Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Mai'23 -Schwarzwald-Baar-Heuberg
46 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 5 | 2023 THEMEN & TRENDS Adensio GmbH aus Freiburg Mitbestimmen und Spaß haben N ach dem Mitarbeiterzuwachs befragt, seufzt Jörg Rietsch halb scherzhaft: „Ursprünglich wollte ich mal ein ganz kleines Un- ternehmen führen.“ Doch der Erfolg macht dem Chef der Adensio GmbH aus Freiburg einen Strich durch die Rechnung – und beschert ihm eine Jobmotor-Auszeichnung für den größten Personalzuwachs in der Kategorie „1-19 Arbeitsplätze“: Binnen eines Jahres hat er seine Belegschaft mehr als verdoppelt auf inzwischen zwölf Mitar- beiterinnen und Mitarbeiter. Vor zehn Jahren gründete Jörg Rietsch die Adensio, deren Fokus auf Beratung, Schulung und Software rund um die Steuerung komplexer Projektlandschaften und Investitionen liegt. 2019 fiel die Entschei- dung, eine eigene Softwarelösung für das Strategische Portfolio- Management zu entwickeln und voll funktionsfähig 2021 auf den Markt zu bringen. „Zudem wagen wir die ersten kleinen Schritte in die USA“, erklärt Rietsch. 2021 wurde eine Niederlassung im Groß- raum München gegründet, ein weiterer Standort in der Schweiz ist geplant. All diese Vorhaben brauchen Fachpersonal. Bei der Suche setzt Rietsch auf sein Netzwerk: „Ich habe schon immer sehr eng mit der IHK, den Berufsschulen und der Dualen Hochschule in Lörrach zusammengearbeitet.“ Bis heute engagiert er sich im Prüfungsausschuss für die IT- Ausbildungsberufe. Daneben gibt der Unternehmer über die Haufe Akademie zahlreiche Semi- nare. Auch aus diesem Kreis sprächen ihn immer wieder Kandida- ten an. Der größte Trumpf aber, auch um gegen die finanzkräftige Konkurrenz aus der nahen Schweiz zu bestehen: die Möglichkeit für die Mitarbeitenden mitzugestalten.Jedes Jahr gibt es Strategie- tage, an denen das Team die weitere Entwicklung des Unternehmens plant - und nebenher Zeit bleibt für gemeinsame Freizeit wie Skifahren und Wandern. Eigene Ideen zu verfolgen, wird vom Chef unterstützt. Wie etwa die der Mitar- beiterin, die aus ihrem Interesse für Achtsam- keitsthemen ein eigenes Beratungsmodul kreiert hat – heute ein wichtiges Angebot bei Adensio. Vom Engagement seiner Mitarbeitenden schwärmt Rietsch in höchs- ten Tönen, auch über die oft gescholtene jüngere Generation: „Die zeigen unfassbar viel Einsatz. Die Arbeit macht denen Spaß.“ Seit neuestem testet Rietsch ein Format, dass er „Work & Hobby“ nennt. Die Mitarbeitenden dürfen im Ausland eine selbstgesetzte Aufgabe bearbeiten und in der Freizeit ihrem Hobby nachgehen. Der Chef hat es selbst getestet: Gerade hat Jörg Rietsch so die Arbeit an einem Fachbuch beendet. db Jörg Rietsch, Geschäftsführer von Adensio FSM AG aus Kirchzarten Selbstorganisierte Teams kommen an B ei uns gibt es keine ‚Karriereleiter‘, sondern ein Karrierekletterge- rüst“, sagt Markus Herbstritt, Vorstandsmitglied der FSM AG in Kirchzarten. „Gerade in Zeiten des Fachkräf- temangels werden auch Quereinsteiger- und -kletterer immer wichtiger.“ Die Unterneh- mensstruktur des Elektronikherstellers ist eine besondere. „Wir sind selbstorganisiert. Das heißt, wir haben keine Chefs, keine Teamleiter, keine Hierarchien“, erläutert Ra- mona Rudiger aus dem Personalteam von FSM. Bereits bei Gründung des Unternehmens 1989 war das erklärte Ziel, in flachen Hie- rarchien zu arbeiten. FSM ist jedoch schnell gewachsen – von einst drei auf in der Zwi- schenzeit 140 Mitarbeiter. So wurde 2019 die Firmenstruktur neu durchdacht und überarbeitet. Herausgekom- men ist eine Organisationsform, die nicht der klassischen Pyramide entspricht: „Unser Organigramm ist rund - es gibt kein oben und unten. Es gibt nur innen und außen“, erläutert Herbstritt. Außen sind die interdisziplinären Teams, die direkt am Markt arbeiten und wie kleine Mini-Unternehmen agieren - auch Peripherie genannt. Hier arbeiten Kollegen aus den unterschied- lichsten Bereichen von Entwicklung bis Produktion zusammen. Das macht eine direktere und schnellere Kommunikation untereinander möglich. Innen befinden sich die sogenann- ten Zentrums-Teams, die die Peripherie mit ihren Produkten und Leistungen unterstüt- zen. Beispielsweise Elektronikfertigung, IT, Marketing, Personal. „Jeder hat bei uns sein eigenes Könnertum, jeder kann in seinem Bereich die Führung übernehmen – ganz den persönlichen Qualitäten entsprechend“, führt Markus Herbstritt weiter aus. Formal hat die Aktiengesellschaft drei Füh- rungskräfte, die den Vorstand bilden – Kon- rad Molz, Benjamin Schlegel und Markus Herbstritt. Alle drei arbeiten fest in den Teams mit: „Im Prinzip sind wir wie Schieds- richter beim DFB, wir achten auf die Einhal- tung unserer Unternehmenswerte, dass der Raum für das selbstorganisierte Arbeiten of- fen bleibt und dass alles gesetzeskonform ist. Wir sind Ansprechpartner, wenn rechtliche Themen aufkommen, und bilden natürlich die Schnittstelle zum Aufsichtsrat. Sobald wir aber intern agieren, sind wir alle gleich.“ – Für dieses ungewöhnliche Konzept gab es einen Jobmotor in der Kategorie „20-199 Arbeitsplätze“. ak „ FSM-Personalerin Ramona Rudiger und Vorstand Markus Herbstritt
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ2MDE5