Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe März'23 -Schwarzwald-Baar-Heuberg

12 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 3 | 2023 LEUTE KOPF DES MONATS Vordenker in Sachen Holz Bruno Kaiser | Träger der Wirtschaftsmedaille BW, ehemals Holzbau Bruno Kaiser GmbH BERNAU. Wer mit Bruno Kaiser durch die Fertigungshallen in Bernau geht, könnte meinen, der 71-Jährige hätte den Betrieb nie verlassen. Hier ein Hallo, da ein Händeschütteln oder ein freund- schaftliches Schulterklopfen. Fünf Jahre ist es her, dass der Firmen- gründer und Namensgeber aus der Holzbau Bruno Kaiser GmbH ausgeschieden ist, heute fungiert er noch als Berater für das 1986 von ihm aus der Taufe gehobenen Unternehmen. Man spürt sofort: Ein Großteil der Belegschaft kennt und schätzt ihn noch aus seiner aktiven Zeit als Geschäftsführer. In den vier Dekaden hat Kaiser auch richtig was auf die Beine gestellt: Aus dem Ein-Mann-Betrieb wurde ein mehrfach ausgezeichneter Branchenführer mit 130 Be- schäftigten, der das Thema Holzbau in eine bis dahin betonverliebte Welt hinaustrug und dort etablierte. „Der Schritt in die Selbstständigkeit war für mich damals wie eine Wundertüte“, blickt Bruno Kaiser zurück. 18 Jahre lang hatte er zuvor als Geselle und Vorarbeiter auf dem Bau gearbeitet, rund um seinen Heimatort im höchstgelegenen „und schönsten“ Schwarzwaldtal, so Kaiser. Nach dem Besuch der Meisterschule in Rottweil 1985 wollte er in eben dieser Funktion auch tätig sein. Aber es gab keine Stellen. „Ich war völlig mittellos, hatte Familie und gerade neu gebaut.“ Und dann ins kalte Wasser springen? Er hat es getan. Was ihm half, die schwierige Anfangszeit durchzuhalten, war zum einen sein Interesse für traditionelle Handwerksberufe – schon als Schüler hatte er im Sägewerk seines Vaters die Ohren gespitzt, wenn die Meister aus dem Nähkästchen plauderten. „Damals hatten wir für sowas noch Zeit“, stellt Kaiser fest. Und zum anderen kehrte der gelernte Zimmermann vom Betonbau zu seiner Jugendliebe, dem Baustoff Holz, zurück. Gebäude komplett aus nachwachsenden Rohstoffen zu bauen, damit betrat er damals Neuland. Ein Risiko, das sich auszahlte. Erst hatte Kaiser einen, dann fünf Angestellte und „Aufträge ohne Ende“. Insbe- sondere die im Schwarzwald traditionelle Ständerbohlenbauweise, die das Unternehmen reanimierte, kam an. Mit dem Zollstock deutet Bruno Kaiser auf die Luftbilder vom Be- triebsgelände, die in einem Büro an der Wand hängen. Die erste Halle wurde bis 2001 viermal erweitert. „Damals dachte ich: 45 Mitarbeiter, das müsste jetzt reichen.“ Im Nachhinein eine Fehleinschätzung, denn in den Jahren danach ging es erst richtig los. Das Unternehmen platzte aus allen Nähten. Wieder musste eine neue Fertigungshalle her, und neben Ein- und Mehrfamilienhäusern wagte sich das Unternehmen 2012 mit der Planung und dem Bau von mehrgeschossigen Wohn- und Gewer- bebauten auf ungewohntes Terrain. „Die Steinzeit ist vorbei – ab jetzt bauen wir in Holz.“ Diesen Satz präg- te er Anfang des neuen Jahrtausends zum 15-jährigen Firmenjubiläum, ließ ihn augenzwinkernd auf ein großes Schild drucken. Darüber muss Bruno Kaiser heute noch lachen: „Jesses! Die Maurerinnung fühlte sich ganz schön auf den Schlips getreten.“ Der Erfolg aber gab ihm Recht. Wenn damals gerade mal fünf Prozent der Neubauten aus Holz bestanden, sind es heute 30 Prozent. Der Baustoff ist gesund, nachwachsend und er bindet langfristig Kohlendioxyd. „Das war für mich ein Mordsantrieb, diese Vorteile zu nutzen“, so Kaiser. Wer auf der Unternehmenswebseite die Referenzen durchstöbert, findet dort beeindruckende Projekte wie den „Buggi 52“ in Freiburg – das erste FSC-zertifizierte Holzgebäude Deutschlands, mit 30 Wohn- einheiten und einer Kita, das mit seinen acht Geschossen knapp an der Hochhausgrenze kratzt. Sogar für Fahrstuhl und Treppenhäuser haben die Architekten und Ingenieure auf Beton verzichtet. Dem Wirtschaftsministerium in Stuttgart ist die Lebensleistung von Bruno Kaiser nicht verborgen geblieben – die als Unternehmer und Botschafter für den Baustoff Holz ebensowenig, wie die als lang- jähriger Ehrenamtler etwa als Innungsmeister und Gemeinderat. Im Dezember überreichte ihm Ministerin Nicole Hoffmeister-Kraut die Wirtschaftsmedaille des Landes Baden-Württemberg. „Das war schon eine tolle Veranstaltung“, sagt Kaiser nicht ohne Stolz. Der jungen Generation wünscht er mehr Selbstvertrauen, in die Selbstständigkeit zu gehen. „Wir brauchen wieder Leute, die Mut zeigen“, weiß Kaiser. Gerade im Handwerk sei es schwierig, junge Leute zu gewinnen. Dabei sei eine Ausbildung das beste Sprungbrett sich weiterzuentwickeln. Kaiser selbst war in der Jugend aktiver Skirennläufer, Slalom und Riesenslalom seine Disziplinen. „Ich war durchaus talentiert“, er- innert er sich. Dieses Talent zu nutzen und zu fördern, dafür fehlte damals aber das Geld. Geschadet hat es nicht: Wer im Büro die Er- innerungsbilder von der Belegschaft, mit ihm und seiner Frau An- nemarie betrachtet, wer ihn beim Gang durch den Betrieb erlebt, ahnt es nicht nur: Da ist einer auf dem genau richtigen Lebensweg unterwegs. bb »Holz hat so unendlich viele Vorteile. Das war ein Mordsantrieb für mich« KOPF des Monats Bild: Benedikt Brüne

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