Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Mai'24 -Schwarzwald-Baar-Heuberg

76 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 5 | 2024 PRAXISWISSEN B estimmte Vergütungen wie beispielsweise Abfin- dungen, die für mehrjährige Tätigkeit ausbezahlt werden, unterliegen einem ermäßigten Einkommen- steuersatz, wenn sie dem Empfänger auf einmal zufließen. Dadurch soll vermieden werden, dass im Veranlagungsjahr der einmaligen Auszahlung der Steu- erpflichtige aufgrund des Progressionsvorbehalts eine überproportionale Steigerung des Einkommensteuer- ersatzes erfährt. Voraussetzung an mehrjährige Tätigkeit und Auszahlung Die Tätigkeit muss sich mindestens über zwei Steu- erveranlagungszeiträume erstrecken und einen Zeit- raum von mehr als zwölf Monaten umfassen. Zu den Einkünften gehören zum Beispiel Abfindungen, Entlas- sungsentschädigungen oder Nachzahlungen aufgrund zu geringer Vergütung in vergangenen Jahren. Die Aus- zahlung muss zusammengeballt erfolgen. Die Finanz- verwaltung lässt eine ermäßigte Besteuerung auch zu, sofern eine Teilleistung von maximal zehn Prozent in einem anderen Jahr als im Jahr der Auszahlung der Hauptleistung erfolgt (Nichtbeanstandungsgrenze). Wie erfolgt die Besteuerung? Bei der ermäßigten Besteuerung, auch „Fünftelrege- lung“ genannt, wird die Einmalzahlung so behandelt, als ob sie über fünf Jahre verteilt zufließen würde. Hierzu wird ein Fünftel der einmaligen Einnahme zum zu versteuernden Einkommen hinzugerechnet. Die Differenz aus der Einkommensteuerbelastung ohne einmalige Einnahme und der Steuerbelastung beim Ein- kommen mit einem Fünftel der einmaligen Einnahme wird mit fünf multipliziert und ergibt den Steuerbetrag für die gesamte Nochmalige Klarstellung vom Bundesfinanzhof Im Urteilsfall vom 15. Dezember 2022 (VI R 19/21, NV) hatte eine GmbH-Gesellschafterin infolge einer Pensi- onszusage ein „Alterskapital“ von 543.000 Euro erhal- ten. Obwohl die Auszahlung in einer Summe vereinbart war, erfolgte die Zahlung im Jahr 2017 mit einem Teilbe- trag in Höhe von 473.000 Euro, im Jahr 2018 in Höhe von 55.000 Euro und 2019 der Restbetrag von 15.000 Euro. Der BFH sprach sich gegen die ermäßigte Besteuerung aus, weil es an einer Zusammenballung der Zahlung fehle. Die Ausnahme für geringfügige Teilleistungen sei nicht anwendbar, weil die Auszahlung nicht über zwei, sondern über drei Jahre erfolgt war. Zudem hatten die Teilleistungen in den Jahren 2018 und 2019 mit insge samt 70.000 Euro mit 14,8 Prozent die Nichtbeanstan dungsgrenze von 10 Prozent überschritten. Unerheblich war für das Gericht auch, dass ur sprünglich eine Auszahlung in einer Summe verein bart worden war und die Gesellschafterin keinen Einfluss auf die ratierlichen Auszahlungen hatte. Wie geht es weiter? Bisher war die Anwendung der ermäßigten Besteuerung im Lohnsteuerabzugsverfahren direkt durch den Arbeitgeber möglich. Mit dem Wachstumschancengesetz, das der Bun- desrat am 22. März 2024 verabschiedet hat, wurde die ermäßigte Besteuerung im Lohnsteu erabzugsverfahren nun ab 2025 (ursprünglich 2024) abgeschafft. Einerseits ist die begüns- tigte Besteuerung dann nur noch im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung möglich. Somit können Arbeitnehmer, die bisher keine Einkommensteuererklärung abgeben müssen, nur über zusätzlichen Bürokratieaufwand in den Genuss der Ermäßigung kommen. Andererseits wurde in der Vergangenheit bei Lohnsteuerprüfungen immer wieder festgestellt, dass die Voraussetzungen für die ermäßig- te Besteuerung gar nicht vorgelegen haben. Die Folge war eine Lohnsteuerhaftung beim Arbeitgeber. Für den Arbeitgeber führt die Abschaffung der Fünftelregelung beim Lohnsteuerabzug daher insoweit zu einem Entfall seines Haftungsrisikos. Claudio Schmitt, Bansbach GmbH Arbeitslohn für mehrere Jahre? Steuerermäßigung ist möglich Bild: Adobe Stock - Nuthawut (oben)/strichfiguren (links)/ Africa Studio

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