Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe November'23 - Hochrhein-Bodensee
64 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 11 | 2023 DIE LETZTE SEITE Robotermechaniken aus der Ortenau Gelenkige Gefährten Mechanik für die Industrie 4.0 Industrie 4.0, die intelligente Vernetzung von Maschinen und Abläufen, ist Teil unserer Arbeitswelt. Vom Verpacken bis zum Reinigen: Roboter übernehmen vielerorts schwere oder auch stupide Arbeitsschritte. Aber was nutzt die smarteste Steuerung, was das smarteste Computersystem, wenn es an der ausführenden Mechanik fehlt? Genau das dachte sich auch Hartmut Ilch, seit 2019 Alleingesellschafter der Autonox Robotics GmbH ( www.autonox.com ), die im Willstätter Industriepark auf dem einstigen BASF-Areal sitzt. Seine Un ternehmensstragie: „Wir verkaufen kein bisschen Software. Wir verkaufen kein bisschen Elektronik. Wir verkaufen nur Mechanik. Wie vor 120 Jahren, als sie Eisenbahnen gebaut haben. Und es funktioniert.“ Mitgeschäftsführer ist Klaus Deutscher, der für die betriebswirtschaftlichen Belange von Autonox verantwortlich ist. „Tatsächlich bin ich hier Mäd chen für alles“, sagt der ehemalige Banker augenzwinkernd. Er behält die finanziellen und rechtlichen Aspekte im Blick, während die Ingenieure tüfteln und erfinden. Tüftler aus Leidenschaft Zahlreiche Patente hat Autonox Robotics im Laufe der Zeit angemeldet, insgesamt verkauft das Unterneh- men jährlich 1.200 Stück seiner Robotermechaniken weltweit. Das 66 Mitarbeiter starke Unternehmen ist in den letzten Jahren enorm gewachsen und auch in diesem Jahr wird ein Umsatzwachstum von mehr als 40 Prozent erwartet. Vor etwa drei Jahren wurde zudem in Atlanta, Georgia (USA) gemeinsam mit dem Offenburger Studienfreund Edgar Bechtle die „autonox Robotics LLC“ ge- gründet, um den nordamerikanischen Markt zu erschließen. Dass die beiden Geschäftsführer für das, was sie tun, bren- nen, spürt man: „Wir sind nach wie vor auf Wachstumskurs. Nicht nur, weil wir zum richtigen Zeitpunkt mit dem richtigen Produkt da waren, sondern weil ich hier ein paar Verrückte habe – und da gehöre ich auch dazu –, die einfach absolut mechanikbegeistert sind“, bringt es Hartmut Ilch auf den Punkt. Und er will mehr: „Man kann immer noch eins drauf- setzen, denn besser geht immer.“ Andrea Keller Quer durch alle Branchen im Einsatz Sixpacks mit PET-Flaschen, die auf Paletten in den Lebensmittelhandel kommen, die Käsescheibe, die morgens aus der Verpackung aufs Brötchen wandert oder die Kaffeekapsel für den Frühstückskaffee – die Chancen, dass im Vorfeld der Verkostung irgendwann mal eine Robotermechanik von Autonox Robotics mit im Spiel war, stehen nicht schlecht. Von der Pharma- bis zur Lebensmittelindustrie, von der Kosmetik- bis zur Automobilindustrie: Unternehmen weltweit nutzen die Mechaniken zum Verpacken, Palettieren, Portionieren, für die Logistik, zum Be- und Entladen und auch fürs Prüfen und Messen. Je nachdem wo die Mechaniken zum Einsatz kommen, variieren Material und Beschichtung. „Ein Roboter, der etwa in der Fleischverarbeitung einge- setzt werden soll, muss den schärfsten Reinigungs- mitteln und auch sehr hohen Temperaturen stand- halten können. Der muss entsprechend ausgerüstet sein – bis hin zu den Dichtungen“, erklärt Deutscher. Die neueste Entwicklung des Unternehmens ist der Knickarm „articc.m6-2390-150kg“ (Bild), mit einem Eigengewicht von einer Tonne ein echtes Schwerge- wicht. „Er kann bis zu 150 Kilogramm handhaben, ist mit sechs Freiheitsgraden ausgestattet und arbeitet dank seiner hohen Steifigkeit besonders präzise“ weiß Klaus Deutscher. Verwandlungskünstler Autonox Robotics hat sich auf die Entwicklung und Produktion von Robotermechaniken in Modulbauweise spezialisiert. Knick- oder Ge lenkarmroboter können sich beinahe uneinge schränkt im dreidimensionalen Raum bewegen. Gelenke, welche die Roboterarme miteinander verbinden, machen es möglich. Zwei bis sechs Achsen, die sogenannten Freiheitsgrade, erlauben eine mehr oder weniger große Beweglichkeit. Je nachdem, was der Kunde benötigt, welches Gewicht getragen werden muss oder welchen Weg der Roboterarm zurücklegen soll, entwickeln die Ingenieure die individuelle Ausstattung aus den vorhandenen Modulen: „Wird beispielsweise die vordere Achse 20 Zentimeter länger benötigt, wird dort die Konstruktion verändert und neu berechnet“, erläutert Klaus Deutscher. „Im Anschluss wird das Material, wenn es nicht da ist, bestellt – große Vorräte zu halten, ist wegen der unzähligen Varianten nur begrenzt möglich.“ Ist alles da, wird die komplette Robo- termechanik vor Ort in Willstätt zusammengebaut und es folgt ein zirca zwölfstündiger Testlauf, ehe das Ganze an den Kunden geht – in der Regel sind dies Maschinenbauer, die eine komplette Automation für ihren Endkunden fertigstellen. In unserer Rubrik „Aus dem Südwesten“ stellen wir Produkte vor, die über die Grenzen hinaus bekannt sind, von denen aber wenige wissen, dass sie in der Region hergestellt werden. Diesmal: Steuerungsunabhängige Robotermechaniken der „autonox Robotics GmbH“ in Willstätt. Roboterarme aus Willstätt wie hier der „articc.m6“ fal- ten, schichten und portionieren rund um den Globus.
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