Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Juli/August'23 -Südlicher Oberrhein

45 7+8 | 2023 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten THEMEN & TRENDS des Dachser Logistikzentrum Freiburg, der das Micro- hub von Roc-Ket nutzt. Damals sei das Ziel zunächst gewesen im Freiburger PLZ-Gebiet 79098 emissionsfrei auszuliefern. Die Anlieferung zum Hub erfolgte damals noch per Diesel-Lkw. „Das war noch nicht ganz das Gel- be vom Ei“, sagt Gaudlitz. Deswegen wurde nach dem Umzug in das Gewerbegebiet Breisgau im Juli 2019 ein erster E-Lkw mit 7,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht in Betrieb genommen. Inzwischen besteht der elektri- sche Fuhrpark aus noch drei weiteren 16-Tonnern. Der Bau einer PV-Anlage auf dem Hallendach ist geplant, weitere Stromtankstellen bereits in Umsetzung. Lernzprozess durchlaufen Neue, funktionierende Abläufe zu etablieren, sei durch- aus ein Lernprozess gewesen, so Gaudlitz: Weil der erste E-Lkw noch keine so große Reichweite hatte, muss er nachts an der hauseigenen Stromtankstelle geladen werden. Vergisst jemand, den Ladevorgang abends zu beginnen, kann man morgens nicht losfah- ren. „Es gibt immer tausend Gründe, wieso irgendwas nicht funktioniert. Man braucht Leute, die sich für ein Thema begeistern und einfach mal anfangen. Diesen Change im Kopf muss man hinbekommen“, sagt Gaud- litz. Seine Initiative und dadurch gewonnene Erfahrung hilft inzwischen deutschlandweit Dachser-Standorten auf dem Weg zur klimaneutralen Spedition. Die anfänglichen Kinderkrankheiten sind passé, das Lie- fergebiet massiv gewachsen – rund sieben Tonnen und 50 Sendungen werden in die emissionsfreie Zone täglich geliefert. Routine ist eingekehrt: Die E-Trucks werden im Gewerbepark beladen und je nach Gutstruktur und Zielgebiet im City Hub entladen oder stellen die Waren direkt bei den Empfängern zu. Fahrer Rafiullah Faqiri ist hörbar begeistert, Teil der emissionsfreien Lieferkette zu sein. „Mega-angenehm“ sei das Fahren; im Vergleich zum herkömmlichen Diesel-Lkw sehr leise, kein Rütteln des Motors unter dem Fahrersitz oder lästiger Diesel- Gestank, berichtet der 22-jährige Berufskraftfahrer, der seine Ausbildung bei Dachser Freiburg 2021 erfolgreich abgeschlossen hat. Genau das erklärt er auch den vie- len Freiburgern, die ihn regelmäßig auf seinen Touren ansprechen und zu Fahrgefühl und Reichweite befragen. Die Partnerschaft mit einem Fahrradspediteur ist für Gaudlitz naheliegend: „Bei Emissionsminderung geht es ja nicht nur um CO 2 , sondern auch um Feinstaub, Reifenabrieb und Lärm. Das Fahrrad ist da eine gute Alternative. Mit so kleinen Gefährten kann man in der Innenstadt besser rangieren als mit einem großen Lkw. Und wir können in die Fußgängerzone fahren, ohne Sorge zu haben, dass wir Menschen gefährden.“ Die letzte Meile outsourcen Mit diesen Argumenten will auch David Hansen über- zeugen. Er tourt mit der „Lastenrad B2B Roadshow“ (Termine: https://lastenradb2b.de/roadshow) durch Südbaden. Unternehmen können hier zum einen eine große Auswahl von Lastenrädern ausprobieren, sowie im Anschluss kostenlos für bis zu vier Wochen im be- trieblichen Alltag testen. Wie dynamisch sich das Thema „letzte Meile“ entwickelt, zeigt das Beispiel der Konstanzer Südkurier CityLogis- tik. Das Unternehmen ist ein Corporate Start-up des gleichnamigen Medienhauses, das seine Geschäftsfelder diversifiziert. „Wir bieten einen kostengünstigen und schnellen Lieferservice für viele kleine Unternehmen, die diese Leistung zusätzlich offerieren, aber nicht selbst organisieren wollen“, sagt Lukas Bauer, Marketing-Chef von CityLogistik. Er vergleicht die Dienstleistung mit der „Lieferung am gleichen Tag“ von Amazon – nur schneller, emissionsfrei und mit regionalen Produkten aus Läden aus der Innenstadt. Um auch über den Bezirk hinaus emissionsfrei liefern zu können, hat CityLogistik den Lastenrad-Fuhrpark um ein E-Auto erweitert. Inzwi- schen operiert das Unternehmen neben Konstanz auch in Allensbach und Reichenau, Villingen- Schwenningen, Singen, Überlingen sowie Radolfzell. Über 50 Radler beschäftigt das Start-up. Ein bunter Strauß an Dienstleistungen ist hinzugekommen: Zei- tungszustellungen, Paketlieferungen für GLS und für zahlreiche Institutionen wie etwa das Finanzamt über- nehmen die Lastenradkuriere die Postfachleerung. Eine lokale Konstanzer Kaffeerösterei lässt inzwischen nicht mehr nur ihre Produkte an Kunden ausliefern, sondern zwei- bis dreimal die Woche 150 Kilo frisch gerösteten Kaffee von der Produktion in die Filialen liefern. „Die Beweggründe sind ganz unterschiedlich: Für einige steht der Effizienzgedanke im Vordergrund. „Mit dem Auto in die Innenstadt zu fahren, macht keinen Spaß. Mit Stau und Parkplatzsuche verbraucht man jede Menge Zeit. Viele schätzen das Angebot, das gegen einen kleinen Betrag outsourcen zu können“, sagt Bauer. Anderen Kun- den sei Nachhaltigkeit enorm wichtig. Das bestätigt auch Michael Gaudlitz von Dachser: „Emissionsfreie Lieferung wird von immer mehr Kunden aktiv nachgefragt.“ Die nächsten E-Trucks sind schon bestellt. Daniela Becker »Wir sind Radspediteure« Thomas Ketterer Geschäftsführer Roc-Ket Cargo Bikes Freiburg Links: Mit elektrischen Streetscootern fährt Roc-Ket emissionsfrei unter anderem für Pfizer. Rechts: Gestartet als Lieferservice in der Kon- stanzer Innenstadt, ist Südkurier CityLogistik inzwischen in zahlrei- chen weiteren Städten der Region unterwegs.

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