, liegt nicht nur an Wohlfahrts ruhiger Natur, sondern auch an den Themen, mit denen der Verband gerade zu tun hat. „Eigenwilligkeiten nehmen überall zu, auch in der Weinwirtschaft“, sagt der Verbandschef. Er be- dauert das sehr, zumal der badische Weinbau gerade von gemeinschaftlichen Strukturen geprägt sei. Zwar sinkt die Zahl der Erzeuger bei gleichbleibender Fläche, das heißt die Betriebe werden größer. Doch nach wie vor gibt es viele kleine und sehr kleine Winzer, die den Weinbau oft nur im Nebenerwerb betreiben. Über 70 Prozent des badischen Weins produzieren Winzerge- nossenschaften (siehe auch Kasten auf Seite 8). Der Gedanke der Solidarität sollte da eigentlich vorherr- schen, doch genau den vermisst Wohlfahrt in jüngster Zeit zunehmend. Das zeigt sich zum Beispiel an den Qualitätsprüfungen und Prämierungen. Der Badische »So einen Jahrgang gibt es eigentlich nicht« Peter Wohlfahrt Geschäftsführer Badischer Weinbauverband

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