Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe April'25 -Südlicher Oberrhein

62 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 4 | 2025 SERVICE RECHT A rbeitsverträge werden in guten Zeiten für schlech- te Zeiten gemacht. Insbesondere wenn es Streit über die Tätigkeit selbst, über Vergütung, Urlaub, Nebentätigkeiten, Wettbewerbsverbote oder Kündi- gungsfrist gibt, werden die Regelungen des Arbeitsver- trags wichtig. Sorgfalt bei der Erstellung eines guten Arbeitsvertrags spart Arbeitgebern langfristig Ärger, Zeit und Geld. Die Form Bei der Erstellung eines schriftlichen oder in Textform abgeschlossenen Arbeitsvertrags sind grundlegende Aspekte zu beachten: Die verwendeten Begriffe sollten konsequent und einheitlich im gesamten Dokument gebraucht werden, um Interpretationsspielräume zu vermeiden. Zudem ist eine klare und logische Struktur essenziell – Regelungen sollten sich an den dafür vor- gesehenen Stellen im Vertrag befinden. Andernfalls be- steht die Gefahr, dass sie im Streitfall anders ausgelegt werden als ursprünglich beabsichtigt. Eine übersicht- liche Gliederung mit aussagekräftigen Überschriften erleichtert nicht nur die Orientierung, sondern erhöht auch die Rechtssicherheit. Vielen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ist nicht be- wusst, dass ein Arbeitsvertrag keiner bestimmten Form bedarf und insbesondere nicht zwingend schriftlich ge- schlossen werden muss. Arbeitsverträge können auch mündlich oder durch schlüssiges Handeln entstehen – etwa, wenn eine Person eine Tätigkeit aufnimmt und dafür bezahlt wird. Ein nur mündlich oder konkludent geschlossener Arbeitsvertrag birgt allerdings Risiken: Es kann zu Meinungsverschiedenheiten kommen – und was abgesprochen wurde, ist schwer zu beweisen. Das Nachweisgesetz Um solche Probleme zu vermeiden, gibt es das Nach- weisgesetz. Danach sind die wesentlichen vereinbarten Vertragsbedingungen (bisher) schriftlich festzuhalten, also eigenhändig zu unterzeichnen und dem Arbeitneh- mer zudem im Original auszuhändigen. Die elektroni- sche Form der Dokumentation (zum Beispiel E-Mail, DocuSign) war bislang ausdrücklich ausgeschlossen. Diese Regelung wurde dem digitalen Zeitalter aber nicht mehr gerecht. Insbesondere Arbeitgeber, die aus- schließlich eine digitale Personalakte führen, hatten ein Form- und Beweisproblem. Seit dem 1. Januar ist die Dokumentation wesentlicher Vertragsbedingun- gen auch in Textform möglich – und dafür reicht eine E-Mail. Für Unternehmen bringt dies eine erhebliche Erleichterung und reduziert den bürokratischen Auf- wand spürbar. Bei befristeten Arbeitsverträgen gilt indes weiterhin – jedenfalls für die Befristungsabrede – die strenge Schriftform. Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen den Arbeitsvertrag vor Beginn des Arbeitsverhältnis- ses jeweils im Original unterschreiben, zuvor darf der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht zu arbeiten anfan- gen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass der Vertrag automatisch als unbefristet geschlossen gilt. Ähnlich sieht es bei nachvertraglichen Wettbewerbs- verboten aus. Diese sind nur wirksam, wenn sie schrift- lich vereinbart werden. Auch bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ist zwingend auf den Zugang der Kündigung oder des Aufhebungsvertrags mit einer Ori- ginalunterschrift zu achten. Ein Arbeitsvertrag bietet zudem – neben der zwingen- den Einhaltung gesetzlicher Formvorschriften – zahl- reiche Gestaltungsmöglichkeiten, um von gesetzlichen oder tarifvertraglichen Vorgaben zugunsten beider Ver- tragsparteien abzuweichen. Arbeitgeber und Arbeit- nehmer sollten diese Flexibilität nutzen, um Vereinba- rungen bestmöglich an ihre individuellen Bedürfnisse und Erwartungen anzupassen. Dies gilt umso mehr, da im Zuge der Sondierungsver- einbarungen voraussichtlich zusätzliche Gestaltungs- spielräume entstehen – etwa durch die Möglichkeit, von täglichen auf wöchentliche Höchstarbeitszeit umzusteigen oder die steuerfreie Vergütung von Überstunden, die über die Arbeitszeit eines Vollzeit- beschäftigten hinausgehen. Eine vorausschauende und maßgeschneiderte Vertragsgestaltung kann so langfristig für beide Seiten vorteilhaft sein. Arbeitsverträge In guten wie in schlechten Zeiten Arbeitsverträge sorgfältig zu erstellen, kann Arbeitgebern eine Menge Ärger, Zeit und Geld ersparen. Worauf zu achten ist, was sich 2025 geändert hat und was sich (vielleicht) noch ändern wird, erklärt unser Fachautor Alexander Gräßel. Unser Autor Alexander Gräßel ist Anwalt für Arbeitsrecht bei Advant Beiten in Freiburg

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