Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe September'18 - Schwarzwald-Baar-Heuberg

9 | 2018 Wirtschaft im Südwesten 39 UNTERNEHMEN Große Investitionen auf dem Calamus-Areal im Kehler Stadtteil Sundheim Freizeit statt Logistik KEHL-SUNDHEIM. Calamus, der Namensgeber, ist die lateini- sche Bezeichnung für Schilfrohr, das in der Gegend heimisch ist. Das nach ihm benannte Areal misst über 40.000 Quadratmeter, liegt in einem Gewerbegebiet südlich von Kehl und ist umgeben von großen Einkaufszentren. Im nördlichen Teil bietet das Restaurant „Julia’s“ bereits seit zwei Jahren italienische Küche. Die angrenzende „Orangerie“ beherbergt Hochzeiten und andere Festgesellschaften. Das knapp 500 Quadratmeter große, helle Gebäude, das einer alten italienischen Markthalle am Lago Maggiore nachempfunden ist, war jedes Wochenende im Sommer vermietet und hat Buchungen bis weit in den Herbst. Auch das benachbarte Möbel- und Interieurgeschäft „Ancavi-Living“ sowie die 60 Meter lange Express Autowaschstraße „Cala-CarWash“ ha- ben längst ihren Betrieb aufgenommen. Im südlichen Teil des Geländes wird dagegen noch eifrig gewerkelt. Zwar wurde die Elektrokartbahn im Frühjahr eingeweiht, und ins Hotel sind schon Gäste eingezogen. Doch andere Teile des Gebäuderiegels befinden sich noch im Bau oder kurz vor der Fertigstellung. Beim Besuch an einem Sommermorgen herrscht hier emsiges Treiben. Zwischen die Handwerker mischt sich Küchen- und Hotel- personal, an anderer Stelle begutachten Mitarbeiter des Bauamts Teile des Neubaus. Unbeeindruckt von der Hektik zeigt Alexander Schreibeisen mit typischem Bauherrenstolz der Besucherin die mehr oder weniger fertigen Räume und Hallen. Der Initiator und Investor dieses Großprojekts sieht durch das Betongrau hindurch bereits den fertigen Indoorspielplatz, vor seinem inneren Auge haben sich die langweiligen Lagerhallen schon in einen edlen Wellnessbereich verwandelt und das Gelände drumherum in einen blühenden Garten samt Schilfrohr. Schreibeisen hat die komplexen Pläne verinnerlicht und schreitet zielstrebig die Baustelle ab. Er interessiert sich für jedes Detail, kennt und grüßt alle Mitarbeiter, die ihm begegnen. Rund 120 sind es bislang, über 200 sollen es in den nächsten Jahren werden. Allein der eigene Bautrupp samt Gärtnern umfasst derzeit etwa ein Dutzend. Die vielen Stellen in Küche und Service zu be- setzen, bereite ihm keine Probleme, sagt Schreibeisen, denn er biete geregelte Arbeitszeiten und unbefristete Verträge. Angestellte zu haben, ist nichts Neues für den Unternehmer, der mit 29 Jahren die Kehler Spedition Transitas von seinem Vater übernahm und in Spitzenzeiten annähernd 3.000 Menschen beschäftigte. Sein Name ist in der Region bekannt, sein Gesicht nicht. Alexander Schreibeisen versteht es, sich im Hintergrund zu halten. „Man muss nicht im Vordergrund stehen, um Erfolg zu haben.“ Und den hatte er. Schreibeisen entwickelte die automatisierte Abwicklung von Paketsendungen per Postleitzahl und zählte zu den Gründern des Paketdienstleisters German Parcel. Nach erfolgreichen und turbu- lenten Jahren („da könnte man einen Krimi drüber schreiben“) stieg er aus der Branche aus und verkaufte 2005 seine Unternehmen. Schreibeisen behielt aber das Grundstück und vermietete es an die nachfolgenden Firmen DSV und GLS. Peu à peu kaufte er ringsum dazu und ließ die Mietverhältnisse auslaufen. Als 2016 die letzten Verträge endeten, hatte er das große Gelände beisammen. Zurück in die Logistik zog es Schreibeisen aber keinesfalls. „Ich wollte gerne etwas Neues machen“, sagt der 70-Jährige. Die Idee des Calamus-Areals sei es, Menschen mit einem breit gefächerten Freizeitangebot anzulocken und auf dem Grundstück zu halten, auch wochenends. Das Hotel zählt 99 Zimmer mit 198 Betten. Eine Brücke durch den Indoorspielplatz verbindet es mit der künftigen Wellnessanlage. Sie soll frühestens 2020 fertig sein, das Blockheizkraftwerk dafür ist aber schon gebaut, genauso wie drei Brunnen, die im Sommer kühlen und im Winter eine Wärmepumpe versorgen werden. Nachhaltigkeit ist Schreibeisen wichtig, „hohe Qualität bei günstigen Preisen“, lautet sein Motto. Zum Hotel zählen auch vier unterschiedlich große Seminarräume, die Platz für 24 bis 70 Personen bieten. In erster Linie ist das Hotel aber auf Familien ausgerichtet. Es gibt Zustellbetten, und einige Zimmer lassen sich mit Türen zu einem Apartment verbinden. Calamus ist das erste Hotel von Alexander Schreibeisen – „aber sicher nicht das letzte“. Er hat bereits das Grundstück für ein weiteres gekauft, wo verrät er noch nicht. „Man muss ja eins nach dem anderen machen.“ Jetzt steht erst mal das Kehler Projekt vornan. Das „Chattanooga Steakhouse“, das 200 Plätze drinnen oder 160 Plätze draußen im Bier- garten bietet, sollte eigentlich schon im Juni öffnen. Doch die neue De- cke musste wieder abgerissen und nochmals gemacht werden. Anfang Juli ging es dann wirklich los. Als nächstes soll der Indoorspielplatz fertig werden. Vorbild hier wie bei der Kartbahn samt „Chattanooga Sportsbar“ ist „Sensapolis“ in Sindelfingen. Diesen überdachten Frei- zeitpark hat Schreibeisens Sohn 2008 eröffnet. Nachdem Alexander Schreibeisen jun. 2010 im Alter von 36 Jahren einem Hirntumor erlag, stieg der Senior in die Geschäftsführung dort ein. Fast 20.000 Kinder jährlich zählt Sensapolis allein bei Geburtstagsfeiern. Auch in Kehl soll es zwölf feste Räume für Kinderpartys geben, sodass bis zu einem Dutzend Geburtstage gleichzeitig gefeiert werden können. kat »Angebote, um Menschen auf dem Gelände zu halten« Kartbahn, Indoorspielplatz, Wellness, Möbelge- schäft, Hotel und diverse Restaurants: Ein riesiges Freizeitcenter entsteht derzeit auf dem ehemali- gen Speditionsgelände in Kehl-Sundheim. Einige Angebote dieses sogenannten Calamus-Areals haben bereits geöffnet, andere befinden sich noch im Bau. Hinter dem Großprojekt steht die Alexander Schreibeisen GmbH & Co. KG, die dafür weit über 20 Millionen Euro investiert.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ2MDE5