Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Februar'25 -Südlicher Oberrhein
37 UNTERNEHMEN Foto: © Felix Groteloh/Schwarzwald Tourismus F ast 25 Millionen Übernachtungen und mehr als neun Millionen Ankünfte: Die rund 2.700 Beherbungsbetriebe im Schwarzwald haben 2024 ein gutes Jahr erlebt. Vor allem im nördlichen und mittleren Schwarzwald wächst der Tourismus – und doch sieht Hansjörg Mair noch Luft nach oben. Der Chef von Schwarzwald Tourismus setzt daher auf digitale Markenbotschafter wie die Schwarzwald Marie, auf die Wieder- entdeckung der Sommerfrische mit ange- nehm kühlen Temperaturen und darauf, dass der Schwarzwald als nachhaltiges Genießer- ziel eigentlich immer Saison habe… Herr Mair, in Stuttgart läuft mit der CMT die größte Reisemesse Deutschlands – da will man wissen: Wie geht es der Tou- rismusbranche im Schwarzwald – und welche Entwicklungen erwarten Sie? Hansjörg Mair: Der Schwarzwald ist zu he- terogen im touristischen Angebot und zu groß, als dass man diese Frage einfach so beantworten könnte. Wenn wir allein auf die klassischen Kennzahlen schauen, also auf Ankünfte, Übernachtungen, Aufenthaltsdau- er und Wertschöpfung, dann ist 2024 im Gro- ßen und Ganzen gut gelaufen. Wir knüpfen nahtlos an das Erfolgsjahr 2023 an. Aber ich sage bewusst, dass sich diese Aussage auf die Gesamtwertschöpfungszahlen bezieht – und diese weichen naturgemäß von ein- zelnen betrieblichen Kennzahlen ab. Das klingt, als gibt es individuell schon größere Herausforderungen. Der Tourismus hat gezeigt, dass er ein sehr resilienter Wirtschaftszweig ist und trotz multipler Krisen und großer Herausforderun- gen nach wie vor ein Erfolgsgarant ist – üb- rigens im Gegensatz zu vielen anderen Wirt- schaftszweigen. Die größte Herausforderung sehen wir in der allgemeinen Unsicherheit und der damit verbundenen Zurückhaltung bei notwendigen Investitionen in touristische Infrastruktur. Die Wirtschaftskrise lässt grü- ßen, aber es gibt noch viele weitere Her- ausforderungen: die instabile geopolitische Lage, der demografische Wandel in unseren Quellmärkten, die Anpassung des Touris- mus im Schwarzwald an den Klimawandel sowie der anhaltende Regulierungswahn in Deutschland, der sich sehr hemmend auf erforderliche Innovationen auswirkt. Wirkt sich die Wirtschaftskrise auch schon auf die Nachfrage nach Urlaub aus? Spürt man das? Ich bin als Touristiker ein unverbesserlicher Optimist und das nicht ohne Grund. Urlaub ist in der westlichen Welt ein so stark veran- kertes Gut, dass man darauf nicht verzichtet. Gespart wird – bis jetzt – nicht am Urlaub, sondern wenn überhaupt, dann im Urlaub. Wir sollten uns aber darauf einstellen, dass eine länger andauernde Wirtschaftskrise in Deutschland über kurz oder lang auch im Tourismus seinen Niederschlag findet. Dennoch bleiben Sie „unerschütterlich optimistisch“ – warum? Ich bin sehr zuversichtlich, dass der Schwarzwald gerade in unsicheren Zeiten ein Gewinner im Tourismussektor sein kann. Dafür aber müssen wir unsere Hausaufgaben machen. Ein Beispiel: Wir sind die größte Destination Deutschlands, die für Gäste ei- nen kostenlosen ÖPNV zur Verfügung stellt. In dieser Dimension gibt es das in ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz nicht. Wir arbeiten daran, dieses Konus- Angebot zu digitalisieren und das deutsch- landweit größte kostenlose Ökosystem für nachhaltige Mobilität auszubauen. Der Schwarzwald belegt dadurch seine außerge- wöhnliche Stellung in Sachen Nachhaltigkeit. Unser Schwarzwald ist zudem eine bären- starke und international hervorragend posi- tionierte Marke, hat aber in den Nebensai- sons – also im Frühling und Herbst – noch großes Potential. Seit einigen Jahren haben wir daher unsere Marketinganstrengungen auf diese Zeiträume verschoben und gute Erfahrungen damit gemacht. Ein weiterer Ansatz läuft unter dem Schlag- wort „Coolcation“ – die Sommerfrische re- loaded. Immer mehr Menschen aus Spanien oder Italien genießen ganz bewusst unseren Sommer: die Höhenlagen, den Wald, das Wasser, die Frische, die Weite. Auch hier fahren wir Kampagnen in Spanien und Groß- britannien, die nämlich auch nicht mehr nur
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