Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Oktober'18 - Hochrhein-Bodensee

10 | 2018 Wirtschaft im Südwesten 9 zählt – bislang auch der weltweite Vertrieb. „Alles, was geht, machen wir nicht selbst“, sagt Böttcher. „8tree“ beschäftigt sechs Mitarbeiter in Deutschland, weitere drei in den USA. Vor zwei Jahren ist das Start-up von Meersburg nach Konstanz gezogen, wegen der besseren Internetverbindung und weil es in der Unistadt leichter ist, Fachkräfte zu finden. Hier entdecken die Unterneh- mer, die ihre Kontakte immer global suchten, nun den Nutzen der Nähe. Lange hatten sie nach einer zu ihnen passenden Cloudlösung gesucht. Gefunden haben sie die jetzt vor der Haustür. Die Konstanzer IN-GmbH, die sie auf einem Treffen des Netzwerks Cyberlago ken- nenlernten, bietet die richtige Technologie. Bislang ist „8tree“ organisch gewachsen, doch man sei „perma- nent mit möglichen Investoren im Gespräch“, so Klaas. Mit Fremdkapital könnte die Firma beispielsweise den eigenen Vertrieb ausbauen, neue Anwendungsfelder erschließen oder die Technik digitalisieren. D igitalisierung ist mittlerweile selbst in Operati- onssälen ein Thema. Wie lässt sich beispielswei- se die Versorgung mit Nahtmaterial, Implantaten und anderen Verbrauchsgütern im OP automatisieren? Und lassen sich Infektionen im OP mit der Erfassung bestimmter Daten reduzieren? An diesen und anderen Fragen tüfteln Teams im Tuttlinger Werk 39. Die Atmo- sphäre in dem Innovationslabor wirkt ungezwungen und kreativ, ein bisschen wie in einer Wohngemein- schaft mit vielen gelben Zetteln und Zeichnungen an den Wänden, einer Kaffeeküche und großem Tisch mittendrin. „No ties“ steht auf einer der Stufen, die zu den Räumen führen. Hier trägt niemand Krawatte, und statt Hemd und Lederschuhen dominieren T-Shirt und Turnschuhe. „Ich musste meine Garderobe komplett umstellen, als ich hier angefangen habe“, berichtet An- ton Feld, der als Projektberater, sogenannter Venture Consultant arbeitet. Typisch Start-up? Weit gefehlt. Das Werk 39 ist ein Innovationslabor des Medizintech- nik- und Pharmaherstellers B.Braun Melsungen, ange- siedelt bei dessen Tuttlinger Tochter Aesculap, die hier seit Frühjahr 2017 Innovatoren aus den eigenen Reihen brüten lässt. Die lockere Atmosphäre soll die Kreativi- tät fördern, damit auch Angestellte unternehmerisch arbeiten können. „Intrapreneurship“, nennt Sören Lau- inger, der Erfinder und Leiter von Werk 39, das Prinzip. „Wir setzen die Start-up-Methodik intern um.“ Einmal im Jahr gibt es einen konzernweiten „Call for Ac- tion“, einen Aufruf, Projektideen einzureichen. Eine mit in- und externen Fachleuten besetzte Jury filtert dann die vielversprechendsten Teams heraus, die für ein hal- bes Jahr ins Werk 39 ziehen und fokussiert an ihrem Pro- jekt tüfteln dürfen. Wie viel Zeit sie dafür haben, hängt vom jeweiligen Chef ab. Wenige werden ganz freigestellt, durchschnittlich verbringen die Innovatoren knapp die Hälfte ihrer Arbeitszeit im Werk 39 beziehungsweise unterwegs für das Projekt. Kundennähe wird großge- schrieben, schließlich geht es gerade um Entwicklungen in Vertrieb und Service – „beyond the product“ heißt »Wir setzen die Start-up- Methodik intern um«

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