Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Oktober'18 - Südlicher Oberrhein

10 | 2018 Wirtschaft im Südwesten 37 SINGEN. Schmuck und Uhr ablegen, die Hände mehrfach waschen und desinfizieren, Überschuhe und Schutzkleidung anlegen – und dabei die richtige Reihenfolge beachten. Ob Mitarbeiter oder Besucher: Wer die Produktion der Bipso GmbH im Singener In- dustriegebiet betritt, für den gelten strenge Hygiene- vorschriften. „Wir müssen das Produkt vor den Men- schen schützen, das ist unsere Philosophie“, sagt der Herstellungsleiter Michael Ruhnau. Aber auch beispielsweise die 50 Kilogramm fassenden Fässer mit dem Wirkstoff Iopamidol für das Kontrastmittel Solutrast müssen gereinigt und desinfiziert werden, bevor die Mitarbeiter sie in den Produktionsbereich bringen dürfen. Hinter Glasscheiben füllen sie in vor- geschriebener Hygienekleidung inklusive Handschuhe, Schutzbrille und Mundschutz die Rohstoffe dann in 2.000 beziehungsweise 4.000 Liter fassende Edel- stahlbehälter. Nach einer festgelegten Rezeptur geben sie Wasser einer speziellen Qualität sowie Wirk- und Hilfsstoffe dazu. „Anschließend muss die Lösung noch sterilfiltriert werden, um die qualitativ hochwertigen Produkte zu erhalten“, erklärt Ruhnau. Danach fließt sie durch sterilisierte Schläuche und Edelstahl- leitungen zur Abfüllanlage. Es zischt und ploppt – die gefüllten Flaschen werden mit zuvor ebenfalls sterilisierten Stopfen verschlossen und mit sogenannten Bördelkappen versehen. Danach werden sie autoklaviert, das ist eine spezielle Art des Sterilisierens, nochmals überprüft, etikettiert sowie verpackt, bis sie an die verschiedenen Standorte der Bracco-Gruppe versendet werden. Von dort aus gelan- gen die Kontrastmittel – für die Computertomografie, eine Art des Röntgens, sind es die Marken Imeron und Solutrast, für die Magnetresonanztomografie die Marken Prohance und Multihance – in rund 100 Län- der. Allen voran in die USA, gefolgt von Deutschland und dem restlichen Europa, aber auch in Länder wie Russland, China und Südkorea, wo sie in Universitäts- kliniken, Krankenhäusern und radiologischen Diagnos- tikzentren verwendet werden. Damit die Produkte in Singen hergestellt und in den verschiedenen Ländern vertrieben werden dürfen, muss Bipso strenge Auflagen erfüllen und Qualitäts- standards einhalten. Alle zwei Jahre kontrolliert dies beispielsweise die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA), die weltweit strengste Behörde dieser Art. Bei Bipso waren FDA-Inspektoren zuletzt im Frühjahr zu Gange. „Wir konnten mit einem sehr guten Ergebnis glänzen“, berichtet der Geschäftsführer und promovierte Pharmazeut Reinhard Adam. Rund 20 Millionen Kontrastmitteleinheiten produziert Bipso im Jahr. Die Zahl ist in etwa konstant, gleichwohl steigt die Menge. Denn es werden immer mehr Flaschen mit einer Füllmenge zwischen 100 und 500 Millilitern verkauft und immer weniger kleinere. „Für jede dritte Untersuchung mit Kontrastmitteln welt- weit werden Produkte von Bracco verwendet“, sagt Adam. Bipso ist Teil der italienischen Bracco-Gruppe – davon zeugt auch der Firmenname, eine Abkürzung für B racco I maging P harmaceutical S terile O perations – und zugleich der wichtigste Produktionsstandort für sterile Kontrastmittel des Konzerns. Dieser wurde 1927 in Mailand gegründet, beschäftigt weltweit 3.450 Mit- arbeiter und setzte 2017 circa 1,25 Milliarden Euro um. Davon entfielen 67,3 Millionen Euro auf Bipso. Von den rund 400 Mitarbeitern in Singen arbeiten etwa 200 in der Produktion. Der Grundstein für den Erfolg dieses Standortes wurde Anfang der 1980er-Jahre gelegt, als hier die Herstel- lung des Kontrastmittels Solutrast startete. Zu Bracco gehört er seit dem Jahr 2011. Damals kauften ihn die Italiener aus der Nycomed GmbH (früher Altana Phar- ma) heraus, als diese an die Takeda GmbH verkauft wurde. Bereits zuvor produzierten die Singener als Lohnfertiger Kontrastmittel für Bracco. Dass Bipso und Takeda einmal zusammengehörten, merkt man noch heute. Zum einen, weil sie sich ein 167.000 Quadratmeter großes, umzäuntes Gelände teilen, auf dem Bipso an drei Seiten von Takeda um- grenzt wird. Zum anderen kaufen sie noch gegenseitig Dienstleistungen beieinander ein: Bipso arbeitet als Lohnfertiger für Takeda, fährt dies aber bis Ende 2019 herunter. Bislang führt Takeda die Qualitätskontrolle für Bipso durch. Um dies übernehmen zu können, hat Bipso 2017 für rund 30 Millionen Euro ein Laborge- bäude gebaut; voraussichtlich noch dieses Jahr soll der Betrieb starten. Zurzeit nutzt Bipso das Lager von Takeda, will aber für rund 16 Millionen Euro auf dem Firmengelände eine eigene Logistik errichten. Der Bau- start ist für dieses Quartal geplant, der Bezug im Jahr 2020. mae Mit Produkten, die bei der BIPSO GmbH in Singen gefertigt wurden, haben viele Menschen schon einmal zu tun gehabt, allerdings sind sie den wenigsten be- kannt: Hier werden Kontrastmittel produziert, die bei der Magnetresonanz- (MRT) und der Computertomografie (CT) eingesetzt werden. Das Werk gehört zum Bracco-Konzern, der mit den Produkten aus Singen in Deutschland Marktführer für Röntgen-Kontrastmittel ist. »Wir müssen das Produkt vor den Menschen schützen«

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ2MDE5