Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Mai'25 - Hochrhein-Bodensee
onen Euro gesorgt, sechs Prozent mehr als im Vorjahr. Ein starkes Zeichen in Zeiten schwächelnder Baukonjunktur. Bald kommt eine neue Produktlinie auf den Markt, ein weiterer Schritt bei der Digitalisierung der Türkommunikation, eine weitere Innovation aus Furtwangen. Stahl oder Kunststoff? Siedle hat sich schon immer neu erfunden, neu erfinden müssen. Aus der Glocken- gießerei wurde ein Hersteller von Telefon- apparaten, in den 1930ern spezialisierte man sich auf Türkommunikationstechnik. Das Unternehmen steht für anspruchsvol- les Design und Technik. Keine Massenware für den Baumarkt. Am Eingang zum Deut- schen Bundestag steht eine Siedle-Anlage aus edlem Stahl, ebenso an der Oper von Oslo oder an der Tür des Polizeipräsidiums Hamburg, ganze Krankenhäuser bestreiten ihre interne Kommunikation mit Siedle, und an Millionen deutschen Haustüren erfolgt seit Jahrzehnten die Türkommunikation über Gegensprechanlagen aus Furtwangen. Pro- duziert und entwickelt wird ausschließlich im Hochschwarzwald. Schon immer. Gabriele Siedle hat in der Firmengeschichte Spuren hinterlassen. Sie, die schon immer ihr eigenes Geld verdient hat, fing an in der Unternehmenskommunikation und im Finanzbereich, setzte mit Siedle Steel gegen den anfänglichen Widerstand ihres Mannes eine neue, ästhetisch anspruchsvolle und hochwertige Edelstahl-Designlinie durch. „Mein Mann war skeptisch, schließlich war die Umstellung auf Kunststoff wenige Jahr- zehnte zuvor ein Krafttakt gewesen. Doch ich habe nicht lockergelassen, habe ihn lan- ge damit genervt. Von den Außenstationen machen Produktlinien aus Metall heute 30 Prozent des Umsatzes aus“, sagt sie. Eine Bestätigung – auch für ihren Führungsstil: Statt durchregieren die Menschen überzeu- gen und mitnehmen. Ab 2005 war sie in der Pflicht, viele fragen sich damals: „Kann sie das? Eine Frau?“ Zumal die Rahmenbedingungen nicht be- sonders gut waren: Der Aufschwung Ost war vorbei, der Markt in den neuen Bundes- ländern gesättigt, dazu die Herausforderun- gen von Globalisierung und Digitalisierung. Die Umsätze gingen zurück, Siedle stand unter Druck. Heute kann sie über ihre Zeit als Firmenchefin sagen: „Ich habe in vielen Dingen richtig gehandelt. Ich bin stolz, dass es uns als Familienunternehmen so noch gibt, das ist keine Selbstverständlichkeit.“ Die Leitplanken der Chefin Sie hat das Unternehmen in eine Familien- stiftung überführt und dadurch als Ganzes erhalten – auch wenn das Unternehmen nach sieben Generationen nicht mehr von Familienmitgliedern geführt wird. Aber es gibt Leitplanken für die Geschäftsführung, eingerammt von der Chefin: soziale Ver- antwortung, Standorttreue, die Bewahrung der Eigenständigkeit und andere Werte sind festgeschrieben. Über ihre drei Nach- folger in der Geschäftsführung sagt sie: „Die Charaktere ergänzen sich. Alle drei wissen, wohin man will. Das macht mich zuversichtlich.“ Gabriele Siedle ist Geschäftsführerin der Holding-Gesellschaft geblieben, in der alle Gesellschaften der Siedle-Gruppe gehalten werden. Doch kann sie, die Patriarchin, die nie daran gemessen werden wollte, dass sie eine Frau ist, sondern an dem, was sie geleistet hat, nun auch loslassen? „Ich halte mich weitgehend aus dem Tagesgeschäft heraus, das sendet auch das Signal, dass ich anderen vertraue.“ Die kleinen Dinge im Leben machen glücklich: ein Gang über den Wochenmarkt, ein Restaurantbesuch, eine Städtereise in ihr Lieblingsland Italien. Und natürlich das Siedle Haus des Berliner Architekten Arno Brandlhuber, das unter der Regie des Freiburger Büros Hotz + Architek- ten täglich wächst und mit seinem imposan- ten, von einer Holzkonstruktion gehaltenen Dach eine architektonische Hommage an die vielen Schwarzwaldhöfe ist. Unter dem Dach ist ein in Beton gegossenes Haus im Haus, ein Abbild des alten Wohnhauses, das früher dort stand und baugleich mit der Siedle-Villa ist. Ziemlich wow für eine Kleinstadt, aber Gabriele Siedle sagt ein- fach bescheiden: „Ein Herzensprojekt von mir und meinem Mann.“ Dominik Bloedner Bilder: Michael Bode 17 5 | 2025 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten Blick ins neue Siedle Haus, gedacht als Heimat für die Kunstsammlung und als Treffpunkt für die Furtwanger: Das hölzerne Dach erinnert an ein Schwarzwaldhaus, darunter befindet sich das in Beton gegossene Negativ einer dortigen früheren Villa.
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