Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe März'25 -Schwarzwald-Baar-Heuberg
Der Versandhandel, vor allem der ausländi- schen Versandapotheken wie Doc Morris, Shop-Apotheke und Co., setzt diesem Kon- strukt zu. Da sind zum einen die bequeme Bestellung rund um die Uhr und von über- all, die Lieferung direkt nach Hause und die pharmazeutische Beratung über digitale Ka- näle, wie es eine Sprecherin der Shop-Apo- theke beschreibt. Da haben die Apotheken vor Ort zwar ordentlich nachgerüstet – doch wenig Spielraum haben sie bei einem wei- teren Aspekt: den Preisen. Online-Händler dagegen können freiverkäufliche Produkte zu Preisen anbieten, bei denen die stationä- ren Apotheken aufgrund ihrer Kostenstruk- tur mit Steuern, Miete und Personal kaum mithalten können. Boost durch das E-Rezept Entsprechend haben sie in diesem Segment in den vergangenen Jahren Marktanteile verloren. Die Einführung des E-Rezepts 2024 führte zusätzlich beim Online-Handel mit verschreibungspflichtigen Medikamen- ten zu teils enormen Umsatzsteigerungen. Unter anderem deswegen konnte die Be- treiberin der Shop-Apotheke, die Redcare Pharmacy mit Sitz im niederländischen Se- venum, ihren Konzernumsatz im vergange- nen Jahr um rund ein Drittel auf insgesamt 2,4 Milliarden Euro steigern. Auch durch gezielte und teure Marketingkampagnen gewann das Unternehmen zahlreiche neue Kunden. Sogar „Wer wird Millionär“-Mode- rator Günter Jauch lächelt von Plakaten und in Kameras von Werbespots und zog damit den Zorn der Apotheker auf sich. Der Vor- wurf: Jauch befeuere das Apothekensterben noch… Ähnliche Vorbehalte muss sich nun auch dm gefallen lassen. Das Karlsruher Unter- nehmen wird zunächst nur rezeptfreie Me- dikamente verkaufen. Aber auch das ist ein wachsender Markt – mit derweil elf Milliar- den Euro Umsatz im Jahr, so der Bundesver- band der Pharmazeutischen Industrie. Die Drogeriekette dm hat für ihr Apothe- kengeschäft extra eine Gesellschaft in Tschechien gegründet und will von dort aus liefern. Zwischen den Ländern bestehen deutliche Unterschiede im Apothekenwe- sen. In Deutschland ist der Versandhandel an eine Apotheke vor Ort gebunden, daher sitzen viele Online-Apotheken im Ausland. Und anders als bei uns können sich bei- spielsweise in den Niederlanden große Apo- thekenketten problemlos in Form von Kapi- talgesellschaften bilden – und dann nach Deutschland liefern. Für dm scheint der Handel auch mit re- zeptpflichtigen Medikamenten nicht aus- geschlossen. Für eine Apotheke mit Sitz in Tschechien und für Drogeriemärkte ist de- ren Verkauf in Deutschland nicht möglich. Das ist bislang nur aus den Niederlanden erlaubt. Man beobachte aber die Entwick- lung der gesetzlichen Rahmenbedingungen, teilt Sebastian Bayer, Geschäftsführer Mar- keting und Kommunikation bei dm, mit. Als Grund für die geplante Online-Apotheke verweist Bayer auf den sich verändernden Gesundheitsmarkt in Deutschland, etwa durch Digitalisierung, Apothekensterben, demographischen Wandel und dadurch veränderte Bedürfnisse der Kunden. In der Konsequenz würden die Gesundheitskosten stetig steigen. Apothekerin Christina Braun Bild: dm; Christina Braun „Ich möchte die Menschen auf die Missstände aufmerksam machen. Kommt! Nur so können wir überleben“ 9 3 | 2025 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten
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