Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Juli/August'24 - Hochrhein-Bodensee

37 7+8 | 2024 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten Vereinheitlichung von Berichtsstandards Innovation durch Kooperation D ie Idee eines kollaborativen Daten-Ökosystems ist aus der Automobilwirtschaft heraus erwachen und soll nun im Zuge der Operationalisierung sowohl Standards zum Datentransfer definieren als auch die gesamte automobile Wertschöpfungskette vernetzen: für mehr Nachhaltigkeit und gesteigerte Effizienz. Durchgängiger Datenaustausch für alle Die Vision ist recht einfach: Durchgängiger Datenaustausch für alle Teilnehmer der (automobilen) Wertschöpfungskette, um den Aufwand der Berichtspflichten zu minimieren. Doch um diesen Zielzustand eines Tages zu erreichen, braucht es vielfältige Inno- vationen im Bereich des Datentransfers, ein erhebliches Maß an Kollaborationsbereitschaft aller Akteure und ein leistungsfähiges Gesamtsystem zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit aller Netzwerk- partner in Europa – vom KMU bis zum Konzern. Und auch über die Automobilindustrie hinaus. Warum also nicht die Industrie- und Handelskammern in ihrer Funktion als Multiplikationen von Beginn an in das neue Netzwerk einbinden, um die Anforderungen und individuellen Bedarfe aller Stakeholder mit Blick auf ständig zunehmende Kunden- und Liefe- rantenanfragen von Beginn an möglichst passgenau in Erfahrung zu bringen? Immerhin begleiten und beraten die baden-württembergischen IHKs mit ihrem kostenfreien Klimabilanzierungstool „BWIHK-ecocockpit“ schon seit Jahren Unternehmen aller Größen und Branchen bei ihrem Einstieg in die betriebliche Treibhausgasbilanzierung. Über- dies steigt der Druck zur Erstellung von Treibhausgasbilanzen von mehreren Seiten kontinuierlich. Vereinheitlichung von Berichtsvorgaben Zielsetzung der Kooperation zwischen dem Baden-Württember gischen Industrie- und Handelskammertag (BWIHK) und dem Cate- na-X-Netzwerk ist es, die Durchgängigkeit des Datenaustausches in der automobilen Zulieferkette im Bereich der Klimabilanzierung zu erhöhen und idealerweise ein einheitliches Berichtsformat zu finden, das zukünftig auch außerhalb der Automobilwirtschaft ge- nutzt werden kann. Immerhin ist die Erfassung und Berichterstattung der Scope-3-Treib- hausgasemissionen äußerst komplex, da sie alle indirekten Klima- Emissionen erfassen sollen, die entlang der Wertschöpfungskette eines Unternehmens auftreten. Und zwar sowohl im vor- als auch im nachgelagerten Bereich. Besonders relevant ist diese Kategorie klimawirksamer Ausstöße für Zuliefererunternehmen des produ- zierenden Gewerbes, da ein Großteil ihrer Emissionen nicht durch sie direkt und/oder auf ihrem jeweiligen Betriebsgelände erzeugt werden (Scope 1 und Scope 2), sondern vor allem bei Aktivitäten ihrer Lieferanten, Kunden und der späteren Nutzung. Die größte Herausforderung besteht also darin, für die wesentli- chen Emissionen der Wertschöpfungskette präzise und umfassende Daten von verschiedenen Akteuren entlang der Lieferkette zu sam- meln. So müssen etwa Daten von Rohstofflieferanten, Herstellern, Transportunternehmen und anderen Dienstleistern abgefragt und gesammelt werden. In der Praxis allerdings – so die Erfahrungen der IHK-Berater – sind diese oft unvollständig, nicht standardisiert oder nur schwer zugänglich. Auch die Methoden zur Berechnung der Scope-3-Emissionen sind komplex und variieren in Abhängigkeit der spezifischen Aktivitäten und Verfügbarkeit der Daten. Kurzum: Die Unsicherheit in den Be- rechnungen ist groß, insbesondere, wenn Emissionen auf Schät- zungen oder Sekundärdaten basieren. Prozesse beschleunigen, Wettbewerbsfähigkeit sichern, Nachhaltigkeit fördern Sollen die Scope-3-Emissionen also tatsächlich effektiv reduziert werden, erfordert dies eine enge Kooperation mit Lieferanten zur Implementierung von klimaschonenden Maßnahmen. Der Erfolg der deutschen Automobilindustrie beruht auf einem großen Netzwerk aus einer Vielzahl an Zulieferern. Bislang werden Daten in aller Regel aber nur bilateral zwischen einzelnen Partnern ausgetauscht. Über- dies nutzt jeder eigene Formate und Systeme, die untereinander nicht kompatibel sind. Aufgabe von Catena-X soll es daher sein, den Datenfluss zu vereinheitlichen und Informationen in einem späteren Schritt für alle zugänglich machen. Eine neutrale, offene Plattform soll die einzelnen Daten auf Basis eines gemeinsamen Standards miteinander verknüpfen - um die Prozesse bei allen Beteiligten zu beschleunigen, die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und die Nachhaltigkeit zu fördern. Das Klimabilanzierungstool „BWIHK-ecocockpit“ der IHKs soll in- nerhalb dieses Prozesses dazu beitragen, die präzise Erfassung und effektive Reduzierung von Scope-3-Emissionen voranzubringen, so- dass Zulieferer den wachsenden Anforderungen der Automobil-OEM und weiteren Akteuren der Wertschöpfungsketten gerecht werden und die Gesamtumweltwirkung der Branche verringern können. Kontakt und weitere Infos: André Olveira-Lenz, Federführung Umwelt der baden-württembergischen IHKs und Leitung Geschäftsbereich Innovation und Umwelt bei der IHK Südlicher Oberrhein +49 761 3858 260 Andre.Olveira-Lenz@freiburg.ihk.de Catena-X-Netzwerk heißt eine neue, vom Bundeswirtschaftsministerium geförderte Initiative. Sie soll Synergien im Datenaustausch der automobilen Wertschöpfungskette schaffen und unproduktiven Zeitaufwand zur Berichterstattung durch die Bündelung von Ressourcen und Know-how minimieren. Mit an Bord: der Baden-Württembergische Industrie- und Handelskammertag (BWIHK).

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