Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Oktober'23 -Schwarzwald-Baar-Heuberg

8 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 10 | 2023 TITEL Weg genommen. Nun, da das Fachkräfte-Re- cruiting ohnehin aufwendiger wird, lohnt es, sich mit Zielgruppen zu befassen, die vielleicht noch einige betriebliche Umstellungen nötig machen oder für die man möglicherweise noch ein eigenes Angebot und ein ausgefeilteres Onboarding konzipieren muss. Neue Kollegen aus dem Ausland Prominentestes Beispiel dürfte im Moment das Gewinnen von Fachkräften aus dem Ausland sein. Im Juli hatten Bundestag und Bundesrat dazu das Fachkräfteeinwande- rungsgesetz beschlossen (mehr siehe auch WiS 2/2023). „Ich habe zu den neuen Regeln schon einiges an Anfragen erhalten“, berichtet Ramona Shedrach, die das Welcome Center in der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg ver- antwortet. „Die Unternehmen wollen wissen, wann es losgeht.“ Die neuen Regelungen zur sogenannten blauen Karte starten im Novem- ber, der Rest erst ab März 2024. Häufiger dagegen rekrutieren hiesige Hotel- und Gastrobetriebe und auch die Industrie schon Azubis aus dem Nicht-EU- Ausland und erspa- ren sich damit das (noch) aufwendige Anerkennungspro- zedere bei den Fach- kräften. Und doch, so betont Ramona Shedrach, dürfe man das Rekrutieren aus dem Ausland nicht auf die leichte Schul- ter nehmen. „Die Firmen werden die neuen Kollegen bei Behördengängen, Wohnungssu- che und Spracherwerb intensiv unterstützen und zudem die übrige Belegschaft mitnehmen müssen.“ Frauen besser einbinden Ein weitaus größeres Fach- und Führungskräf- tepotenzial ließe sich heben, wenn es für den weiblichen Teil der Erwerbsbevölkerung über- zeugendere Angebote gäbe. Frauen sind heut- zutage ausgesprochen gut ausgebildet – und doch verschwinden sie allzu oft rund um die Familiengründung in (Teilzeit-)Jobs unterhalb ihrer Qualifikation oder sind mangels Kinder- betreuung sogar gezwungen, längere Auszei- ten zu nehmen als ihnen lieb ist. Arbeitgeber können sich hier mit intelligenten Angeboten zur besseren Vereinbarkeit – und ein Betriebs- kindergarten allein ist nicht die Lösung –pro- Chemie und Pharma am Hochrhein e.V., Lörrach Schweizpendler zurückholen Wer am Hochrhein auf deutscher Seite Arbeitgeber ist, sieht sich einem starken Konkurrenten gegenüber: der Schweiz. Der Verein Chemie und Pharma am Hochrhein, ein Zusammenschluss von Arbeitgebern der chemischen und pharmazeutischen Industrie, Landkreisen, Kommunen, Gewerkschaften und Wirtschaftsverbänden wie der IHK, ist aufgebrochen, den Gehaltsvorteilen der Nachbarn etwas Attraktives entgegenzusetzen, um gemeinsam den Fachkräfte- und Azubipool in der Region zu füllen. „Wir wollen weg vom Verlustdenken hin zu ‚Ich hole gute Leute wieder zurück‘“, erklärt Martin Häfele , Geschäftsführer der DSM Nutritional Products GmbH und Vorsitzender des Vereins. Ein gemeinsa- mer Workshop ergab eine facettenreiche Mischung an Möglichkeiten: Von mehr Wissenschafts- und Be- rufsorientierung für die hiesigen Jugendlichen über eine intensivere Betreuung von ausländischen Bewerbern und mehr Teilzeitangeboten für Eltern bis zu Ideen, wie sich in die Schweiz abgewanderte Berufserfahrene am Ende ihrer Laufbahn wieder für Deutschland als Arbeitsort begeistern lassen. „Wir stehen am Anfang unserer Aktivitäten“, betont Häfele, wichtig sei aber jetzt schon die Er- kenntnis und der Wille, gemeinsam für alle etwas bewirken zu wollen. uh Heinrich Kipp Werk, Sulz am Neckar Bereicherung Spitzensportler Die sind ja ständig weg – auf Wettkämpfen oder im Training – und leisten nichts. Über dieses Vorurteil kann Karl Josef Rebmann , Mitglied der Geschäftsführung der Heinrich Kipp Werke in Sulz am Neckar, nur herzlich lachen. Es geht um die Beschäftigung von Spitzensportlern und Rebmann weiß es sowas von bes- ser: „Die jungen Leute sind ungemein motiviert, weil sie wissen, dass sie Sport und Beruf unter einen Hut bringen müssen. Und sie wissen, dass ihre sportliche Laufbahn endlich ist.“ Klar müsse man diesen Mitar- beitern eine gewisse Flexibilität bei den Arbeitszeiten einräumen. „Aber das ist in unseren digitalen Zeiten ja durchaus machbar.“ Im Gegenzug sei die Loyalität groß – während der Sportlerkarriere und auch danach. Vor mehr als zehn Jahren war er vom Olympiastützpunkt Stuttgart angesprochen worden, ob man sich vorstel- len könne… Man konnte und seither hat Rebmann mit über 30 Spitzensportlern „durchgängig nur sehr, sehr gute Erfahrungen gemacht“. Vor zwei Jahren brachte er sein Engagement mit zu den Kipp-Werken. Das Unternehmen beschäftigt unter anderem Judo-Vi- zeweltmeisterin Katharina Menz und den Trampolin-WM- Dritten Tim-Oliver Geßwein, die beim Kippschen Sommerfest gerne auch schon mal ihre Künste demonstrieren, was wiederum große identitätsstiftende Wirkung fürs Team hat. Auch beim Thema Neueinstel- lungen mit 50+ hat Kipp eine recht pragmatische Haltung: „Jemand mit Ende 50 arbeitet oftmals noch knapp zehn Jahre bei uns. Ein Mittzwanziger kann sich nach zwei Jahren schon wieder nach einer neuen Herausforde- rung umsehen“, erklärt Personalreferentin Evelyn Wilhelm . uh Nicht mal jedes vierte Unternehmen plant, gezielt ältere Mitarbeiter einzustellen. Aber 96 Prozent schätzen ihre Erfahrung. Quelle: Wirtschaftsförderung SBH, Umfrage von 2015

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