Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe März/April'24 -Südlicher Oberrhein
37 3+4 | 2024 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten UNTERNEHMEN Geschäftsführer von Contargo Waterway Logistics BV. Das Unternehmen ist zuständig für alle Binnenschiff- transporte der Contargo-Gruppe, die unter anderem in Mannheim und Weil am Rhein Hafenanlagen betreibt. Seit 31 Jahren ist der Niederländer in der Branche aktiv, und er hat – wie viele andere – feststellen müssen, „dass sich die Dinge verändert haben, wenn es um den Rhein geht“. Noch vor 20 oder 25 Jahren war es voraus- sehbar, dass zum Ende des Sommers Niedrigwasser eintreten werde, zum Ende des Winters ein Hochwas- ser. „Damit haben wir gerechnet und es eingeplant“, sagt Vinke. Mittlerweile sei das nicht mehr so einfach: „Es ist alles deutlich weniger vorhersehbar.“ Das Pendel schlägt weiter aus Und das ist längst nicht alles, weiß Benno Rothstein. Er ist Professor für geowissenschaftliches Ressour- cenmanagement an der Hochschule Konstanz (HTWG). Nicht nur dürften solche Ereignisse – also Hoch- und Niedrigwasser – aufgrund des Klimawandels häufiger auftreten, sondern auch in extremerer Form. Wissen- schaftlich ausgedrückt klingt das so: „Die atmosphäri- schen und hydrosphärischen Vorgänge streben neuen Grenzwerten zu.“ Dass die Logistikbranche daher vor zusätzlichen He- rausforderungen steht, haben er und seine damalige Kollegin Anja Scholten bereits 2016 in der Studie „Fol- gen des Klimawandels für massengutaffine Unterneh- men in Baden-Württemberg - Verwundbarkeiten und modellhafte Anpassungsmaßnahmen“ festgehalten. Herausgeber ist die Landesanstalt für Umwelt, Mes- sungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW). Die Autoren erinnern in ihrer Studie unter anderem an die Niedrigwasserperioden von 2003 und 2011. Damals sei der Transport per Binnenschiff stark eingeschränkt worden und habe dabei durch die Bahn nicht aufge- fangen werden können. Ein Grund dafür sei, dass die Bahn „zum Teil nur sehr begrenzte Ersatzkapazitäten zur Verfügung stellen kann – insbesondere an den bekannten Nadelöhren, wie etwa entlang der Rhein- schiene, dem Verkehrsknotenpunkt in Köln oder der Strecke zwischen Karlsruhe und Basel“. Scholten und Rothstein gehen schon damals in ihrer Untersuchung davon aus, „dass diese Transporteinschränkungen vor allem in der fernen Zukunft aller Voraussicht nach zunehmen werden und damit die Vulnerabilität der Un- ternehmen – auch in Baden-Württemberg – steigt“. Es steht zu vermuten, dass diese Zukunft eher schneller als langsamer naht. Ähnliche Gedanken macht sich auch Norbert Uphues, Referent für Verkehr, Konjunktur, Statistik bei der IHK Südlicher Oberrhein: „Gerade bei Niedrigwasserperi- oden ist es nicht so leicht, Transporte auf die Bahn zu verlegen.“ Da der viergleisige Ausbau der Rheintalbahn auf sich warten lässt, sieht er die Gefahr, dass der Güterverkehr, da wo es möglich sei, vermehrt auf die Straße verlagert wird. Das würde auch die Region Schwarzwald-Baar-Heu- berg treffen, ist Laura Csulits, Referentin für Raument- wicklung, Mobilität und Infrastruktur bei der dortigen IHK, überzeugt. Sie befürchtet Engpässe und eine Überlastung der vorhandenen Verkehrsinfrastruktur: „Deshalb brauchen wir mehr Tempo beim Infrastruk- turausbau. Eine gut organisierte und vielseitige Ver- kehrsinfrastruktur, die auf verschiedene Transportmit- tel setzt, käme letztendlich allen Beteiligten zugute.“ Alternativen sind oft kostspielig und aufwendig „Das Thema bereitet uns schon Sorge“, sagt Christi- an Peter von den Baustoffwerken Hermann Peter in Rheinau. Das Unternehmen verschifft von Rheinau und Breisach-Niederrimsingen aus Kies und Sand für Bauprojekte vorrangig in die Rhein-Main-Region und in Teilen bis in die Niederlande. „Alternativen zum Schiff? Schwierig!“ Um Niedrig- und Hochwasserperioden wirt- schaftlich zu begegnen und die Produktion aufrechtzu- erhalten, wurden zusätzliche Lagerflächen geschaffen. „Die Kiesberge werden höher bei Niedrigwasser, da un- sere Produktion stetig läuft. Aber irgendwann geht uns der Platz vielleicht doch aus“, sagt Peter. Ein Transport per Schiene wäre denkbar, aber wirtschaftlich schwie- rig, zumal nicht alle Kunden über einen Bahnanschluss verfügen würden und die Baustoffwerke ebenfalls nicht. Daher wird das Unternehmen auch weiterhin aufs Bin- nenschiff setzen. „Außerdem,“ ergänzt Christian Peter, „kostet es jedes Mal Geld, wenn Material umgeladen werden muss“. Ein Umstand, den auch Markus Menges im Kopf hat. Die BSW hat im Hafen Kehl – auch mit Unterstützung der Hafenverwaltung – ebenfalls Lagermöglichkeiten erweitert. Rund 245.000 Tonnen schwer ist der Puffer an Schrott. Das entspräche der Produktion von etwa 25 Tagen oder gut drei Wochen. Das reicht nicht immer, hat der 62-Jährige erfahren müssen. »Jedes Umladen kostet Geld!« Christian Peter Baustoffwerke Hermann Peter, Rheinau Bild: Markus Dietze Damit die Produktion bei den Badischen Stahlwerken 24/7 laufen kann, werden rund 9.000 Tonnen Metallschrott benötigt – angeliefert übers Wasser.
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