Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Juli/August'24 - Hochrhein-Bodensee
38 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 7+8 | 2024 THEMEN & TRENDS IHK-Umfrage „Frankreich: Ihr Geschäftspartner in Europa 2024“ Arbeitnehmerentsendung: Abschreckender Aufwand E s war nicht die erste Umfrage der IHK Südlicher Oberrhein zum Arbeitseinsatz deutscher Unternehmen in Frankreich. Bereits vor zwei Jahren hatte die Kammer ihre Unternehmen zu den büro- kratischen Hürden befragt. „Dank der vielen Rückmeldungen damals hatten wir in unseren zahlreichen Gesprächen mit der französischen Verwaltung gute Argumente, um Erleichterungen bei Warenlieferun- gen und Messebesuchen zu bewirken“, sagt Alwin Wagner, Stell- vertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Südlicher Oberrhein. Zahlreiche Handelshemmnisse Gleichwohl zeige die aktuelle Umfrage unter 236 Unternehmen, dass es „nach wie vor zahlreiche Handelshemmnisse gibt, die den Betrieben zu schaffen machen.“ Vor allem kleine und mittelständi- sche Unternehmen, für die das Frankreichgeschäft eine hohe Be- deutung hat. Wagner: „In unserer Grenzregion hängen wir davon ab, dass der französische Markt zugänglich ist. Würde das Potenzial wegfallen, wären wir quasi von der Hälfte unseres Wirtschaftsraums abgeschnitten.“ Hohe sprachliche Barrieren Auf die Frage „Welche Regelungen sind für Ihr Unternehmen be- sonders schwierig?“, antworteten 64 Prozent der teilnehmenden Betriebe, dass die Vorschriften bei Einsätzen in Frankreich zu kom- pliziert seien. Dass mit den Behörden nur in französischer Sprache kommuniziert werden kann, wird in der Umfrage von fast jedem zweiten Unternehmen kritisiert. Vor allem in kleinen Betrieben gibt es aber oft niemanden, der die französische Sprache, geschweige denn die Behördensprache mit ihren Fachbegriffen beherrscht. „Eines der Hauptprobleme bleibt die Arbeitnehmerentsendung“, sagt Frédéric Carrière, IHK-Referent für Auslandsmärkte und Zoll. Wenn ein deutsches Unternehmen Mitarbeiter nach Frankreich ent- sendet, sei dies nach wie vor mit einem hohen Verwaltungsaufwand verbunden. „Selbst wenn man drüben nur eine halbe Stunde etwas zu erledigen hat, muss man dafür einen Tag im Voraus ein mehrsei- tiges Formular ausfüllen“, erzählt Carsten Fels, Geschäftsführer von Paradiso Systeme. Sein Unternehmen bietet Poolüberdachungen an, seinen Firmensitz hat Paradiso im nur zehn Minuten von Frankreich entfernten Neuried. Komplizierte Rahmenbedingungen In die im Nordosten Frankreichs gelegene Region Grand Est wurden im vergangenen Jahr 11.247 Arbeitnehmer aus 2.218 deut- schen Betrieben entsendet – soviele wie aus keinem anderen Land in Europa. Die meisten deutschen Unternehmen (33%) entsenden ihre Mitarbeitenden nach Frankreich, um französischen Firmen Waren zu liefern oder Waren dort abzuholen. Erst an zweiter Stelle stehen Arbeitseinsätze in Frankreich, wozu vor allem Messebau, Bau und Dienstleistun- gen zählen. In einer früheren Umfrage aus dem Jahr 2022 waren Arbeitseinsätze noch der häufigste Grund für Entsendungen. „Manches ist einfacher geworden“, weiß Un- ternehmer Fels. Dazu zähle insbesondere die Verlängerung der Gültigkeitsdauer der Be- rufsidentifikationskarten (BTP-Karten: Bâti- ment Travaux Public) auf fünf Jahre, worauf die IHK nach der Umfrage 2022 erfolgreich hingewirkt hatte. Doch nach wie vor wirkt der bürokratische Aufwand auf Unternehmen ab- schreckend. Auf Stefan Jager etwa: „Unsere Frankreich-Geschäfte sind wegen der kom- plizierten Rahmenbedingungen seit einigen Jahren rückläufig“, klagt der Geschäftsführer von Weberhaus. Im Handwerk, so berichtet Die Wirtschaft am südlichen Oberrhein profi- tiert von ihrer Grenzlage und Nähe zu Frank- reich. Doch Vorschriften und Sprachbarrieren behindern die Geschäfte derart, dass sich immer mehr mittelständische Betriebe aus dem Nachbarland zurückziehen, wie eine neue IHK- Umfrage ergibt. Auswertung der Umfrage der IHK Südlicher Oberrhein
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