Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe November'23 -Südlicher Oberrhein

8 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 11 | 2023 TITEL wirklich für ihre Idee brennen und die bereit sind, Ener- gie, Freizeit, Nerven und Jahre ihres Lebens zu investie- ren.“ Die Fähigkeit, diese Intensität durchzuhalten, sagt Vatovac, hat auch nicht jeder. Tatsächlich würden sich Gründer die ganze Sache etwas weniger mühsam wünschen, wie der DIHK-Report weiter zeigt (siehe Grafik): runter mit den Regeln, rauf mit den Fördermitteln. Mehr Vernetzungs- und Informationsmög- lichkeiten wünschen sich dagegen nur wenige. „Davon gibt es mittlerweile wirklich reichlich“, weiß Christian Mül- ler, Gründungsberater bei der IHK Südlicher Oberrhein und einer der Mitveranstalter des How2Start-Workshops in Offenburg. Er spricht an diesem Morgen nicht nur über Geschäftsmodell – „Stellt es immer wieder auf den Prüf- stand und justiert es nach“ – und Businessplan – „Er wird nicht mehr zwingend gebraucht, ist aber sinnvoll, auch für euch selbst“ –, sondern stellt den Teilnehmern auch das große Angebot an Projekten in der Region für Start-ups und andere Existenzgründer vor (siehe auch Seite 10). Sein Tipp: Vernetzt euch, holt euch Rat ein. „Und kommt bei der IHK zur Beratung vorbei, noch bevor ihr größere Entscheidungen getroffen oder irgendwelche Verträge unterschrieben habt“, so seine Bitte. Man redet miteinander, reichlich Auch das ist ein Unterschied zu früheren Gründergene- rationen: der unbedingte Wunsch nach Austausch, nach Vernetzung. Man hält nicht mehr hinterm Berg mit seiner Idee, sondern teilt sie – ein Stück weit – zügig. Diese Haltung spiegelt sich auch in einigen der Ratschläge gestandener Start-ups (siehe Testimonials). Gründer-Events, auf denen man zwangslos netzwerkt und Erfahrungen teilt, „kommen wahnsinnig gut an“, berichtet Maik Schirling, Gründungsberater bei der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg. „Das Gefühl, Kontakte oder Partner zu haben, gibt Sicherheit. Einfach zu wissen, da gibt es Experten in meinem Telefonbuch, die ich anrufen kann.“ Das war für die IHK vor einigen Jahren auch ein Grund dafür, die Gründergarage, ein Intensivprogramm inklusive Mentoring, einzuführen. Seit Kurzem unterhält man auch ein Beratungsbüro im neuen Gründerzentrum in Rottweil, dem Gewächshaus. Dass der potenzielle Kooperationspartner – oder auch nur die Kollegen, die ein paar Monate mehr Erfahrung zu einem Thema haben – nur ein paar Türen weiter sitzt, wissen auch die Start-ups in der „farm“, dem Gründungs- und Innovationszentrum in Konstanz, zu schätzen. Auf drei Etagen sitzen aktuell rund 30 Existenzgründende – vom Tech-Start-up, das mal ein Unicorn werden könnte, bis zum Systemischen Coach. „Bei uns laufen zudem alle Anfragen rund ums Gründen in der Region zusammen und wir spielen sie in das hiesige Gründungsnetzwerk, zu dem mittlerweile knapp 20 Partner gehören“, erklärt Christina Groll, die die Farm leitet. Es ist eine thematisch breite Mischung, die sich hier trifft, von Anwendungsmodellen für Künstliche Intel- ligenz über Solarenergiespeicher bis zu New-Work- Ansätzen. Man befruchtet sich gegenseitig. Und leidet gemeinsam – etwa unter dem erforderlichen Papierkram. Mitgründerin von Organifarms, Konstanz Hannah Louise Brown „Trau dich schon früh über deine Idee zu spre- chen und dir Feedback einzuholen. Sei es von Bekannten, Mentoren oder potenziel- len Kunden, die Rückmeldung wird dir hel- fen deine Idee zu schärfen und dein Produkt zu verbessern.“ „Es lohnt sich, Zeit ins Networking zu in- vestieren – also Beziehungen zu anderen Un- ternehmen, Investoren und Branchenexperten aufzubauen. Zum einen kann man viel voneinander lernen, zum anderen können sich daraus wertvolle Unterstützung, Res- sourcen oder Geschäftsmöglichkeiten ergeben.“ Mitgründerin von Wetell, Freiburg Alma Spribille „Der Rat kam von Christian Kroll, dem Gründer und Geschäftsführer von Ecosia, und dem Investor Tim Schumacher, die uns gesagt haben: Hört nicht zu sehr darauf, was an- dere Leute euch raten, sondern folgt euren Werten und versucht es einfach genau so zu machen, wie ihr es richtig findet.“ „Verbringe nicht so viel Zeit mit Herausforderun- gen, die vielleicht in zwölf Monaten anstehen oder eben auch nicht, sondern fokussiere dich auf die jetzt anstehenden Herausforderungen. Sonst denkt man zu viel in der Zukunft und „was-wäre-wenn“, anstatt sich im Jetzt um die wichtigen Dinge zu kümmern.“ Ergebnis des DIHK-Report Unternehmensgründung 2023, der auf 170.000 Kontakten aus dem IHK-Gründungsservice mit angehenden Unternehmern fußt.

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