Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Dezember'24 -Schwarzwald-Baar-Heuberg
12 | 2024 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten sondern auch selbst bauen. Oder nachbauen, aber das wäre ein Thema für sich. In den USA ist es Elon Musk mit seiner Boring Company, der Tunnel für seine Hyperloop-Idee bohren will. „Die Software kriegen die Amerikaner ganz gut hin“, sagt MDH mit einem Lächeln. „Aber Maschinenbau ist eben mehr als nur Software.“ Musk hat mal versucht, die Technologie der Deutschen zu kaufen – und ein unan- ständiges Angebot gemacht. Mit Verweis auf seine fünf Kinder wollte er ein Fünftel bezahlen – naja. „Darauf konnten wir uns nicht einlassen und waren zwei Jahre lang ein bisschen nervös“, sagt MDH. Aber dann hat man festgestellt: Im Silicon Valley kocht man auch nur mit Wasser. Bei Herrenknecht hat man eine Vision, von der man sich weder vom reichsten Menschen noch vom größten Staat der Welt abbringen lässt. „Tunnels zu bohren ist viel sicherer, nachhaltiger und effizienter als sie zu spren- gen“, sagt MDH und bezieht das nicht nur auf Löcher in der Horizontalen. Herrenknecht Vertical ist spezialisiert auf senkrechte Geothermiebohrungen (die in Kanada und den USA gerade Konjunktur haben), im Ge- schäftsfeld Mining baut man Schachtbohran- lagen für Konzerne wie Rio Tinto oder BHP. „Wir nutzen da unser Wissen“, sagt MDH. „Wenn man sich mit Getriebestufen und Elektromotoren auskennt, kann man auch Komponenten für den Bergbau fertigen.“ Maulwürfe und Olympia Für die Olympischen Spiele in Paris und die Erweiterung der Metro haben die Herren- knechts 22 Maschinen ins Rennen geschickt – und alle kamen aus Deutschland. „Schwa- nau ist und bleibt unser Hauptwerk“, sagt MDH, der bodenständig wirkt, der in Lahr wohnt und hier auch aufs Gymnasium gegan- gen ist, ehe er zum Studieren nach München ging. Wenn er davon spricht, dass 75 Pro- zent aller Maschinen als Buy-Backs wieder erworben werden, dann sagt er „Wir holen sie nach Hause“ und ist mit dem nächsten Gedanken schon wieder in der Welt unter- wegs. „Wir haben noch Endmontagewerke in Indien, China, den USA und Thailand – aber unser Herz schlägt hier!“ Die Menschen, die Landschaft, die Natur: Die Herrenknechts sind heimatverbunden. MDH sitzt bei der Volksbank im Aufsichtsrat, unterstützt als Bilder: Herrenknecht AG 16 Business Angel Start-ups und liebt Fußball. Zig Jahre hat er selbst gespielt, auch mit den eigenen Werkern. In den nächsten Jahren soll wieder einmal vor der Haustür gebohrt werden. Der Schäuble- Tunnel, die Rheintalbahn unter Offenburgs Kellern hindurch. Natürlich ein Projekt, das Herrenknecht gern machen würde – aber die Chinesen auch. „Wenn es der Staat ernst meint mit Themen wie Qualität, Lieferket- tengesetz und Nachhaltigkeit, dann müssten wir den Auftrag bekommen“, sagt Herren- knecht. Aber wenn es nur ums Geld geht, könne es auch sein, dass die Chinesen um jeden Preis versuchen werden, Offenburg als ganz besonders delikates Referenzpro- jekt zu ergattern. Im Vorgarten des großen Konkurrenten zu bohren – das wäre mehr als ein Nadelstich. „Warten wir es mal ab“, sagt Martin-Devid Herrenknecht. „2028 wird bestellt, 2029 soll die Maschine fertig sein, daher sammeln wir hier in Kehl schon jetzt Teile für dieses Projekt.“ 2032 soll der Tunnel fertig sein, drei Jahre später dürften dann die ersten Züge fahren. Direkt Richtung Gott- hard… Ulf Tietge Das Tor zur Welt: Von Kehl aus gehen Her- renknechts Tunnelbohrmaschinen auf die Reise – und kehren zu 75 Prozent nach dem Durchbruch wieder heim
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