Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Mai'25 -Südlicher Oberrhein

48 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 5 | 2025 UNTERNEHMEN E nergiekosten, Fachkräftemangel, steigende Zölle – die deutsche In- dustrie steht unter Druck. Droht eine neue Phase der Deindustrialisierung oder befinden wir uns nur in einer vorüberge- henden Krise? Die neue DIHK-Hauptge- schäftsführerin Helena Melnikov ordnet die Lage ein und zeigt auf, welche Weichen jetzt gestellt werden müssen. Frau Melnikov, die ersten 100 Tage als Hauptgeschäftsführerin der DIHK haben Sie hinter sich. Wie sind Sie in Ihre neue Aufgabe gestartet? Mit sehr viel Elan und dem nötigen Respekt vor der großen Aufgabe. Es ist eine beson- dere Situation, gleich mit einer Neuwahl des Bundestags und der neuen Trump- Administration zu starten. Hinzu kommt für die deutsche Wirtschaft wahrscheinlich das dritte Jahr Rezession in Folge – ein einmaliger Vorgang in der deutschen Nach- kriegsgeschichte. Das ergibt sich aus der aktuellen Konjunkturumfrage der DIHK, bei der mehr als 23000 Unternehmen mitge- macht haben. Die Ergebnisse waren extrem ernüchternd. Das treibt mich in besonderer Weise an, diese Lage zu ändern. Dafür sehe ich mich hier am richtigen Platz. Die DIHK vereint die gesamte deutsche Wirtschaft – vom Kiosk über den Mittelstand bis zum Konzern – das ist einmalig und mit unse- rem Netzwerk aus 79 IHKs vor Ort und 150 Standorten über die AHKs weltweit kaum zu toppen. Ich bin daher sehr motiviert und optimistisch, dass, wenn es jemanden gibt, der das heben kann, wir es sind. Wir werden als Stimme der deutschen Wirtschaft laut und deutlich hörbar sein. In der Debatte um den Wirtschaftsstandort Deutschland wird gehäuft von einer begin- nenden Phase der Deindustrialisierung ge- sprochen. Wie ernst ist die Lage – stehen wir vor einem echten Strukturwandel oder einer vorübergehenden Krise? Die Lage ist ernst. Da gibt es nichts schön zu reden. Wir erwarten 2025 ein Minus des Bruttoinlandsprodukts von 0,5 Prozent. Die Gründe dafür sind auch hausgemacht in Brüssel und Berlin, teilweise aber auch außerhalb unserer Sphäre in außenpoliti- schen Ereignissen. Aktuell kommt leider alles zusammen, ein „perfect storm”. Die gute Nachricht ist, dass wir es bei den hausgemachten Themen auch selbst in der Hand haben, die Zügel herumzureißen. Auf EU-Ebene gibt es mit den Omnibusgeset- zen jetzt immerhin schon mal einen ersten Hoffnungsschimmer, dass sich die Politik in die richtige Richtung bewegen könnte. Aber da muss noch mehr passieren. Die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und des Standorts Deutschland muss jetzt oberste Priorität haben. Wir haben hierzu- lande das Glück, auf einem breiten Mittel- stand aufzubauen. Die Unternehmen haben eine tiefe Verwurzelung in ihrer Region. Die meisten von ihnen sind trotz bedauerlicher Weniger Regulierung, mehr Mut und dann gemeinsam aus der Krise: Mit Helena Melnikov als neue Hauptgeschäftsführerin der DIHK in Berlin soll die Stimme der Wirtschaft künftig laut und deutlich hörbar sein. Interview Freiraum für Fortschritt Bild: Werner Schuering

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