Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe September'23 -Südlicher Oberrhein

64 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 9 | 2023 DIE LETZTE SEITE Fernsehshows aus der Ortenauer Produktionsschmiede Die Spaßmacher Zugpferd „Verstehen Sie Spaß?“ Mit Paola Felix kam der Stein ins Rollen: Neben Costa Cordalis war die Künstlerin eine der ersten, die Werner Kimmig mit seiner Kimmig Entertainment GmbH in Oberkirch – damals noch in einer angemieteten Dachgeschosswohnung – 1973 unter Vertrag nahm. Paola brachte dann ihren Mann Kurt Felix mit. Werner Kim- mig erinnert sich noch gut daran: „Zu dem Zeitpunkt war die Verulkungsshow Teleboy in der Schweiz schon längst ein sehr erfolgreiches Format.“ Als Pendant dazu wollte Kurt Felix die Sendung ‚Verstehen Sie Spaß?‘ in Deutschland etablieren. Der damals zuständige Sender war zwar für das Format offen, das Drehen der Filme mit versteckter Kamera sollte Kurt Felix jedoch selbst übernehmen. „Und da hat seine Frau Paola gesagt, ‚dann red halt mal mit dem Kimmig, der kann das organisieren‘.“ Organisationstalent „Meine Aufgabe als Produzent ist es, dafür zu sorgen, dass die richtigen Leute am richtigen Tag am richtigen Ort sind“, beschreibt Kimmig kurz und knapp seine Arbeit. Doch tatsächlich sind neben organisatorischem und rechnerischem Geschick auch eine gute Menschenkennt- nis und beste Kontakte ins Event- und Showbusiness nötig sowie die Fähigkeit, bei allem den Überblick zu bewahren. Bei „Verstehen Sie Spaß?“ bedeutete das zunächst, dass Kurt Felix für die Ideen, Regie, Drehbücher und den Schnitt zuständig war. „Und ich habe das Ganze – von den Filmen bis hin zu den Live-Shows – organisiert, durchgerechnet und vorfinanziert“, fasst Werner Kimmig das Entstehen der erfolgreichen Unterhaltungsshow zusammen. Am Beispiel des 1988 entstandenen Films „Kiosk am Matterhorn“, der noch heute hohe Klickzahlen in den sozialen Medien erhält, gibt der Produzent Einblicke in das Procedere: „Zuerst hatte Kurt die Idee, einen Kiosk aufs Matterhorn zu stellen. Wir haben Bergführer organisiert, die auf dem Gipfel das Plateau gebaut haben, wir haben den Kiosk nachts einfliegen und auf- stellen lassen. Unsere Crew musste dafür am Matterhorn übernachten.“ Im Vorfeld gab es ein Preisausschreiben, bei dem man eine Führung mit Rein- hold Messner aufs Matterhorn gewinnen konnte. „Die Gewinnerin haben wir dann für den Film gegen eine erfahrene Bergsteigerin ausgetauscht. Ich hab das Preisauschreiben organisiert, ich hab den Messner eingekauft, hab mit ihm verhandelt“, führt Kimmig weiter aus. Unterhaltung pur Das Kimmig-Universum produziert jährlich rund 50 TV-Sendungen. Im Moment laufen die Planungen für die diesjährige Helene-Fischer-Show und die Bambi-Verleihung – beide wurden zuletzt 2019 ausgestrahlt. Seit Ende der 1980er Jahre ist Kimmig Entertainment auf Unterhaltungssendungen, Musikspecials und große Events spezialisiert. In diesem Jahr feiert das Unternehmen sein 50. Jubiläum, der Chef und Gründer selbst wird 75. Neben sei- ner Ehefrau Ursula Kimmig und Schwiegersohn Stefan Maier ist seit Kurzem auch Stefanie Jasperneite Teil der Geschäftsführung. Extreme Kostenexplosionen vor allem in den Bereichen Technik und Bühnenbau sowie bei den Hallenmieten trüben die Feierlaune etwas: „Der Sender geht bei ‚Verstehen Sie Spaß?‘ davon aus, dass die Kosten im Moment 25 Prozent höher sind als noch vor Corona“, berichtet Kimmig. Doch auch wenn das Unternehmen, das an seinen Standorten Oberkirch und München insgesamt 47 feste Mitarbeiter beschäftigt, noch nicht an sein erfolgreichstes Jahr 2019 anknüpfen kann, so „gibt es doch wieder Licht am Horizont“. Andrea Keller Auf Beobachtungsposten War es zu Beginn noch ein Team aus etwa acht Leuten, das für den Erfolg von „Verstehen Sie Spaß?“ zuständig war, so sind es heute 20 bis 25 Personen – die Stammmannschaft allein des Filmteams wohlgemerkt. Pro Jahr entstehen zwischen 50 und 60 Filme mit versteckter Kamera,„das bedeutet pro Film drei Tage Vorbereitung, zwei Tage Dreh, drei Tage Nachbereitung“, erläutert der Fach- mann. „Und dazu kommt noch die Vor- bereitung der fünf Live-Shows.“ Kimmig blickt auf die Zeit mit Paola und Kurt Felix zurück, als er noch bei jedem Dreh dabei war: „Ich kenne jedes Toilettenhäuschen zwischen Lindau und Westerland“, lacht der Produzent. „Die Toiletten waren immer unser Versteck. Wir haben die Türen ausgetauscht und die Fenster durch Spiegelglas ersetzt. Dadurch konnten wir alles beobachten, ohne dass uns einer gesehen hat.“ Paola und Kurt Felix verlie- ßen 1990 die Show. Weitere Moderatoren folgten, unter anderem Harald Schmidt, Guido Cantz und – seit 2022 – Barbara Schöneberger. In unserer Rubrik „Aus dem Südwesten“ stellen wir Produkte vor, die viele kennen, von denen aber wenige wissen, dass sie in der Region hergestellt werden. Diesmal: Fernseh-Produktionen von Kimmig Entertainment aus Oberkirch Bilder: Kimmig Entertainment GmbH/SWR Werner Kimmig (rechts) und Kurt Felix bei Dreharbeiten 1989.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ2MDE5