Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Juli/August'25 -Schwarzwald-Baar-Heuberg
Eine schrecklich starke Familie Wer erleben will, wie man soziale Marktwirtschaft auch interpretieren kann, der sollte die Familie Spitz mal kennenlernen, die mit ihrer kleinen Firma und ihrer rührigen Stiftung vielen Menschen helfen. Offenbar haben Eishockeyspieler ein großes Herz… V on Joachim Spitz und seiner Familie kann man etwas lernen. Genügsam- keit zum Beispiel. Wie man die rich- tigen Prioritäten setzt. Was man alles errei- chen kann, wenn man ein Netzwerk pflegt und wie man blitzschnell reagiert, wenn sich einem eine Chance bietet. Und dass es im Leben wichtigere Dinge gibt als nur Wachs- tum und Gewinn… Familienbetrieb seit 50 Jahren Aber der Reihe nach: Joachim Spitz ist ge- meinsam mit seinem Bruder Geschäftsfüh- rer von Spitz Druck in Villingen-Schwen- ningen. Zehn Mitarbeiter, rund eine Million Euro Umsatz und längst keine klassische Akzidenzdruckerei mehr. Eher so eine Art Werbetechnik-Firma mit Großformatdru- cker, Stickmaschine, einem Digitaldrucker für Broschüren, Flyer und Prospekte sowie einer 65 Jahre alten Tiegeldruckpresse: Mit so einer Maschine lassen sich Sonderformen stanzen oder Logos in Briefpapiere prägen. Der Oberbürgermeister hat so etwas, der Sparkassen-Chef, der eine oder andere Un- ternehmer. Nichts, womit man reich wird, aber eine schöne, kleine Besonderheit. Michaels Eltern Hans-Jürgen und Thea Spitz haben die Firma am 1. April 1975 gegründet – aber wenn es nur um die Unternehmung gin- ge, wäre dieser Artikel schnell vorbei. Denn natürlich gibt es viel größere Druckereien, deutlich ältere Betriebe in dieser Branche und so schön es ist, dass nun mit Maximilian „Maxi“ Spitz die dritte Generation einsteigt: Das klappt anderswo auch ganz gut. Was es aber anderswo nicht gibt: Das ist die Prokids-Stiftung, die Joachim Spitz 2009 ge- gründet hat. Mehr als eine Million Euro sind in den vergangenen 16 Jahren verteilt worden. Das Geld hat man genutzt, um Kindern in der Region ein warmes Schulessen zu ermögli- chen, um Weihnachtswünsche zu erfüllen, um Menschen in Not unbürokratisch zu hel- fen und im Franziskusheim eine Babyklappe zu installieren. „Sechs Kinder waren schon drin“, sagt Joachim Spitz. Man merkt, wie ihn das berührt und auf ein- mal kommt er ins Erzählen. Wie es damals angefangen hat mit einem Charity-Golftur- nier, gemeinsam mit den Skispringern And- reas Scherer und Dieter Thoma sowie dem Kunstrad-Weltmeister Harry Bodner und wie es ihn berührt hat, Kinder kennenzulernen, die mittags eben nichts zu essen hatten. „Wir leben alle auf der Sonnenseite des Lebens, haben alle mehr als wir wirklich brauchen“, sagt Joachim Spitz. „Und wenn man so viel Glück hat, kann man davon anderen auch ein bisschen was abgeben.“ Es gibt Zeiten, da ist Joachim Spitz mehr für den Gewerbeverein und die Stiftung im Einsatz als klassisch in der Firma. Dann hält ihm seine Frau Anette den Rücken frei, dann bleiben Michael, Maxi und die Mitarbeiter abends auch mal länger im Betrieb. Die Kun- den wissen das – und helfen mit. Mal mit Spenden, mal mit Loyalität und Aufträgen. „Manche unserer Kunden betreuen wir in- zwischen seit 50 Jahren“, sagt Firmengründer Hans-Jürgen Spitz, 83, der als Drucker und Schriftsetzer irgendwann sein Talent fürs Kalkulieren entdeckte. Also entwickelte er eine Software für Akzidenzdrucker, mit der bei Spitz bis heute kalkuliert wird, obwohl die grafische Benutzeroberfläche vielleicht nicht mehr ganz state of the art ist. Warum? „Weil die Software einfach richtig gut ist! Wir wissen bei jedem Arbeitsschritt, ob es sich lohnt oder nicht“, sagt Michael Spitz, der als Kaufmann in die Fußstapfen des Vaters getreten ist. Netzwerker, Zuhörer und Ratgeber Bruder Joachim ist derweil immer wieder auch als Ratgeber für Politiker gefragt. Wenn einer aus der CDU Bürgermeister werden will, wenn Kanzleramtschef Thorsten Frei mal wie- der wissen will, wie Bürger über dies und das denken: Dann ist Joachim Spitz gefragt. Denn der gute Mensch von Schwenningen ist einer, der alle kennt, der gut vernetzt ist und der ge- nau zuhört, was so geredet wird. Vielleicht ist das auch der Grund, warum Joachim und Mi- chael das Familienunternehmen so frühzeitig auf den Strukturwandel in der Druckbranche „Wir leben alle auf der Sonnenseite des Lebens und haben mehr, als wir wirklich brauchen!“ 14 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 7+8 | 2025 MENSCHEN
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