Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe März/April'24 -Südlicher Oberrhein
9 3+4 | 2024 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten Ohne Social Media geht für ein ausbildendes Unternehmen also so gut wie nichts mehr. Wenn dann aber die konkrete Entscheidung ansteht, welches Unternehmen es denn schließlich werden solle, kämen wieder die Schule, die Eltern, die Großeltern ins Spiel. „Und dann können vielleicht auch wieder klassische Printanzeigen sinnvoll sein“, meint sie. Die Jugendlichen lesen keine Zeitung mehr, aber vielleicht verfängt man mit sei- ner Botschaft bei den Eltern, so das Kalkül. Auf allen Ebenen unterwegs sein Auch auf anderen Wegen suchen Unterneh- men Kontakt zu den Ratgebern der Jugend- lichen. So ermöglichte etwa die Freiburger Elektrotechnik-Gruppe Alexander Bürkle ge- meinsam mit der IHK Südlicher Oberrhein Lehramtsreferendaren, die mal in der Berufs- orientierung arbeiten werden, per Betriebs- besichtigung Einblicke in die Praxis, damit sie Jugendliche kompetenter beraten können. Auch Patrick Karl, Müllermeister von der Ru- bin Mühle, berichtet, dass er in den letzten Monaten mehr Betriebsbesichtigungen für breitere Kreise anbietet, nicht zuletzt, um Eltern und Großeltern seiner Zielgruppe zu erreichen. Auch bei der Lahrer Unterneh- mensinitiative Jobxpedition will man näher an Eltern und Schulen heran (siehe Testimo- nial rechts). Christiane Möllers Rat zum Schluss: „Mit der Vertragsunterzeichnung muss das Onboar- ding beginnen.“ Sei es über die Einladung zum Sommerfest oder regelmäßige Wasser- standsmeldungen zum Ausbildungsstart, „Betriebe müssen in Kontakt bleiben“. Da- mit die Jugendlichen im Herbst tatsächlich auftauchen und nicht noch woanders unter- schreiben oder sich den neuen Job von Mit- schülern schlecht reden lassen. Dann wäre die ganze Mühe umsonst gewesen. Ulrike Heitze Bau dir deine Bank bei Belle Seit einigen Jahren schwingen bei der „BELLE AG“ in den Herbstferien 14- und 15-Jährige den Hammer, die Flex und das Schweißgerät. Der Balkon- und Stahlbauer in Wyhl lädt zur „Bau-dir-deine-Bank“-Aktion. Fünf bis acht Acht- und Neuntklässler aus den benachbarten Schulen kommen dann für anderthalb Tage in den Betrieb und bauen sich, angeleitet von den Belle-Azubis, eine Bank aus Metall. „Junge lernen von Jungen am besten. Und für unsere Auszubildenden ist es auch immer ein großer Spaß“, erklärt Aline Hernandez, kaufmännische Geschäftsleiterin der Belle AG. „Wir wollen mit der Bank-Aktion bei den Jugendlichen eine Affinität für den Konstruktionsmechaniker und auch den technischen Zeichner wecken.“ Der Aufwand ist nicht ganz unerheblich. Trotz voller Auftragsbücher muss der Betrieb in diesen Tagen dann aus Platz- und Sicherheitsgründen etwas runter- gefahren werden und die Auszubildenden fallen fürs Tagesgeschäft weg. Der Ausbau der Aktion auf einen zweiten Termin im Frühjahr will deshalb gut getimt sein. Die Nachfrage bei den Schülern ist jedenfalls groß – man sei inzwischen deutlich überbucht, berichtet Hernandez, die jedes Jahr zwei bis drei neue Azubis sucht. Und der Erfolg ist gut: „Über die Bankaktion kommen immer etliche Verträge zustande, wenn auch mit ein, zwei Jahren Verzögerung.“ Zudem erreicht Belle auf diesem Wege auch die Eltern der Jugendlichen. „Wir beschichten die Bänke noch, bevor sie dann abgeholt wer- den können“, erklärt Hernandez. Bei diesem Termin sei sie bewusst immer vor Ort. Denn die Bänke sind schwer – und die Eltern helfen beim Transport. „Das gibt uns nochmal die Möglichkeit zu einem persönlichen Gespräch und um Eindruck zu machen.“ uh IHK Hochrhein-Bodensee: Alexandra Thoß 07531 2860-131 alexandra.thoss@konstanz.ihk.de IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg: Miriam Kammerer 07721 922-512 kammerer@vs.ihk.de IHK Südlicher Oberrhein: Simon Kaiser 0761 3858-150 simon.kaiser@freiburg.ihk.de Die Rubin Mühle in der Innenstadt treffen Als Gründungsmitglied der Lahrer Unternehmensinitiative Jobxpedition kennt man sich bei der Rubin Mühle GmbH mit kreativen Orientierungs- und Recruitingangeboten aus. Seit Jahren bietet ein knappes Dutzend Unternehmen aus der Region während der Osterferien Schnupperpraktika im Schnelldurchlauf. „Doch die Resonanz hat deutlich nachgelassen, so dass klar war, wir müssen etwas ändern. Wir müssen die Eltern als Mitentscheider mehr ins Boot holen und den Schulen das Timing erleichtern“, berichtet Patrick Karl, Müllermeister bei dem Getreideverarbeiter aus Hugsweier, der für den Herbst gerne bis zu zehn technische Azubis einstellen würde, aber nicht davon ausgeht, dass das klappt. Acht Jobxpedition-Unternehmen, darunter die Rubin Mühle, probieren in diesem Jahr etwas Neues aus: „Wir planen, das ehemalige Schuhhaus Seidel in der Lahrer Innenstadt für drei Monate anzumieten und quasi als Pop-up-Job-Store zu betreiben“, berichtet Karl. Während der Stoßzeiten am Samstag werden die Unternehmen die Fläche mit Infoständen bespielen, Bewerbungsberatung und Fotoaktionen sind im Gespräch. Die Idee dahinter: „Am Wochenende erwischen wir die Eltern und Groß- eltern in der Stadt und die erzählen es hoffentlich weiter.“ Unter der Woche könnten Schulen Zeitfenster buchen. Und: Für die Schaufenster sind Logos und Banner geplant, die per QR-Code direkt zu den Ausbildungs- und jetzt auch Jobangeboten der Betriebe führen. Und auch das Schnupperpraktikum selbst bekommt ein Update: „Wir öffnen unsere Zeitfenster“, erklärt Karl. Raus aus dem Osterferienkorsett, künftig sollen die Schüler über ein neues Jobxpeditionportal Praktika rund ums Jahr und ganz individu- ell buchen können. Patrick Karl resümiert: „Man muss viel tun, um ein wenig Ertrag zu ernten. Aber wenn man nichts tut, erntet man gar nichts.“ uh
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