Praxiswissen
STEUERN
Gewerbliche Prägung der „Einheits-GmbH & Co. KG“
Bundesfinanzhof schafft Rechtssicherheit
V
on einer Einheits-GmbH & Co. KG spricht man,
wenn die Anteile an der persönlich haftenden Ge-
sellschafterin, der sogenannten Komplementär-GmbH,
nicht von den Kommanditisten gehalten werden, son-
dern von der KG selbst. Diese Gestaltung birgt das
Potenzial für Interessenkonflikte: Die Geschäftsführer
der Komplementär-GmbH würden in ihrer Eigenschaft
als Vertreter der alleinigen GmbH-Gesellschafterin
(der KG) in der Gesellschafterversammlung der Kom-
plementär-GmbH über ihre eigene Bestellung oder
Abberufung entscheiden können. Üblich ist es daher,
die Ausübung der Gesellschafterrechte der KG in der
Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH
den Kommanditisten zu übertragen.
Bislang war umstritten, ob diese Übertragung eine Ge-
schäftsführungsbefugnis der Kommanditisten im Sinne
von Paragraf 15 Abs. 3 Nr. 2 des Einkommensteuerge-
setzes (EStG) begründet, die einer gewerblichen Prä-
gung der Einheits-GmbH & Co. KG entgegenstünde. Der
Bundesfinanzhof (BFH) hat nun entschieden, dass dies
nicht der Fall ist (Urteil vom 13.07.2017, Az. IV R 42/14).
Denn die geschilderten Regelungen zur Vermeidung
von Interessenkollisionen beträfen unmittelbar nur den
Rechtskreis der Komplementär-GmbH und nicht die
Unternehmenstätigkeit auf Ebene der KG.
Die Entscheidung des BFH ist für die Praxis erfreulich,
weil die Einheits-GmbH & Co. KG helfen kann, Gestal-
tungsaufwand zu reduzieren. So entfällt die aufwändige
Verzahnung der beiden Gesellschaftsverträge der KG
und der Komplementär-GmbH. Wer eine Einheits-GmbH
& Co. KG verwenden möchte, sollte aber die Einhaltung
der Vorgaben des BFH sicherstellen, um unerwünschte
Steuerfolgen zu vermeiden – egal ob die gewerbliche
Prägung oder (zum Beispiel bei Private Equity Fonds)
gerade deren Fehlen angestrebt wird.
Stefan Lammel,
Friedrich Graf von Westphalen & Partner
Zur Bedeutung von Tax-Compliance-Management-Strukturen
Indiz gegen Vorsatz oder Leichtfertigkeit
D
ie Finanzverwaltung wertet die Einführung ei-
nes Tax-Compliance-Management-Systems
seit Änderung des Anwendungserlasses zu Para-
graf 153 der Abgabenordnung (AO) bei der Korrek-
tur beziehungsweise Entdeckung einer fehlerhaften
Steuererklärung/-anmeldung als Indiz gegen das
Vorliegen von Vorsatz oder Leichtfertigkeit. Der Bun-
desgerichtshof (BGH) ist nun sogar noch einen Schritt
weiter gegangen: Sollte es durch den Vorwurf einer
Pflichtverletzung eines Organs oder eines Mitarbei-
ters zu einer gegen das Unternehmen festgesetzten
Geldbuße kommen, sind eingeführte Tax-Compliance-
Strukturen bei der Höhe der Geldbuße (mindernd) zu
berücksichtigen.
Im Urteilsfall (Az.: 1 StR 265/16) ging es um Schmier-
geld- und Provisionszahlungen eines Rüstungsun-
ternehmens. Vor dem Landgericht musste sich der
Prokurist des Unternehmens unter anderem wegen
Beihilfe zur Steuerhinterziehung verantworten. Ge-
gen das Unternehmen selbst wurde eine Geldbuße in
sechsstelliger Höhe festgesetzt. Der BGH hob diese
Entscheidung jedoch auf und verwies das Verfah-
ren an das Landgericht zurück, um in der erneuten
Entscheidung die Geldbuße aufgrund vorliegender
effektiver (Tax-)Compliance-Strukturen signifikant zu
mindern. Für die Bemessung einer Geldbuße als Folge
eines aktuellen Strafverfahrens hält es der BGH nach
aktueller Rechtsprechung sogar für relevant, ob das
Unternehmen noch während des Verfahrens seine
Regelungen und betriebsinternen Abläufe so optimiert
hat, dass vergleichbare Normverletzungen künftig
deutlich erschwert werden.
Damit ist dringend angeraten, selbst im Fall von
laufenden Straf- und Ordnungswidrigkeitsverfahren
(effiziente) Tax-Compliance-Management-Strukturen
einzuführen und zu dokumentieren, um so die Höhe
einer möglichen Geldbuße zu mindern. Insgesamt
sollte in den Unternehmen eine verstärkte Auseinan-
dersetzung mit dem Thema Tax-Compliance erfolgen.
Claudio Philipp Schmitt, Bansbach GmbH
Gestaltungs-
aufwand
kann redu-
ziert werden
Auseinander-
setzung mit Thema
Tax-Compliance
ist sinnvoll
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