Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Februar'23 -Schwarzwald-Baar-Heuberg

56 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 2 | 2023 Praxiswissen Urteil zum Urlaubsrecht Urlaubsansprüche verjähren nicht automatisch D ass Arbeitgeber ihre Beschäftigten über ihren Urlaubsanspruch informieren und sie anhalten müssen, ihren Resturlaub zu neh- men, ist an sich nicht neu. Dazu sind Unternehmen bereits seit einem Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts aus 2019 ver- pflichtet. Und der Europäische Gerichtshof nahm die Unternehmen im Herbst 2022 noch weiter in die Pflicht, indem er urteilte, dass Arbeitgeber aktiv auf eine mögliche anstehende Verjährung der Urlaubstage hinweisen müssen. Tun sie das nicht, setzt die Ver- jährung nicht ein und der Anspruch auf bezahlte Freizeit bleibt bestehen (EuGH Az. C-120/21). Ende Dezember nun hat das Bun- desarbeitsgericht die Vorgaben des EuGH in zwei Fällen rund um die Verjährung von Urlaubsansprüchen umgesetzt. In dem einen Fall ging es um 101 nicht genommene Tage wegen hoher Arbeitsbelastung, im anderen konnte wegen langer Krankheit nur ein Teil des Jahresurlaubs genommen werden (Az. 9 AZR 266/20 und 9 AZR 245/19). Die höchsten deutschen Arbeitsrichter stellten dazu fest: „Die re- gelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (beziehungsweise 15 Monaten bei langer Krankheit. Anmerkung der Redaktion ) beginnt bei einer richtlinienkonformen Auslegung des § 199 Abs. 1 BGB nicht zwangsläufig mit Ende des Urlaubsjahres, sondern erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen be- lehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.“ Urlaub kann damit grundsätzlich nur noch verfallen, wenn das Unternehmen seine Mitarbeiter zeitig und umfassend informiert, Urlaub ermöglicht – und der Mitarbeiter trotzdem nicht in die Pötte kommt. uh E in Regal, zehn Boxen, zahlreiche Inspirationen für neue Ange- bote: Um den Erfindergeist ihrer Mitarbeitenden zu fördern, hat die Stockacher „ETO GRUPPE TECHNOLOGIES GmbH“ 2020 den vierstufigen Innovationsprozess „ETO Inno Funnel“ ins Leben ge- rufen. Seit 2021 findet dieser jährlich an allen zehn internationalen Standortorten parallel statt. Ausgangspunkt sind an prominenter Stelle platzierte Regale in jedem Werk, in de- nen sich mehrere Startboxen befinden. Sie sind gefüllt mit Informationen zum Ablauf sowie zahlreichen Praxistipps und Inspirati- onen für das methodische Vorgehen. Dieses Wissenspaket soll den Teilnehmenden helfen, ihre außergewöhnlichen sowie meist noch in frühem Stadium befindlichen Geschäftsideen weiterzuentwickeln und den Eto Inno Funnel erfolgreich zu meistern. „Mitmachen können alle, die sich zum Start- termin eine Box aus dem Regal nehmen. Wir wollen die Hürden zu Beginn möglichst niedrig halten, daher braucht es weder die Erlaubnis des Vorgesetzten noch eine andere Genehmigung. Bis zum Kick-off-Pitch können Ideen auch erstmal im ‚stillen Kämmerlein‘ weitergedacht werden“, sagt Benjamin Bönisch, Eto-Bereichsleiter Strategie und Unternehmensentwicklung. Viele Ideen stammen aus dem privaten Umfeld und erschließen Eto ganz neue Ausrichtungen und Branchen. Als Beispiel nennt er einen Teilnehmer, der mit den handelsüblichen Ventilen seines Aquariums unzufrieden war und innerhalb des Eto Inno Funnels ein Ventil entwickelt hat, das den Marktbedürfnissen entspricht. Eine Win-win-Situation für Bönisch: „Wir bekommen Marktoptionen aufgezeigt, während sich die Mitar- beitenden fachlich und persönlich weiterentwickeln. Daneben hat der Eto Inno Funnel Veränderungen angestoßen, die man bei Eto gerne wachsen lässt. Denn Offenheit für Einflüsse von außen sowie die Bereitschaft zur Kooperation sind entscheidende Differenzie- rungsmerkmale im Wettbewerb um die besten Lösungen zur Transformation.“ Der Eto Inno Funnel ist wie ein Trichter (eng- lisch funnel) aufgebaut. Wie weit ein Projekt darin kommt, entscheiden unterschiedlich besetzte Jurys am Ende jeder Runde. Ab- hängig von der jeweiligen Phase werden die Mitarbeiter oder Teams oft etliche Tage für die Projektarbeit freigestellt. Zudem erhalten sie finanzielle Mittel, die sie frei verwenden dürfen. Die Spanne reicht von 1.000 Euro in Phase 1 bis zu 40.000 Euro in Phase 4. Ein Mentor unterstützt die Teilnehmer bei Bedarf. Während es in Phase 1 („Idea Visability“) um die Idee und deren Nutzen geht, rückt deren Marktpotenzial in Phase 2 („Market Attrac- tivity“) in den Fokus. Für Phase 3 („Solution Feasiblity“) wird ein Prototyp entwickelt, um die Machbarkeit unter möglichst realistischen Bedingungen zu prüfen und nachzuweisen. In der abschließenden Phase 4 („Business Confidence“) entschei- den die Eto-Geschäftsführung und -Leitungsebene darüber, ob das Projekt innerhalb der Eto Gruppe umgesetzt wird und Investitionen für Produktionsanlagen getätigt werden. ks Frisch gedacht: Der Eto Inno Funnel Geschäftsideen aus der Box Der Blick über den Tellerrand inspiriert oft zu neuen Ideen. Genau hier setzt unser Format „Frisch gedacht“ an. Wir stellen Firmen aus der Region vor, die Themen aus dem Betriebsalltag mal anders angehen – von Recruiting bis Marketing, von Produktion bis Bezahlung. Zum Staunen und Nachmachen. Diesmal: der Eto Inno Funnel der Stockacher Eto Gruppe.

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