Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Juni'25 - Hochrhein-Bodensee

45 6 | 2025 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten UNTERNEHMEN 400 Mitglieder sind in Marcos Free Fight Club organisiert, davon sind 250 über 18. Manche nehmen zwei Stunden Anfahrt in Kauf, um hier ins Sparring zu gehen – ande- re fangen gerade erst mit dem Kampfsport an. Bezahlt wird eine Flatrate. 85 Euro im Monat, dafür kann man dann mit jeman- dem trainieren, der einst einen Teamkolle- gen von MMA-Legende Connor McGregor ausgeknockt hat. Die großen Ketten auf dem Vormarsch Spezialisten wie Marco Knöbel finden in der deutschen Fitnessbranche nach wie vor ihre Nische. Ansonsten aber gewinnen die großen Ketten immer mehr Marktanteile – und kleine Anbieter haben das Nachsehen. Dabei sehen die Branchenzahlen auf den ersten Blick gut aus: 2024 erreichte der deutsche Fitnessmarkt mit 5,82 Milliarden Euro Umsatz (plus sieben Prozent) zum ersten Mal wieder das Vor-Corona-Niveau. Gut 11,7 Millionen Menschen sind in Fit- nessstudios engagiert (plus 3,6 Prozent), die Zahl der Clubs und Anlagen liegt stabil bei knapp über 9100. Allerdings: Während die großen zehn Anbieter (mit Branchen- primus RSG Group, FitX und Clever Fit und jeweils mehr als einer Million Mitglieder an der Spitze) 280 neue Clubs eröffneten oder übernahmen, sank die Zahl der Einzelkämp- fer-Anlagen um 250. Ähnlich sieht es bei den Mitgliedern aus: Die großen Anbieter gewannen 370 000 Mitglieder dazu – auf Kosten der kleinen Marktbegleiter. Fluch und Segen für die Branche Hinzu kommt der Einfluss der Aggregatoren, wie Hansefit, Gympass oder Urban Sports Club: Mit einer Mitgliedschaft bei einem dieser Netzwerke öffnen sich Sportlern die Türen zu vielen Studios. Das ist attraktiv, vor allem, wenn es die Arbeitgeber subven- tionieren. 2024 umfasste das kumulierte Partnernetzwerk rund 40 000 Anlagen, der Umsatz der Aggregatoren wuchs um 40 Pro- zent auf 480 Millionen Euro. Für die Studios ist das Fluch und Segen – denn einerseits spart man sich die (hohen) Marketing- Kosten für das laufende Gewinnen neuer Mitglieder, andererseits aber wollen die Ag- gregatoren einen erheblichen Anteil vom Kuchen haben. Und wenn man bedenkt, dass in Ballungsräumen und größeren Städ- ten in manchen Gyms schon 80 Prozent der Gäste mit einer Hansefit-App in Studio kommen, die Sauna bevölkern, ausgiebig duschen und die Kursangebote füllen, wird die Problematik des Themas deutlich. „Ein sportliches Zuhause“ Bei Marco Knöbel sind Hansefit und Co. kein großes Thema. Das hat mit der Aus- richtung auf Kampfsport statt leichtem Cardio-Training zu tun – aber nicht nur. „Wir sind mehr als nur ein Fitnessstudio oder ein Kampfsportzentrum, wir sind ein sportliches Zuhause“, sagt er und wird philosophisch. Denn die ganzen Fragen zu Umsätzen und Mitgliedsbeiträgen, zu Markt- anteilen und Gewinnen: die haben ihn nach- denklich gemacht. „Weißt du, bei uns geht es auch darum, die Jungs von der Straße zu holen, ehe sie auf die schiefe Bahn gera- ten.“ Mit Beiträgen jenseits der 100-Euro- Schmerzgrenze gehe das nicht – mit der Fokussierung auf sportliche Ziele aber sehr wohl: „Disziplin ist mehr als nur einmal die Woche Training“, sagt der Ex-Champ, der sich freut, wenn seine Jungs nach der ersten schweißtreibenden Einheit noch eine zweite oder gar dritte Einheit mitmachen und dabei ganz genau wissen, dass sie am nächsten Morgen mit bösem Muskelkater aufwachen. Knöbel selbst ist auch den harten Weg gegangen. Hauptschule, Ausbildung, dann Vollzeit gearbeitet bei Straub Verpackun- gen. Abends trainiert, am Wochenende, manchmal frühmorgens – und dann neben- bei das Studio eröffnet. 2008 war das. An- fangs ging es nur darum, selber trainieren zu können, dann kamen die ersten Kollegen und irgendwann wurde die Garage zu klein. „Seither wachsen wir“, sagt Marco Knöbel. „Um fünf bis zehn Prozent im Jahr und ich finde: das ist doch ganz gesund, oder?“ Ulf Tietge Immer noch (fast) jeden Tag auf der Matte – aber als Trainer und nicht mehr als Profi: Marco Knöbel mit einem seiner Nachwuchs-Sportler Bilder: MFF-Club

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