Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Oktober'23 -Schwarzwald-Baar-Heuberg
52 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 10 | 2023 Zielgerade Ausbildungsjahr 2023/2024 Viel hilft viel Seit dem 1. September läuft das neue Ausbildungsjahr. Eine erste Zwischenbilanz der IHKs mit Blick auf die abgeschlossenen Verträge fällt ganz passabel aus. Trotzdem haben viele Unternehmen Stellen offen. Was sie jetzt noch tun können, um die Reihen zu schließen. I HK-Lehrstellenbörse, Praktikumswochen, Boys‘- und Girls‘-Day, Last-Minute-Börse, Tag der beruflichen Orientierung, Ausbildungs- botschafter – Simon Gschwander hat in diesem Jahr ordentlich was ausprobiert. Die ganze breite Palette an Marketingmaßnahmen, die einem auf die Schnelle Kontakte mit der Zielgruppe bescheren können. „Und es war nicht nur ein tolles Erlebnis, sondern auch erfolgreich“, berichtet Gschwander, der seit 2022 im Familienunternehmen, der August Gschwander Transport GmbH in Teningen-Nimburg, tätig ist. Drei Lehrstellen zum Speditionskaufmann und eine zum Berufskraft- fahrer sind ab Herbst vergeben, nur bei zwei weiteren freien Plätzen für Nachwuchsbrummifahrer hat es trotz spannender Gespräche letztlich doch nicht geklappt. Noch nicht, ist Simon Gschwander sicher, denn er will auf diesem – für die Spedition noch eher neuen Weg – weitergehen. Agieren statt reagieren – Dieses Credo hat sich das Unternehmen für die Zukunft auf die Fahnen geschrieben. „Wir sind seit langem Ausbildungsbetrieb und möchten das auch gerne bleiben“, schildert Gschwander die Ausgangslage. „Aber wir stellen einfach fest, dass im kaufmännischen und mehr noch im gewerblichen Bereich die Bewer- bungseingänge dramatisch nachlassen.“ Das liege zum einen an der Demografie, zum anderen aber auch am verkannten Image mancher Berufsbilder wie etwa dem Berufskraftfahrer. „Für manche Jobs ist es schlicht schwer, die New-Work-Konditionen zu ermöglichen, die andere Berufe einfacher bieten können.“ Um mit den hauseigenen Vorteilen wie Betriebsklima, Stabilität, Karrierechancen und Famili- enunternehmen punkten zu können, reicht es nicht mehr, Anzeigen zu schalten und auf Bewerbungseingänge zu warten. Man müsse näher an die jungen Leute ran und erlebbar werden, so die Erkenntnis. Rausgehen, Leute treffen Gesagt, getan. Gschwander führt intensive Gespräche mit der eigenen Personalabteilung, den Ausbildungsexperten der IHK und der Agentur für Arbeit und setzt schließlich die ganze Maschinerie in Gang. „Ich war mir sicher, dass es da draußen junge Leute gibt, die zu uns wollen und die zu uns passen.“ Und er findet spannende Kandidaten zum Beispiel bei den Praktikumswochen und der Last-Minute-Börse. „Die ist ideal, weil man dort die trifft, die noch nicht das gefunden haben, was ihnen zusagt. Oder die, die von anderen Arbeitgebern übersehen wurden,“ stellt Gschwander fest. Den Schwenk von reaktiv auf aktiv will das Teninger Unternehmen bei der Bewerberakquise auch künftig beibehalten, aber eine eher indivi- duelle und direkte Ansprache soll es bleiben. „Wir können und wollen kein breit ausgerolltes Arbeitgebermarketing wie die Industrie lostre- ten.“ Das ist dem 260-Mitarbeiter-Unternehmen zu unpersönlich. Sehr wohl aber macht man sich bereits in einschlägigen Fahrergrup- pen auf Facebook bekannt und will auch andere Socialmediakanäle austesten. Und dafür ganz bewusst Inhousekompetenzen aufbauen: „Personalmarketing und Recruiting werden in den nächsten Jahren eine der wichtigsten Kernkompetenzen sein“, ist Simon Gschwander sicher. „Sowas sollte man nicht Dienstleistern überlassen.“ Passable Zwischenstände Für die Praktikumswochen im Herbst hat die Spedition bereits wie- der Plätze am Start. Eine Kandidatin hat schon Interesse an einem Tagespraktikum als Berufskraftfahrerin signalisiert. „Wir haben das Ausbildungsjahr für uns noch nicht abgeschlossen,“ erklärt Simon Gschwander bestimmt. Damit spricht er auch den Ausbildungsexper- ten der drei IHKs in der Region aus der Seele, die zu Ende August ein erstes Zwischenfazit des Ausbildungsjahres ziehen und Ausbildungs- betriebe ermuntern, auch jetzt noch dranzubleiben. Ein „Es sieht sehr gut aus“ gibt Simon Kaiser, Geschäftsführer Aus- und Weiterbildung bei der IHK Südlicher Oberrhein, für seinen Bezirk durch. Zum Stichtag 31. August sind bei ihm 10,5 Prozent mehr Ver- träge eingegangen als im Vorjahr. „Wenn wir das bis ins Finale retten können, dann wäre die Coronadelle kompensiert.“ Die deutlichste Erholung zeigt sich bei den Hoga-Berufen, aktuell wurden dort 168 Verträge mehr als im Vorjahr geschlossen, ein Plus von knapp 48 Prozent. Erfreulich findet Kaiser auch die Erholung bei den für die Bilder: Adobe Stock/ra2 studio (obenlinks), kornetka(rechts)
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