Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Juli/August'24 -Schwarzwald-Baar-Heuberg

59 7+8 | 2024 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten UNTERNEHMEN 50 Jahre Knax Werbecomic mit Kultstatus S chon bei den Jüngsten setzt die Spar- kasse an. Die Kinder von heute sind die Kunden von morgen, mag man sich dort gedacht haben. Es gilt also, früh Bindung aufzubauen, um sie zu halten. Diesen Job übernehmen bei der Sparkasse die Bewoh- ner der Insel „Knax“, Protagnonisten im gleichnamigen kostenfreien Werbecomic. 1974 erscheint das erste Knax-Heft im Deutschen Sparkassenverlag und von da an alle zwei Monate ein neues. Die Bank will regelmäßigen Kontakt zur Zielgruppe der Sechs- bis Zehnjährigen, um so eine „vertrauensvolle Kundenbeziehung“ aufzu- bauen, sagt eine Sprecherin der Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau. Erzählt wer- den Geschichten über die Bewohner der In- sel Knax: die Knaxianer, darunter Didi und seine beste Freundin Dodo, die Zwillinge Backbert und Steuerbert sowie die Bauers- leute Pomm-Fritz und Pomm-Friedel, und die Fetzensteiner, etwa Fetz-Braun, Mampf und Zipfel, die ständig versuchen, die Kn- axianer zu bestehlen. „Aus Umfragen und den Zuschriften der Kinder geht klar hervor, dass Knax sich ungebrochener Beliebtheit erfreut“, berichtet die Sprecherin. „Auch viele Erwachsene lesen das schon aus der eigenen Kindheit bekannte Knax-Heft noch mit großer Begeisterung.“ Das Ziel Kundenbindung: erreicht. Doch wa- rum funktioniert diese Art der Werbung so gut? Dieter Tscheulin, Professor für Marke- ting an der Universität Freiburg, erklärt das so: „In Studien haben wir herausgefunden, dass Kinder und Jugendliche besonders empfänglich für Geschichten und Charakte- re sind, die sie über längere Zeit begleiten. Langzeitstudien belegen, dass wiederholte positive Interaktionen mit einer Marke in der Kindheit zu einer lebenslangen Markentreue führen können.“ Wichtige Voraussetzung sei- en Zielgruppenorientierung, Wiedererkenn- barkeit und emotionaler Bezug. Unbestritten macht die Sparkasse mit Knax da vieles richtig: Die Figuren und Geschich- ten sind über die Jahre beständig geblieben, was zu einer starken emotionalen Bin- dung geführt habe, erklärt der Marketing- professor. Dass das Heft regelmäßig er- scheint und noch dazu kostenlos ist, halte die Zielgruppe bei der Stange und die Marke „Sparkasse“ in deren Bewusstsein. Im Heft würde spielerisch Wissen über den Umgang mit Geld und Sparen vermittelt, was lang- fristig zu einer positiven Einstellung zur Bank führe. Durch interaktive Elemente, wie Rät- sel, Spiele und Gewinnaktionen, bleibe die Zeitschrift außerdem spannend. Und dann sei da natürlich noch der Nostalgiefaktor: „Viele Erwachsene erinnern sich positiv an die Hefte aus ihrer Kindheit, was den Kult- status verstärkt.“ Eine Ausnahmeerscheinung ist Knax aller- dings nicht. Es existieren zahlreiche ähnliche Kinder- und Jugendmarketing-Kampagnen von anderen Unternehmen: die Lurchi-Hefte von Salamander, die bereits 1937 erstmalig erschienen. Die Bahn-Kids der Deutschen Bahn, das Magazin für Kinder von Lego. Sie alle kombinieren Unterhaltung, Bildung und exklusive Inhalte, um Kinder und Jugendliche anzusprechen und langfristig an die jeweilige Marke zu binden. Nun scheint heutzutage ein Comic als Wer- bemaßnahme ein wenig gestrig. Doch der Marketing-Experte ist sich sicher: Wenn sie an die neue Zeit angepasst wird, funktioniert diese Art der Werbung auch heute noch. Und zwar, indem die physischen Hefte durch di- gitale Angebote wie Apps und Online-Spiele ergänzt und so Reichweite und Zugang ver- bessert werden. Eine weitere Anforderung der Neuzeit seien interaktive und multimedi- ale Inhalte: Videos, interaktive Geschichten und Online-Communitys. „Weiter von Bedeu- tung ist die Nutzung sozialer Medien, um die Zielgruppe direkt anzusprechen und mit ihr zu interagieren.“ Vieles davon hat die Sparkasse bereits um- gesetzt. 1999 ist die Knax-Website, 2018 die Taschengeld-App dazugekommen. Es gibt Clubs, Online-Spiele, Videos. Die Knax-Welt ist in der Gegenwart angekom- men. Derweil blicken die Nostalgiker gerne zurück. Einige besitzen noch heute ihren Knax-Ausweis. Susanne Ehmann Vor 50 Jahren und heute: oben das Knax- Heft vom Januar 1974, unten von 2024. Seit Jahrzehnten gelingt es der Sparkasse, aus Kindern potenzielle Kunden zu machen. Wie schafft sie das?

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